ZOMBIE INC.. Chris Dougherty

ZOMBIE INC. - Chris Dougherty


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aber er hatte sich von ihr abgewandt. Er war in sich selbst zusammengesunken und suchte die Winkel der Garage ab.

       «Was ist das?», fragte sie.

       «Was ist was? Das Lied? Oh, es ist nur … ein altes Weihnachtslied. Die Kids habe es immer gesungen. ‹Robin legt ein Ei; Batmobil kann nicht viel?› Du hast es noch nie gehört?»

       «Vor meiner Zeit», sagte Dill. Alte Menschen liebten ihr Feiertagsgerede. Brächte man zwei von ihnen zusammen, würden sie ewig weiter und weiter reden, über Weihnachten, Ostern, Allerheiligen, oder wie auch immer man das genannt hatte. Dill kam es so vor, als hätte es sich immer nur ums Essen gedreht. Sie steuerte ihren zugewiesenen Parkplatz an. Zwei andere Gutachterautos parkten in der Nähe. Eine Handvoll Wranglertrucks standen weiter weg. Nirgendwo war ein Cleanerkombi zu sehen. Wahrscheinlich wurden sie in einem anderen Teil der Garage aufbewahrt, oder vielleicht hinten, wo die Tests abgehalten wurden.

       «Wir gehen zuerst zu ‹Forschung und Entwicklung›, und dann essen wir was, wenn dir das recht ist?», fragte Carl beim Aussteigen. Er ließ seinen Blick durch die Garage streifen. Seine Hand lag auf der Pistole an seiner Hüfte.

       Dill stieg aus und sah sich ebenfalls um. Sie hockte sich sogar hin, um die Fläche unter den nebenstehenden Autos zu überprüfen. Vorsicht war besser als Nachsicht. Carl war vorausgegangen, ohne ihre Antwort abzuwarten. Es war nicht nötig; sie war die Praktikantin und sie würde seinem Beispiel folgen.

       Sie nahmen die Treppe auf der Vorderseite des Gebäudes, nahe des Empfangs. Es gab keine Alternative; Aufzüge wurden als Energieverschwender betrachtet. Niemand verschwendete noch irgendwas. Das war einer der Gründe, warum das Feiertagsgerede einen so verärgerte. Ein ganzer, sich um Maßlosigkeit drehender Feiertag? Ein weiterer, der geheiligtes Betteln um Süßigkeiten beinhaltete? Hatte es früher irgendetwas gegeben, das kein Übermaß verlangt hatte?

      ***

      Der dritte Stock beherbergte F&E, ZIs Forschungs- und Entwicklungsteams. Ein Irisscanner gewährte Carl und Dill Zugang zu einer Art Wartebereich, wo eine leise Stimme Carls Ankunft anmeldete. Sein geflüsterter Name hallte einen unscheinbaren Flur entlang. Dill stand gleichgültig da, aber Carl verursachte die Stimme – wie sie es immer tat – Unbehagen. Sie war ätherisch und geisterhaft. Jedes Mal stellte er sich flüchtig vor, er sei gestorben und stünde nun in einer Art Jenseits-Abfertigungshalle.

       «Hey, Carl! Was gibt’s?» Aarons Stimme, angenehm und tief und immer an der Schwelle eines Lachens, ließ die Jenseitsfantasie zerplatzen.

       Carl zögerte; er wartete auf die Anweisungen aus dem Off.

       «Bitte sprechen Sie natürlich. Ihre Antworten werden vom Ze-Listen/Speak-System aufgezeichnet und weitergeleitet», betete die Maschine leise herunter.

       «Ach, halt den Mund, Matilda!» Aarons Stimme krächzte und hallte von den kahlen Wänden wieder. «Was ist los, Carl? Beunruhigt dich etwas?»

       «Ja, Aaron, ich wollte dir von einem Problem mit einem Halsband heute Morgen erzählen. Kommst du raus?»

       Es gab ein kurzes Brummen. Dann erklang Aarons Stimme wieder. «Ich kann jetzt gerade nicht rauskommen, Kumpel. Wir sind mittendrin. Wie lautet das Aktenzeichen?»

       «Atlanta 1280», sagte Carl. Ein seltsamer Zwang ließ ihn immer zu den Deckenplatten hin sprechen, wenn er bei F&E war. Vielleicht lag es an den kleinen Löchern dort, aber was der Grund auch war, er kam sich immer wie ein Blödmann vor, sobald er merkte, dass er es tat. Jetzt suchte Dill die Decke verunsichert ab. Verwirrung trübte ihre Züge, während sie herauszufinden versuchte, was er fixierte. Carl senkte sein Kinn und verschränkte die Hände hinter seinem Rücken. «Es war ein neues Halsband. Blaues Schild. Die Wrangler haben es wahrscheinlich schon hergebracht.»

       Brummen. «Was war der Fehler?»

       «Nur halb explodiert. Der Zombie hat seinen Kopf behalten, obwohl er den gesicherten Quadranten verließ», sagte Carl. Dill war seiner Blickrichtung wieder gefolgt und suchte jetzt den Boden ab. Carl hob den Kopf mit einem Ruck und suchte sich einen Fokus in mittlerer Entfernung. Ze-Listen/Speak war eine irritierende Nervensäge.

       Lange Pause. Brummen. «Waren die Laser in Ordnung?»

       «Ja. Da waren noch drei andere Gartenzombies, die nirgendwo hingegangen sind.»

       Längere Pause. Brummen. «Ich werd's mir ansehen. Halb explodierende Ladungen an den Halsbändern können wir nicht gebrauchen, nicht wahr?» Eine weitere Pause und ein weiteres Brummen. «Wirst du an Tag Achtzehn dabei sein?»

       «Klar, klar. Und bereit, dir den Hintern zu versohlen», sagte Carl.

       Dieses Mal wurde das Brummen von knisterndem Lachen unterbrochen. «In deinen Träumen, alter Mann. Ende.»

       Carl lächelte. «Ende und aus.»

       Während er Dill zurück ins Treppenhaus führte, sah er auf seine Uhr. «Okay. Zeit, was zu essen.»

       «Was passiert an Tag Achtzehn?», fragte Dill. Sie wirkte zurückhaltend, als ob sie glaubte, nachzufragen brächte sie in Schwierigkeiten. Ihre Stimme war gedämpft, ganz so als hielte sie Tag Achtzehn für eine Art Code.

       «Bowling», sagte Carl und lachte beinahe über die Enttäuschung, die ihr sich schnell senkender Kopf signalisierte. «Wir bowlen an allen Achten, Achtzehnten und Achtundzwanzigsten.»

       «Hm, ja», sagte Dill. «Das ist toll.»

       «Du bowlst wohl nicht, nehme ich an?», fragte Carl. Er öffnete die Tür zum Erdgeschoss. In diesem Stockwerk waren der Empfang und der Verkauf – die attraktivste Abteilung – und dann noch die Kantine.

       «Bowlen? Nein», sagte Dill. «Das ist irgendwie, na ja … älter. Etwas, das Ältere so tun.»

       «Okay. Wie vergnügt ihr euch denn? Du und deine Generation?»

       Sie betraten die Kantine und gingen zur Rückseite durch, wo ein langer, büffetartiger Aufbau stand. Sandwiches. Carl seufzte. Warmes Essen war besser, aber das war auf jeden dritten oder vierten Tag limitiert.

       «Vergnügen?», fragte Dill. Sie nahm ein Tablett vom Stapel und schnappte sich das nächstliegende Sandwich, ohne es anzusehen. Carl, der das Angebot nach seinem Lieblingssandwich durchsucht hatte, verstand dieses Level von … mangelnder Anspruchslosigkeit nicht. Er stellte eine Schüssel Hummus und eine Tüte Pitachips auf sein Tablett. Dill nicht. Hatte sie keinen Hunger?

       «Ja, du weißt schon, während deiner überreichlichen Freizeit. Die ganzen vier oder fünf Stunden, bevor du in die Federn kriechst.» Carl achtete darauf, ob Dill sich ein Dessert nehmen würde. Sie tat es nicht, griff aber nach einem Obstsaft, den sie lange betrachtete und dann wieder in die Kühlvorrichtung zurückstellte.

       Sie richtete ihren verdutzen Blick auf Carl. «Sie meinen, nach der Arbeit? Was ich da mache?»

       Carl nickte. Etwas in ihrem Ausdruck, ungeschützt und traurig, in Verbindung mit der Wiederkehr des wahrscheinlich zu teuren Getränks ließ sie ihm leidtun.Nein, dachte er. Lass dich da nicht reinziehen. In der heutigen Welt heißt es jeder gegen jeden. Jedem das Seine oder Ihre.

       Er wandte sich ab und schob sein Tablett zur Kassiererin. «Hey, Dee.»

       «Hey, Carl.» Die Lunch-Lady war älter, mindestens um die siebzig. Der Gedanke, dass sie bestimmt Mitte fünfzig gewesen sein musste, als die Seuche ausgebrochen war, bestürzte ihn. Hatte sie gekämpft? Hatte sie eine Familie gehabt, die sie zu schützen versucht hatte? Hatte es jemand von denen mit ihr zusammen geschafft? War sie ganz alleine?

       «Geht es Ihnen heute gut?», fragte Carl.

       Dee nickte. «Aber ja, sehr gut. Was ist mit Ihnen, mein Lieber?» Sie saß auf einem Hocker, und sie trug eine altmodische weiße Schürze, die sie von der Brust bis zur Mitte ihres Schienbeins bedeckte und um ihre Taille herum gebunden war. Carl hielt sein Handgelenk unter den Laser neben der altertümlichen Registrierkasse. Der Laser piepte, aber die Kasse blieb stumm, unbenutzt. Weder sie noch Dee waren ein Teil des Vorgangs; die Menschen mochten einfach nur das Aufrechterhalten der alten Sitten. Der Chip zeichnete Lohn und Ausgaben auf. Physikalisches Geld hatte nach der Seuche jegliche Bedeutung verloren. Mittlerweile war alles elektronisch.

      


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