Darts. Jürgen Schmitz

Darts - Jürgen  Schmitz


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       Darts1: Wurde deines Wissens auch in der damaligen DDR Darts gespielt?

      Bernd Hebecker: No!

       Darts1: Immer wieder gab es Rücktritte, oder Akteuren wurde das Vertrauen entzogen. So konnte sich der Verband nur schwerlich weiterentwickeln. Hat man rückblickend auf die falschen Leute gesetzt oder waren diese schlichtweg überfordert?

      Bernd Hebecker: Die meisten Handelnden hatten einfach keinerlei Unterstützung seitens ihrer „Lokalfürsten“. Und Deutschland war und ist eine Neidgesellschaft. Es erinnert alles ein wenig an die Politik – viel Gelaber, wenig Ertrag.

       Darts1: Wie vermochte es der Verband, dennoch zu wachsen?

      Bernd Hebecker: Die Leute hatten einfach Spaß am Spiel und der damit verbundenen Geselligkeit. Viele Freundschaften sind in dieser Zeit entstanden. Kein Wunder, wenn man sich immer wieder auf Turnieren begegnete. Die Stimmung und Atmosphäre waren einfach gut.

       Darts1: Das Anwachsen des Verbandes implizierte sicherlich einige Herausforderungen. Welche explizit?

      Bernd Hebecker: Logistische, natürlich finanzielle und informelle!

       Darts1: 1984 wurdest du Präsident im DDV, nachdem Rolf Kahrau und Peter Hummel freiwillig zurückgetreten waren. Zuvor hatte der 1. Bremer Dartclub einen Antrag auf Suspendierung der beiden gestellt. Was hatte es damit auf sich?

      Bernd Hebecker: Ich kann mich nur noch an gewisse Unregelmäßigkeiten erinnern …

       Darts1: Zunächst wurdest du ja nur auf ein Jahr zum Präsidenten gewählt, dann aber für ein weiteres Jahr bestätigt. Was waren deine damaligen Ziele?

      Bernd Hebecker: Ich wollte den Dartsport internationaler machen, ein einheitliches Regelwerk einführen und den Verband auf finanziell gesunde Füße stellen. Ich wollte grundsätzlich immer eine Nationalmannschaft zu den großen Turnieren entsenden, um einen größeren Stellenwert zu erlangen, um mehr Öffentlichkeit in Sachen Darts zu gewinnen.

       Darts1: Wie hast du versucht das zu erreichen?

      Bernd Hebecker: Zuerst habe ich die BDO-Regeln für alle Ranglistenturniere eingeführt. Dann habe ich probiert, den jährlichen Beitrag von 50 Pfennig auf mindestens eine Mark anzuheben. Ein Shitstorm – so würde man es heute sagen – war die Folge! Und das von Leuten, die pro Tag 50 DM in Bier und Zigaretten investiert hatten. Kaum zu glauben!

       Darts1: Wurdest du in irgendeiner Weise gefördert?

      Bernd Hebecker: Als Präsident nicht, als Spieler immer.

       Darts1: Wie sah der Dartsport in dieser Zeit in Deutschland aus?

      Bernd Hebecker: Absolut amateurhaft. Jeder wollte sein eigenes Süppchen kochen und seine persönlichen Interessen durchsetzen. Es gab wenig Struktur und vor 1984 sprach keiner im Präsidium Englisch. 1983 sind wir mit vier Herren und zwei Damen zum Worldcup nach Edinburgh gefahren und hatten überhaupt keine Ahnung. Gar keine! Kein Dress, keine Anmeldung, nichts – und alles auf eigene Kosten.

      Darts1: Bernd, wir bedanken uns für dieses offene und freundliche Gespräch und dass du uns mit auf diese Zeitreise zu den Anfängen des Dartsports in Deutschland genommen hast. Wir hoffen, so ein wichtiges Stück Darts dokumentiert zu haben, das auch in der Zukunft fortleben sollte.

      2.6DEUTSCHER SPORTAUTOMATENBUND (DSAB) – E-DARTS

      Während das Auffinden des exakten Ursprungs des Steeldarts eher einer Spurensuche gleicht, bei der Mosaiksteinchen zusammengefügt werden müssen, die letztendlich nur ein unvollkommenes Bild ergeben, verhält es sich im Electronic Dart in der Tat anders und eindeutig(er). Electronic Dart, so die ursprüngliche Schreibweise, wird oftmals verkürzt als E-Darts benannt, insbesondere in Deutschland, ansonsten auch als Soft Darts.

      Die Wurzeln des E-Darts sind unstrittig in den USA aufzufinden. Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, vor allem dann so folgerichtig interpretiert, wenn es um Dienstleistungen, Komfort und durchaus auch um pure Bequemlichkeit geht. Immer dann ergibt sich bei den US-Amerikanern schon fast zwangsläufig der Ruf und die Konsequenz nach moderner Technik. Im Darts heißt die Antwort schlicht und einfach: Electronic Dart! Die ersten Dartsgeräte wurden bereits Mitte der 1970er-Jahre entwickelt. Die Scheiben im E-Darts waren zunächst im Vergleich zum Steeldarts im Durchmesser etwas größer, sodass jedes einzelne Segment flächenmäßig erweitert war, insbesondere auch das Bullseye, das anfangs noch nicht in Single- und Double Bull unterteilt war. Das dadurch bevorzugt und bedingt sture Werfen aufs Bull entleerte den Sinn des Dartspielens merklich.

      Verschiedene Anbieter promoteten in Deutschland unterschiedliche Dartsgeräte, so zum Beispiel Mark Darts, Merit, Novomatic, Arachnid, was mit Spinnentier übersetzt wird, Idea oder Valley. Den beiden Letztgenannten kommt eine ganz besondere Rolle zu, denn mit diesen Modellen meldete sich die Firma Löwen aus Bingen am Rhein in Sachen E-Darts zu Wort. Erst mit Idea, schließlich mit Valley Dart.

      Valley zählte zum damaligen Zeitpunkt in den USA mit weniger als zehn Prozent Marktanteilen zu den kleineren Anbietern. Trotzdem entschieden sich die Verantwortlichen so, weil man auf der einen Seite mit Valley als Lieferant von Poolbillardtischen beste Erfahrungen gesammelt hatte und auf der anderen auf einen Partner gestoßen war, der sich bezüglich Innovationen, Marketingprogramme, Design und Events offen und flexibel zeigte.

      Der erste Gerätetyp, der wie ein Blitz in die deutsche Freizeitlandschaft einschlug, war das Royal Dartes, so die altenglische Schreibweise. Das Design dieses Valley-Geräts war von reinstem Anachronismus beseelt, barock, sogar schwülstig, dekadent, Old School. Aber es kam an, und schnell bildete sich eine bunte Schar von neuen Dartsfans ums Royal Dartes.

      Das Royal Dartes war nie ein Bullshooter gewesen, es wurde bei seiner Weiterentwicklung sogar sehr schnell mit einem Split-Bull bestückt. Der vergrößerte Durchmesser des Targets resultierte aus den etwas verbreiterten Spiderabgrenzungen.

      Obwohl weitere deutsche und europäische Anbieter in den Dartsmarkt einstiegen und dabei auf Hersteller setzten, die im Mutterland des E-Darts weit höhere Absatzzahlen erzielten als Valley, erreichte Löwen S.P.O.R.T. mit dem Valley-Produkt in Deutschland schnell Marktanteile von 80 Prozent und darüber.

      Diese Dominanz hat bis heute angehalten, teilweise wurden die Marktanteile sogar bis auf 90 Prozent gesteigert. Der von Löwen geprägte Begriff „Electronic Dart“ hat sich im Laufe der Zeit verselbstständigt und ist zu einem Gattungsnamen mutiert. So steht E-Darts mehr oder weniger für Löwen Dart, wie beispielsweise Tempo für Papiertaschentücher.

      In Bingen fasste man derweil die ganze Zukunft von Darts unter dem Label Löwen S.P.O.R.T. zusammen, wobei S für Sport, P für Programme, O für Organisation, R für Regeln und T für Turniere stand. Nicht dienlich als aufgemotzte und hübsch verpackte Worthülse, sondern vielmehr als ein handfestes und schlagfertiges Marketingprogramm, um Darts erfolgreich promoten zu können.

      In der Praxis hieß dies, dass sich Löwen S.P.O.R.T. nicht auf lauen Ideen bezüglich Darts ausruhte, sondern ernsthaft gewillt war, den Worten Taten folgen zu lassen, also die Theorie mit Volldampf in der Praxis umzusetzen, und das mit einer einzigartigen Dynamik, die dem Dartspielen bis dato völlig fremd war.

      So wurden die Löwen Tour, eine Turnierserie mit verschiedenen Stationen quer durch ganz Deutschland, veranstaltet, Deutsche Meisterschaften in der Binger Rundsporthalle ausgerichtet, sogar die ersten Weltmeisterschaften 1988 mit Teilnahmeländern wie Japan und den USA aus der Taufe gehoben.

      Die


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