ZOMBIE INC.. Chris Dougherty

ZOMBIE INC. - Chris Dougherty


Скачать книгу
befunden.

       «Wir fahren zurück», sagte Carl. «Essen was. Schauen nach, was der Verkauf im Schilde geführt hat. Und ich will diesen Bericht in die Forschungsabteilung bringen, sodass sie ihn haben, sobald die Wrangler das Halsband abgeben.»

       «Haben sie ihn nicht schon? Kann man die Informationen nicht einfach verschicken, sobald man sie eingegeben hat?»

       «Ja, klar, natürlich.» Carl ließ seinen Sicherheitsgurt einrasten. «Aber wenn es etwas Seltsames oder Ungewöhnliches ist, dann will man direkt mit jemandem reden. Man will nicht, dass es sich in der Bürokratie verliert.»

       Dill drückte oben aufs Lenkrad und ließ den Wagen vorwärts gleiten. Sie beschrieb eine weite Kurve um das Areal, in welchem der Zombie gelegen hatte, obgleich keine Spur von ihm übrig war. Die Drei im Garten Verbliebenen verfolgten das Auto mit Blicken, die – auf Dill zumindest – leidvoll und verlassen wirkten.

       «Die haben ihn. Sie haben den Bericht», sagte Dill. «Ich verstehe nicht, warum Sie direkt mit jemandem darüber reden wollen.»

       «Bleib unter vierzig, Andretti», sagte Carl. «Wir wollen lebend ankommen.»

       «Was? Wer ist Andretti?» Dill hasste diese kryptische Ausdrucksweise älterer Menschen. Euphemismen, altmodische Anspielungen … Es war befremdlich. Noch war sie sich nicht sicher, ob sie Carl mochte oder nicht, und langfristig spielte es wahrscheinlich so oder so keine Rolle … aber sie wollte nicht von ihm in Verlegenheit gebracht werden.

       «Ein Rennfahrer. Vergiss es. Hör zu», sagte Carl und drehte sich dann, um aus dem Fenster zu sehen. «Man will direkt mit jemandem sprechen, weil manche Dinge wichtiger sind als andere. Ich weiß, das ist eine schwierige Vorstellung für dich … für deine Generation. Ein Halsband, das nicht explodiert ist – und ein ziemlich neues noch dazu … dem muss nachgegangen werden. Vielleicht haben sie etwas verändert, etwas modifiziert, das wieder rückgängig gemacht werden muss. Wenn du im Assessment arbeitest, dann triffst du nicht nur Entscheidungen darüber, was im Augenblick getan werden muss, sondern für das, was zukünftig getan wird. Ein Gutachten bedeutet jede Menge Haftung und Schuld. Verstehst du das? Menschen sind, ähm, wertvoll. Wir können sie nicht aufs Spiel setzen, während wir uns zurücklehnen und darauf warten, dass das System die Dinge erledigt.»

       Beim Wort «wertvoll» hatte er geschnaubt und seine Körperhaltung verändert, und Dill wunderte sich über die Sentimentalität dieses Wortes. Aus Carls Mund klang es verkehrt und tatsächlich schien es ihn zu verdrießen.

       «Weil sie Kunden sind?» Dills gesamte Ausbildung hatte Phrasen über die Wichtigkeit, den Kunden an erste Stelle zu setzen, beinhaltet.

       «Nein! Herrje», sagte Carl. «Na ja, okay, ja, deswegen auch, aber nicht nur deswegen.»

       Danach sagte er nichts mehr. Sein Schweigen wirkte absichtlich und verärgert. Vielleicht war das der Grund für den Ruf der Gutachter. Dieses Übermaß an Emotionen … Aber eine Menge älterer Menschen waren so. Es ließ Dill und ihre Generation die Stirn runzeln – warum sich so aufregen? Was sollte das Theater?

       Sie steuerte den Geländewagen durch ausgedörrte Straßen heruntergebrannter Wohngegenden, in welche gelegentlich ein unversehrtes Haus hineingestreut war wie eine Insel der Vernunft. Sie alle hatten mit dem ZI-Logo gekennzeichnete Sicherheitssysteme. Näher bei New Trenton kamen sie an den kleinen geschlossenen Wohnanlagen vorbei, welche die Halbreichen beherbergten – Menschen, die nicht wirklich reich reich waren, aber genug besaßen, um sich ein kleines Haus leisten zu können, eine Reinigungskraft, Lebensmittel. Manche der Halbreichen hatten sogar Ehen und Kinder, wie Dill gehört hatte. Der Gedanke, dass hinter diesen Mauern Kinder sein könnten, die mit Eltern aufwuchsen – ihren eigenen, echten Eltern – war seltsam. Kinder, die aufwuchsen, ohne je lernen zu müssen, wie man sich versteckt oder wie man kämpft. Die regelmäßig zu essen bekamen. Die gute Hygiene gewohnt waren. Fast keine Angst kannten.

       Dill konnte sich das nicht vorstellen.

       Sie überquerten die Grenze zu New Trenton.

       Nach dem, was Dill gehört hatte, war Old Trenton, kaum sichtbar, die Stadt etwa sechzehn Kilometer westlich von New Trenton. New Trenton war nicht New Trenton gewesen, bevor Old Trenton wie alle anderen Städte zusammengefallen war. Die Verseuchung der Stadtgebiete war schlimm gewesen, dank all der dicht an dicht gedrängt lebenden Menschen. Nach dem ersten Jahr hatte alleine der Geruch jeden davon abgehalten, zurückzugehen. Nach zehn Jahren, als die alten Gebäude sich aufzulösen begannen, waren die Städte vollständig unbewohnbar gewesen. Die wirklich großen Städte wie Old Philadelphia hatten noch immer hohe, hohe Wolkenkratzer, die in der Sonne funkelten und jetzt größer denn je wirkten, nachdem die kleineren Gebäude und Vorstädte um sie herum kollabiert waren. Dill hatte sie jedoch nie gesehen, war nie in die Nähe einer dieser Städte gekommen. Es gab Fotografien, aber die älteren Menschen sagten immer, «Oh, Fotos werden dem nicht gerecht! Es war die Atmosphäre!» Dill wusste auch davon nichts. Sie war erschüttert von den Lichtermeeren auf den Nachtfotos. Wie konnte man Energie derart verschwenden?

       Falls es jetzt Menschen in den Städten gab – wie gemunkelt wurde –, dann lebten sie außerhalb des Sicherheitsnetzes von Regierungs- und ZI-Schutz. Warum irgendjemand das tun wollte, war Dill unbegreiflich.

       New Trenton basierte auf einer in den frühen Zwanzigerjahren planmäßig angelegten Gemeinde. Geschäfte, Restaurants und gewerbliche Büros lagen unter einem hohen Apartmentgebäude. Die Idee war (so glaubte Dill), dass die Menschen aus jenen Wohnungen in diesem einen Gebiet lebten, aßen und arbeiteten. Wie in einem Bienenstock. Wie Insekten. Westlich der Kombination aus Wohnungs- und Gewerbebau befand sich ein Siedlungsbau. In den ersten vier Straßen standen kleinere, zusammenhängende Reihen von Häusern, die man einst auch Stadthäuser genannt hatte. Dann folgten zehn Straßen voller Farmhäuser und nach denen vier Straßenzüge voller zweistöckiger Kolonialhäuser. Innerhalb der Gemeinde gab es auch eine Schule, Tennisplätze, Felder und ein Schwimmbad mit längst geleertem Becken.

       Nachdem das schlimmste Gemetzel sich gelegt hatte, hatten die Überlebenden der Seuche zuerst das Apartmentgebäude besiedelt, wurden zueinander hingezogen und verschmolzen miteinander wie graue und erschöpfte Schneeflocken. Dann hatte Zombie Inc. in einem großen Firmengebäude weniger als fünfhundert Meter entfernt sein Geschäft aufgenommen, und während ZI wuchs, hatten sie die gesamte geplante Gemeinde übernommen, sie New Trenton getauft und sie umfriedet. Entlang der Grenzen New Trentons waren noch immer einige der ersten Zombieabwehrsysteme in Betrieb.

       Die verlassenen Geschäfte und Büros im Parterre des Apartment-/Geschäftsgebäudes wurden wieder an die wenigen verbliebenen Regierungsmitglieder vermietet. Die Wohnungen und Regierungsbüros waren als «Innere» bekannt, während die Reihen- und Einfamilienhäuser «Äußere» genannt wurden.

       Dill lebte in den Apartments in der Inneren. Ihre Miete wurde direkt von ihrem Gehaltsscheck abgezogen, wie es auch bei ihren fünf Mitbewohnern, die allesamt für ZI arbeiteten, der Fall war. Nach Dills Meinung eine weitere Annehmlichkeit der Arbeit für die größte, erfolgreichste Firma der Nachseuchenzeit. Man munkelte, dass ZI sogar noch mächtiger war als die Restregierung, welche unter dem Gesamtgewicht aller – selbst der niedrigsten – ZI-Mitarbeiter eingezwängt operierte.

       Als sie durchs Tor fuhren, nickte Carl dem Wächter zu. Sie passierten die Innere und die Äußere auf ihrem Weg zum ZI-Gebäude, welches fünf Stockwerke hoch war und von einem leeren, rissigen Parkplatz und einem weiten Feld umgeben dalag. Nur wenige Menschen fuhren noch. Sogar die Angestellten wurden mit Bussen hergebracht, oder sie gingen zu Fuß. Als sie als Praktikantin für diese Stelle akzeptiert worden war, hatte Dill zusätzlich zu ihrer Ausbildung an der Ze-Cross Armbrust eine spezielle Schulung zum Umgang mit dem elektrischen SUV des Assessments erhalten.

       Sie steuerte das Fahrzeug langsam um das Gebäude herum und verlangsamte auf Schneckentempo, als sie sich dem Tor zur Tiefgarage näherten. Das Auto summte im Leerlauf, als sie anhielt. Sie hupte kurz. In der Dunkelheit erwachte das Kameraauge des Tors zu rotem Leben und scannte die Vorderseite des Geländewagens ab. Es dauerte einen Moment, ehe das Tor – ein komplex gegliedertes Drahtgeflecht – sich mit einem Klingeln wie von Glocken nach oben rollte.

       Dill drückte wieder oben auf das Lenkrad und sie glitten ins Halbdunkel.

      


Скачать книгу