ZOMBIE INC.. Chris Dougherty
sich den herabsinkenden Toren gegenüber positioniert.
«Keine Lücke, keine Lücke», sagte Sporty in einem Beinahesingsang. «Bisher sind wir sauber. Das Tor ist beinahe unten. Fast geschafft.»
Carl und Dill verließen die Verkaufsabteilung und das Tor rollte sich hinter ihnen nach unten. Dill sah im letzten Moment zurück. Die roten Lichter blitzen von der Decke, rotierten Übelkeit erregend. Die lässigen, coolen Mitglieder des Verkaufs hatten sich in den vier Sekunden, seit der Alarm begonnen hatte, komplett verändert – sie waren zu scharfsichtigen, ernsten, waffenschwingenden Soldaten geworden. Candy nickte Dill kurz und ernst zu und verschwand dann, als ein zweites Tor – diesmal ein massives – in den Boden zwischen ihnen sank.
«Was ist los?», fragte Dill. Sie musste schreien, um über den Alarm hinweg gehört zu werden.
Carl hatte sie in einen Trab Richtung Kantine gezogen.
«Vielleicht nichts; vielleicht nur eine Übung», sagte er. Er sah zu seiner Hand auf Dills Arm, blinzelte und ließ sie los. «Tut mir leid. Gewohnheit.»
Sie liefen am Empfang vorbei, wo drei attraktive Mädchen in militärischer Haltung standen, Rücken an Rücken und jede Richtung absichernd.
«Ist das eine Übung?», rief Carl, während er und Dill vorbei eilten.
Das Mädchen, das zu ihnen gewandt stand, ließ ihren Blick zu Carl und wieder fort schnellen. «Wir wissen es nicht», sagte sie. Ihre Stimme war mit kontrollierter Angst durchwoben. «Wenn es eine ist, hat man es uns nicht gesagt.»
Carl nahm das nickend zur Kenntnis. Er zog das Tempo an und holte im Laufen seine Waffe aus dem Holster. Dills Magen verknotete sich. Warum hatte sie keine Knarre? Oder wenigstens ein Messer. Sie brauchte ein Messer. Mit einem Mal vermisste sie Carls Hand auf ihrem Arm. Sie hatte festen Trost gespendet, ungeachtet der unangemessenen Berührung.
«Was ist los?», fragte Dill. «Was hat den Alarm ausgelöst?» Nachts war das nie passiert. Sie hatte niemals auch nur davon gehört. Als sie den einen großen Eingang zur Kantine erreichten, hielt Carl an. Er streckte seinen Arm aus, um sie auch zu stoppen. «Carl? Was passiert hier?»
Sein Blick überprüfte die Kantine. Jeder, der beim Essen gewesen war, stand mit dem Blick zum Eingang, sogar Dee. Der untere Rand ihrer Schürze bebte.
«Irgendwas?», rief er in den Raum hinein. Köpfe wurden geschüttelt, aber niemand entspannte sich. Carl drehte sich mit einem finsteren Blick zum Flur, der zu den Treppen führte.
«Carl?», fragte Dill und konnte die Panik nicht aus ihrer Stimme verbannen. Ihr Magen schien sich um sich selbst zu drehen wie eine sich windende Schlange. «Bitte.» Sie legte ihre Hand auf seinen Unterarm. Das zu tun, kam ihr seltsam vor, aber sie wusste nicht, wie sie sonst seine Aufmerksamkeit erregen sollte. Seine Augen fanden ihre.
«Dieser Alarm bedeutet eine Sicherheitslücke im Inneren. Du würdest es nachts nicht hören, weil sie dann normalerweise diese Übung nicht machen – es sind nicht genügend Leute da, damit es sich lohnt, nehme ich an.» Er langte nach oben, drückte ihre Hand, und schenkte ihr ein halbseitiges Grinsen, obwohl seine Augen ernst blieben. «Es ist wahrscheinlich – wahrscheinlich – nur eine Übung. Sie halten die zufällig ab. Aber man kann nicht sicher sein, also muss man bereit sein.» Er musterte Dill, und Besorgnis verdunkelte seine Augen. «Wo ist deine Armbrust?»
Sie blickte nach unten, als ob sie die Waffe an ihrem Körper finden könnte, aber natürlich war sie nicht da. Sie hatte sie im Geländewagen gelassen. Mit offenstehendem Mund sah sie Carl wieder an. Seine Lippen zogen sich zusammen und er schüttelte den Kopf.
«Was zum Teufel, Dill? Das ist Anfängerscheiße», sagte er. «Was denkst du dir eigentlich? Man lässt seine Waffe niemals zurück!»
Die Wut in seiner Stimme ließ Tränen in ihren Augen brennen, aber sie würde sie nicht vergießen.
«Ich bin ein Anfänger!», sagte Dill und schluckte. Die Sirene heulte und heulte, und bohrte sich in ihren Verstand. «Das ist in der Wartung nie passiert! So was muss man einem doch sagen!» Beim Wort «sagen» stampfte sie auf; sie konnte es nicht ändern. Sie führte sich auf, als wäre sie neun – sie fühlte sich wie sechs oder sieben.
«Du wirst hier in der Kantine bleiben müssen. Ich werde dich holen, wenn Entwarnung ist.» Er begann sich abzuwenden, drehte sich dann aber noch einmal um. Seine Lippen zogen sich wieder zusammen. Er beugte sich näher, sodass sie ihn ohne Schreien verstehen konnte. «Du hast recht. Es tut mir leid. Ich hab nicht gut genug aufgepasst. Von jetzt an werde ich das.»
Panisch packte sie ihn am Arm. «Lassen Sie mich mitkommen!»
«Bleib in der Kantine. Geh nach hinten, wo die Ausgänge sind. Scheiß drauf, was irgendjemand zu dir sagt, okay? Bleib hinter den anderen; bleib von jedem weg. Schaff dir einen Reaktionsspielraum, falls irgendwas schief geht.» Er schüttelte den Kopf. Dann lachte er, was sie erschreckte. «Wenn irgendwas schief geht, sind wir alle am Arsch.» Er gab ihr einen leichten Schubs. «Geh!»
Carl drehte sich um und lief mit schussbereiter Waffe die Haupthalle entlang. Ein paar Menschen schlossen sich ihm an, aber sie alle bewahrten eine große Distanz zueinander. Dill wandte sich wieder der Kantine zu. Die Menschen darinnen verhielten sich ähnlich; sie waren in Gruppen von höchstens drei Personen zusammengedrängt und zwischen diesen Gruppen lagen große, leere Flächen. Es sah sowohl zufällig als auch absichtlich aus. Sie warf einen Blick über ihre Schulter, aber Carl war verschwunden. Dill betrat die Kantine.
***
Carl ließ die Reihe ungenutzter Aufzüge hinter sich, bog um eine Ecke und sah sich der unbeschrifteten Tür zum Treppenhaus gegenüber. Sie war aus massivem Stahl, mit einem Rechteck aus Glas und Drahtgeflecht in Augenhöhe. Die Menschen, die ihm durch den Korridor gefolgt waren, hielten an. Er warf einen Blick über seine Schulter. Sie waren mindestens viereinhalb Meter hinter ihm. Gut. Das gab ihnen die Möglichkeit zu reagieren, falls etwas schiefgehen sollte.
Er brachte sein Gesicht an das Glas und überprüfte das Treppenhaus. Er reckte den Hals, um den Treppenlauf hinauf zu spähen, aber nach nur acht Stufen beschrieb die Treppe eine Kehrtwende und verschwand aus seiner Sicht. Zwischen jedem Stockwerk lag eine solche zweiläufige Treppe.
Außer dem schwindelerregenden roten Licht bewegte sich nichts. Carl hörte die Sirene fast schon nicht mehr; er hatte sie ausgeblendet. Er sah wieder nach oben, streckte sich, um durch das kleine Fenster zu blicken, und dann drückte er die Tür auf.
«Sollen wir ihn da alleine reingehen lassen?», erklang es hinter ihm. Während die Tür zu schwang, hörte er: «Er ist vom Assessment. Er weiß sich …» Die Tür schloss sich mit einem leise fauchenden, dumpfen Schlag.
Im Treppenhaus war es etwas leiser als im äußeren Flur und es gab keine pulsierenden roten Lichter. Carl blickte die Treppe hinauf. Keine Bewegung. Er überprüfte die Uhrzeit. Der Alarm war vor vierzig Sekunden losgegangen. Wenn er über eine Minute lang anhielt, dann war das auf gar keinen Fall eine Übung.
Er rannte den ersten Treppenlauf hinauf, dann den zweiten. Dort ging er zur Tür und spähte in den Flur des zweiten Stocks. Nichts sah ungewöhnlich aus. Es gab keine Leichen und keine Schüsse, aber die roten Lichter wirbelten weiter ihr Gefahrensignal vor sich hin. Carl sah nach unten, dann nach oben, und rannte die Stufen zum dritten Stock hinauf.
Forschung und Entwicklung. Wenn es ein Problem gab, dann höchstwahrscheinlich auf dieser Etage.
Er sah durch das Glasrechteck und schob die Tür auf, um von dem langen, leeren Korridor begrüßt zu werden. Die innere Tür scannte sein Auge. Die weißen Wände hatten eine rosafarbene, blutende Schattierung angenommen, und hier war die Sirene wieder laut.
«Aaron!» Carl musste brüllen, um sich über den Lärm hinweg verständlich zu machen. Die Sprachansage funktionierte nicht, solange der Alarm an war. «Aaron, seid ihr Jungs hier oben okay?»
Sie würden alle sicher in ihren Räumen stecken. Sollten sie. Dieses war das gefährlichste Stockwerk, weil sie in der Forschung, wie Aaron immer sagte, mit Zombies spielten, und manchmal war es ein raues Spiel.
«Aaron!», rief Carl wieder. Dann lauschte er.