Der silberne Schlüssel und das Geheimnis der Wahrheit. Alexander Lombardi

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mit der Atmung.«

      Elvira stieß einen kleinen Schrei aus und schlug die Hand vor den Mund.

      »Das kann bei Kindern ab und zu passieren«, erklärte die Ärztin in beschwichtigendem Tonfall. »Wir kennen das und wissen, was in einem solchen Fall zu tun ist. Die Atmung haben wir auch gut in den Griff bekommen, aber leider ist Franco noch nicht aufgewacht. Eigentlich sollte er inzwischen wenigstens erste Reaktionen zeigen, doch er ist immer noch bewusstlos.«

      Alle starrten Dr. Dragumir an. Elviras Augen waren weit aufgerissen, Germano hatte die Stirn in Falten gelegt. Zum ersten Mal war auch ihm die Angst um seinen Sohn anzusehen.

      »Wir haben Franco auf die Intensivstation verlegt.«

      Jaron spürte einen Kloß im Hals. Stand es so schlimm um seinen Freund?

      Die Ärztin lächelte jedoch und schien in keiner Weise besorgt zu sein. »Ich weiß, dass das im Moment für Sie sehr erschreckend klingt. Die Verlegung auf die Intensivstation ist allerdings nur eine Vorsichtsmaßnahme. Francos Vitalzeichen sind alle normal und er atmet selbstständig. Auf dieser Station haben wir die nötigen Geräte, um Ihren Sohn lückenlos zu überwachen, und merken sofort, wenn sich etwas verändert. Ich bin mir sicher, dass er bald aufwachen wird.«

      »Wann wird Franco wachen auf?«, fragte Germano.

      Dr. Dragumir zuckte leicht mit den Schultern. »Genau kann ich das natürlich nicht wissen, aber ich erwarte es eigentlich jede Minute«, antwortete sie. »Ich werde Sie persönlich sofort informieren, wenn es so weit ist.«

      Sie lächelte ihn erneut beruhigend an, was er allerdings gar nicht zu registrieren schien.

      Frankys Mutter war fassungslos. Tränen standen in ihren Augen, und Jaron konnte sehen, dass sie immer wieder schluckte.

      Nun erhob sich die Ärztin. »Ich werde nach Ihrem Sohn sehen und komme zurück, sobald ich Neuigkeiten habe.«

      »Dürfen wir zu ihm?«, rief Elvira.

      Dr. Dragumir schüttelte den Kopf. »Noch nicht«, sagte sie. Dann schüttelte sie Frankys Eltern die Hand, nickte den drei Freunden freundlich zu und verließ den Raum.

      Alle saßen wie vom Donner gerührt da. Mit solchen Problemen hatte niemand gerechnet. Es war doch nur ein kleiner Sportunfall gewesen!

      Jaron sah Emma und Antonia an, die beide wie erstarrt wirkten. Obwohl die Beteuerungen der Ärztin durchaus überzeugend geklungen hatten, war die Situation schwer einzuschätzen. Franky wachte nicht auf. Was konnte das bedeuten?

      Schluchzend holte Elvira ein Taschentuch aus ihrer Handtasche und drückte es gegen ihren Mund. Germano schien es nicht zu bemerken, er starrte immer noch auf die Tür, hinter der die Ärztin verschwunden war. Seine Augenbrauen waren zusammengezogen, sein Gesichtsausdruck schwankte zwischen Entsetzen und Wut.

      Emma zupfte Jaron am Ärmel. Sie sah erst ihn, dann Antonia an, wobei Tränen hinter ihrer Brille schimmerten. »Ich würde gerne für ihn beten. Wollen wir?«, flüsterte sie.

      Antonia nickte sofort.

      Auch Jaron fühlte, dass sie irgendetwas unternehmen mussten. Und er hatte keine Ahnung, was sie sonst tun konnten.

      Da wandte sich Emma an Frankys Eltern. »Wir beten jetzt für Franky. Möchten Sie mitbeten?«

      »Das ist eine gute Idee«, sagte Elvira und nickte. »Natürlich beten wir mit, nicht wahr, Germano?«

      Ihr Mann zögerte einen Moment, zuckte dann aber mit den Achseln.

      Jaron schloss die Augen und senkte den Kopf. Er dachte an Franky, seinen cleveren Freund, der ihnen schon so oft mit seinen genialen Ideen aus der Patsche geholfen hatte. Frankys mitreißendes Lachen klang ihm in den Ohren, und Jaron spürte, wie es ihn vor Angst um seinen Freund geradezu würgte. Es war so schrecklich, ihm nicht helfen zu können!

      Doch dann kam ihm ein Gedanke: Es gibt jemand, der Franky hundertprozentig helfen kann, und das ist der allmächtige Gott. Indem ich mich an ihn wende, kann ich tatsächlich etwas für Franky tun.

      Er hörte Emmas Stimme: »Gott im Himmel. Du weißt, dass Franky noch nicht aufgewacht ist. Das macht mir voll Angst. Ich weiß nicht, was ihm fehlt. Bitte sorge doch dafür, dass er wieder gesund wird. Bitte pass auf ihn auf und weck ihn wieder auf. Amen.«

      »Amen«, wiederholten Jaron und Antonia.

      Antonia betete als Nächste. »Lieber Gott, wir machen uns voll Sorgen um Franky. Du hast ihn in deiner Hand. Bitte hilf ihm. Bitte mach, dass er bald wieder bei uns ist.« Sie brach ab und räusperte sich.

      Da nahm Jaron den Faden auf. »Gott, wir brauchen deine Hilfe. Du kannst doch alles«, sagte er leise. »Lass Franky ganz schnell wieder gesund werden, darum bitten wir dich. Amen.«

      »Amen«, flüsterten die anderen.

      Kurze Zeit war es still, dann wisperte Elvira: »Lieber Gott, bitte pass du auf meinen Jungen auf.« Sie holte tief Luft, es klang wie ein Schluchzen.

      Germano machte keinen Mucks.

      Schließlich sagte Antonia noch einmal »Amen«, um das gemeinsame Gebet zu beenden. Alle wirkten etwas verlegen, aber Jaron spürte trotzdem eine gewisse Erleichterung. Es kam ihm so vor, als hätte er eine besonders schwierige Angelegenheit einer absolut vertrauenswürdigen, kompetenten Person übergeben.

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      Lange saßen sie einfach da und warteten auf Nachricht von Dr. Dragumir. Sie sprachen wenig, obwohl Elvira ein paar Mal versuchte, die Freunde in eine Unterhaltung zu verwickeln. Sie erkundigte sich nach ihren abenteuerlichen Erlebnissen und nach der Schule, aber es kam kein wirkliches Gespräch in Gang. Alle waren zu sehr mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt.

      Wie viele Stunden waren vergangen, als es wieder an die Tür klopfte?

      Jaron wusste es nicht. Doch er schreckte auf und sah voller Hoffnung zu der Person hinüber, die nun den Raum betrat.

      Dr. Dragumir hatte sich umgezogen, sie trug den weißen Arztkittel über einer eleganten Bluse aus schimmerndem Stoff und einem knielangen dunkelblauen Rock.

      Als sie die Gruppe anlächelte, schlug Jarons Herz schneller. »Er ist wach!«, sagte sie. »Es ist alles gut.«

      Jaron stieß die Luft, die er unbewusst angehalten hatte, aus und hörte, wie auch die anderen aufatmeten.

      »Oh, das ist wunderbar, danke, Dr. Dragumir!«, rief Elvira freudig.

      Die Ärztin nickte. »Wenn Sie möchten, können Sie jetzt zu ihm.« Zu den Freunden gewandt, fügte sie jedoch hinzu: »Auf der Intensivstation sind leider immer nur zwei Besucher erlaubt. Deshalb müsst ihr drei euch noch etwas gedulden. Heute dürft ihr Franco noch nicht sehen.«

      Zuerst war Jaron enttäuscht, dann aber merkte er erst so richtig, wie froh er war, dass es Franky gut ging. Was machte es schon, dass sie ihn erst morgen besuchen konnten? Hauptsache, er würde bald wieder völlig okay sein!

      »Dann fahren wir wohl nach Hause, oder?«, schlug er den beiden Mädchen vor.

      Antonia nickte und bat Frankys Eltern: »Würden Sie uns bitte Bescheid geben, wann wir ihn besuchen können?«

      »Selbstverständlich«, sagte Elvira. Offensichtlich gerührt, nahm sie jeden der drei in den Arm. »Danke, dass ihr hier wart. Das werden wir Franky erzählen; es wird ihn bestimmt sehr freuen, nicht wahr, Germano?«

      Frankys Vater nickte.

      »Bitte sagen Sie ihm einen lieben Gruß von uns«, verabschiedete sich Emma mit heiserer Stimme.

      Elvira versprach es lächelnd, bevor sie mit Germano und der Ärztin den Raum verließ.

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      Als


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