Der silberne Schlüssel und das Geheimnis der Wahrheit. Alexander Lombardi

Der silberne Schlüssel und das Geheimnis der Wahrheit - Alexander Lombardi


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      Sein Gesicht hatte das übliche freundliche Lächeln verloren, er sah nun fast ein wenig zum Fürchten aus. »Habe ich euch nicht ausdrücklich davor gewarnt, euch noch weiter in Gefahr zu bringen?«

      »Ja, Opa Hans, das hast du«, erwiderte Antonia in beschwichtigendem Tonfall. »Und wir wissen ja auch, dass wir vorsichtig sein sollen.«

      »Also, ›vorsichtig sein‹ trifft es nicht ganz. Ich habe euch gesagt, ihr sollt die Suche sein lassen.«

      Darauf wussten die vier Freunde nichts zu antworten. Opa Hans ins Gesicht zu sagen, dass sie genau das Gegenteil gemacht hatten, brachte keiner von ihnen fertig.

      Seine Miene wurde wieder weich und er lächelte die Freunde etwas traurig an. »Nun gut«, meinte er. »Wenn ihr meinen Rat schon nicht haben wollt – beten werde ich auf jeden Fall für euch. Und jetzt muss ich wirklich gehen.«

      Der alte Mann drückte Antonia und Emma und legte Jaron kurz den Arm um die Schulter. Dann ließ er die Freunde – mit einem letzten mahnenden Blick in die Runde – allein.

      »Na, das war aber auch nicht gerade ein Beispiel von Ehrlichkeit«, sagte Jaron ein wenig spöttisch zu Antonia. »Warum wolltest du ihm den Stein denn nicht zeigen?«

      »Keine Ahnung. Ich hab nur irgendwie das Gefühl, immer, wenn wir ihn einweihen, will er uns zurückhalten«, erwiderte sie zögernd. »Ich bin mir sicher, dass er mehr weiß, als er sagt.«

      »Komisch, dass er uns nicht weiterhelfen will«, stellte Emma verwundert fest und schob sich ihre Brille zurecht.

      Antonia setzte sich wieder und legte den Stein auf die Decke zurück. »Hm, dann müssen wir wohl selbst die Wahrheit rausfinden«, sagte sie. »Wie gehen wir weiter vor?«

      Jaron kniff nachdenklich die Augen zusammen. »In letzter Zeit musste ich immer wieder an dieses Bild denken, das ich im Foyer des Schlosshotels gesehen habe.«

      »Du meinst, als du im Herbst auf der Geburtstagsparty der schönen Isabelle gewesen bist?«, schnaubte Antonia. »Das war ja klar, dass du dieses Mega-Event nicht vergessen kannst. Hat dir wohl gefallen dort, was?« Sie sah Jaron böse an.

      Auf das Thema Isabelle reagiert Antonia nach wie vor empfindlich, dachte Franky, wobei er sich ein Grinsen verkniff. Isabelle von Beilstein ging in dieselbe Klasse wie die vier Freunde und war deren Meinung nach die eingebildetste Zicke weit und breit.

      »Was soll das denn heißen?«, fragte Jaron, offensichtlich genervt.

      »Nichts.«

      »Ja, klar, nichts«, äffte Jaron sie nach.

      »O Mann, könnt ihr das bitte mal lassen?«, seufzte Emma. »Das geht echt tierisch auf die Nerven.« Sie sah Jaron an. »Warum musstest du an das Bild denken?«

      »Irgendetwas darauf kam mir bekannt vor.«

      »Ja, klar, der Typ – wie hieß er doch noch gleich?«, fragte Franky.

      »Ferdinand von Beilstein. Der ist auf diesem Porträt abgebildet«, bestätigte Jaron. »Und inzwischen wissen wir ja, dass er Ende des 16. Jahrhunderts in der Gruft unter der Sankt-Valentins-Kapelle gestorben ist.«

      »Genau, da haben wir ja sein Skelett gefunden. Dem Skelett fehlt ein Finger, und dem Jungen auf dem Bild fehlt ebenfalls ein Finger«, stellte Antonia fest.

      »Stimmt, aber das meine ich nicht«, fuhr Jaron fort.

      »Was dann?«, erkundigte sich Franky.

      »Ich weiß es eben nicht.«

      »Zeig doch noch mal her«, schlug Emma vor.

      Daraufhin holte Jaron sein Handy aus der Hosentasche und suchte nach dem Foto, das er von dem Ölporträt gemacht hatte. Als er es gefunden hatte, betrachteten die Freunde einen etwa vierzehnjährigen Jungen, der irgendwie traurig wirkte. Er trug eine blaue Jacke und hatte die rechte Hand auf eine Säule gelegt. Der kleine Finger daran fehlte.

      »Ich glaube, ich weiß, was dir aufgefallen ist«, sagte Emma schließlich. »Zoom doch bitte mal diesen Ausschnitt näher heran.« Sie deutete auf die rechte obere Ecke des Porträts.

      Sofort vergrößerte Jaron den Hintergrund. Er bestand aus Vorhängen, Bildern und einem Möbelstück, das aussah wie eine Mischung aus Kommode und Schreibtisch.

      »Schaut mal hier, an dem Sekretär«, sagte Emma und zeigte auf eine ganz bestimmte Stelle.

      Alle beugten sich noch tiefer über das Handy, während Jaron den Ausschnitt noch näher heranzoomte.

      »Das gibt’s doch nicht!«, rief Franky. »Das ist der Schlüssel, den wir neben dem Skelett gefunden haben!«

      Jetzt sahen es die anderen auch: In dem Möbelstück steckte ein kleiner silberner Schlüssel, der mit einem verschlungenen Muster und den Initialen FB verziert war.

      »Dieser Schlüssel gehört also zu Ferdinands Schreibtisch«, schlussfolgerte Emma. »Womöglich hat er darin irgendetwas Wichtiges versteckt, das uns weiterhelfen könnte. Meint ihr, es gibt dieses Möbelstück noch?«

      »Kann schon sein«, sagte Jaron. »Wir sollten uns im Schlosshotel mal genauer umschauen.«

      »War ja klar, dass du das sagst«, stichelte Antonia. »Frag doch die schöne Isabelle, ob sie dich rumführt.«

      »Jetzt reicht’s aber, Antonia«, schimpfte Jaron, bevor er sich an die anderen beiden wandte. »Glaubt ihr nicht auch, dass das eine lohnende Spur ist?«

      »Selbstverständlich«, sagte Franky, »der sollten wir auf jeden Fall nachgehen.«

      »Ich wäre ja dafür, dass wir uns erst einmal den Hinweisen widmen, die wir schon dahaben«, meinte Antonia und nahm den Stein in die Hand. »Habt ihr eine Idee, was wir mit den Symbolen hierdrauf anfangen sollen?«

      Emma griff nach dem Halbedelstein und betrachtete die Oberfläche genauer. »Auf dem ersten Stein, dem Bernstein, haben wir Äste entdeckt, die ein Kreuz bilden. Das hat uns ja schließlich zur der Kreuz-Eiche geführt, unter der wir dann diesen Stein gefunden haben. Und hier sind Tränen oder Tropfen eingearbeitet. Außerdem der Schriftzug omnem lacrimam – alle Tränen.«

      »Das hat bestimmt irgendwas mit Wasser zu tun«, überlegte Jaron.

      »Vielleicht liegt der dritte Stein ja im Starnberger See«, stöhnte Franky.

      Alle schauten ihn entsetzt an.

      »Na, dann gute Nacht«, brummte Jaron. »Wenn das stimmt, können wir gleich einpacken. Oder tauchen lernen.«

      Unwillkürlich begannen alle zu grinsen.

      Dann schüttelte Emma den Kopf. Sie drehte den Stein hin und her. »Irgendwie glaube ich das nicht. Auf dem See gibt es vielleicht Wellen. Aber Tropfen passen eher zu einem Bach oder einer Quelle.«

      »Könnte auch einem Wasserfall sein«, meinte Antonia.

      Emma ließ den Stein sinken. »Ja, könnte alles sein. Mist, hier gibt es bestimmt Tausende von Bächen und Quellen. Sollen wir die alle absuchen?«

      »Das kannst du vergessen«, sagte Franky achselzuckend.

      Jaron runzelte die Stirn. »Meint ihr, wir sollten noch mal jemanden einweihen, der uns bei der Suche helfen kann?«

      »Wen denn?«, entgegnete Antonia. »Opa Hans kommt wohl nicht infrage.«

      »Und Weixlhammer traue ich inzwischen nicht mehr über den Weg«, erklärte Emma.

      Richard Weixlhammer war der örtliche Antiquitätenhändler, der den Freunden schon ein paar Mal nützliche Tipps gegeben hatte. Daraufhin hatten sie ihn ins Vertrauen gezogen und ihm ihre größte Entdeckung gezeigt, eine geheime Gruft unter der Kapelle in Allmannshausen. Er hatte dann die Behörden informiert und den vieren den Zugang zur Gruft verweigert.

      Franky spürte auf einmal, wie müde er


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