JURASSIC DEAD. David Sakmyster

JURASSIC DEAD - David Sakmyster


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»Nein! Das kann ich nicht akzeptieren. Ich wurde zurate gezogen, um Untersuchungen durchzuführen, nicht um an die Luft gesetzt zu werden wie irgendein Postdoktorand, sobald ein spannender Fund gemacht wird, damit dieser … dieser geschäftstüchtige Unruhestifter das Ruder an sich reißen kann!« Er strafte Xander mit einem verächtlichen Blick.

       DeKirks Organ dröhnte wieder aus dem Laptop: »Apropos Unruhestifter: Sehen Sie sich mal Ihren Sohn an, Marcus.« Der Doktor schaute zu Alex hinüber, der sich angesichts der Miene seines Vaters in der schmutzigen Zelle ganz kleinmachte.

       »Sein Schicksal ist momentan noch vollkommen offen. Wir könnten ihn wochen-, ja womöglich monatelang in dieser Zelle schmoren lassen, bis wir einen amerikanischen Hafen erreichen, wo wir ihn den Behörden wegen Vandalismus, internationaler Spionage und fahrlässiger Tötung aushändigen können …« Er hielt inne, um sich an Alex’ ängstlichem beziehungsweise Marcus’ verärgertem Gesichtsausdruck zu ergötzen. »Oder wir könnten ihn sogar den Russen überlassen, vielleicht fällt ihnen ja ein, wie man weiter mit ihm verfahren sollte.«

       »Mr. DeKirk, bei allem Respekt …«, begann Marcus, doch der Milliardär rollte in seinem Sessel zur Kamera und hielt eine Hand ins Skype-Fenster.

       »Oder … es gibt noch eine dritte Möglichkeit.« Daraufhin fasste sich Marcus und wartete, dass DeKirk fortfuhr.

       »Wie ich schon sagte: Wir könnten Sie und Ihren Sohn einfach gemeinsam in Chile absetzen, wo Ihnen beiden freisteht, in Ihre Heimat zurückzukehren. Dies würde zum Dank dafür geschehen, dass Sie absolutes Stillschweigen hinsichtlich unserer Operationen hier gewahren und die Geheimhaltungsvereinbarung eingehalten haben, die Sie bereits zum Zeitpunkt Ihrer Einstellung unterzeichnet haben, sowie außerdem übereingekommen sind, nur Passagier an Bord meines Schiffs zu sein, also in keiner Weise eine Arbeitsleistung erbringen.«

       Marcus’ Blick wanderte von Alex zurück zu DeKirk auf dem Skype-Bildschirm. »Meine Entdeckung … alle Ankündigungen und Presseerklärungen. Die Enthüllung des Fundes …«

       Der Unternehmer schüttelte mit einem leicht süffisanten Grinsen seinen Kopf.

       Ramirez kochte innerlich. »Diese Entdeckung mit der Welt zu teilen, stand nie in Ihrer Absicht, oder? Sie brauchten meine Hilfe, um sie zu machen, aber nicht, um sie im Nachhinein zu legitimieren.«

       DeKirk schüttelte den Kopf, ohne die Augen nur einmal von Marcus abzuwenden.

       »Also … was nun? Was werden Sie damit anfangen?«

       »Das, Dr. Ramirez, werden Sie bald herausfinden, gemeinsam mit dem Rest der Welt.«

       Er senkte seinen Blick und murmelte: »Hurensohn.«

       »Wie bitte?«, fragte DeKirk. »Ich habe Sie nicht richtig verstanden, die Verbindung ist so schlecht.«

       Xander, der immer noch mit verschränkten Armen abseits an einem Schott stand, grinste ebenso spöttisch.

       DeKirk beugte sich weiter nach vorne und drehte den Kopf zur Seite, um sein Ohr ans Mikrofon zu halten. »Haben Sie gesagt, Sie seien einverstanden?«

       Marcus seufzte. Er schaute abermals zu Alex, der in seiner Zelle einen niedergeschlagenen und verlorenen Eindruck machte. Verfluchter Mist. Sie hatten ihn ausgebootet und wussten es ganz genau.

       »Einverstanden.«

       Der Doktor musste sich nun mit aller Willenskraft zurückhalten, sonst hätte er Xander das selbstzufriedene Lächeln aus seiner dummen Visage geprügelt. Der Wachmann hinter dem Schreibtisch des Gefängnisses stand währenddessen auf und zückte einen Schlüssel, um Alex freizulassen.

      10

      An Bord des Öltankers Hammond-1, Erebus Point, Antarktis

      Der Allzweckschrank im Frachtraum des Tankers zählte nicht zu den bequemsten Verstecken, die sich Veronica Winters je zur Observierung ausgesucht hatte, das stand fest. Er war eng, stank nach Öl und Rattenurin und steckte voller rostiger Ersatzteile, doch was ihm in puncto Komfort abging, machte er dadurch wieder wett, dass man darin mit hoher Wahrscheinlichkeit unbemerkt bleiben würde, was es ihr ermöglichte, zu beobachten, was in diesem Teil des Raumes geschah. Ihr Smartphone, das über den bordeigenen Satellitendienst vernetzt war, würde ihr sofort Bescheid geben, wenn jemand die »Schiffsärztin« anrief. Bis dies passierte, wollte sie so viel wie möglich über diesen Widerling Xander herausfinden. Du solltest derjenige sein, der in der Zelle sitzt, du Dreckschwein, dachte sie, während sie durch den Spalt der leicht angelehnten Schranktür hinausschaute.

       Außerdem musste sie etwas mehr über dieses Ding in Erfahrung bringen, was auch immer es war, das man gerade in der Kiste an Bord gehievt hatte. Deswegen wurde zweifelsfrei eine Menge Aufwand betrieben, doch für sie kam es erst an zweiter Stelle nach dem Ziel, Xander das Handwerk zu legen. Sie hörte mit an, wie er dem Paläontologen nahelegte, ihn nie zu kontaktieren, wenn er auf Jobsuche ein Arbeitszeugnis bräuchte, woraufhin Xander aus dem Gefängnisbereich in den eigentlichen Frachtraum ging, wo die Kiste stand. Von dort hörte sie aufgeregte Rufe, als sei etwas ins Rollen geraten. So wie es klang, würde es Dyson wohl eine Weile auf Trab halten.

       Als sie aus dem Schrank spähte, beobachtete sie, wie ihm der Wächter etwas nachrief und Xander »Folgen Sie mir« entgegnete, ehe auch dieser Mann das Gefängnis verließ.

       Veronica stieß den Schrank gerade weit genug auf, um sich durch den Spalt zwängen zu können, wobei sie betete, dass die Scharniere nicht quietschten, und tat es schließlich, während der Vater dem Sohn sagte, dass sie ein ernstes Gespräch führen müssten.

       Sie schlich rechtsherum, also fort von dem Aufruhr um die Kiste, und bewegte sich auf Zehenspitzen an der erneuten Vereinigung der Ramirez-Männer vorbei und tiefer in den Laderaum hinein. Als mutmaßliche Bordärztin war von ihr verlangt worden, sich gut auf dem Tanker auszukennen, da sie im Falle eines medizinischen Notfalls rasch in jeden Abschnitt gelangen sollte. Zu diesem Zweck hatte sie die schematischen und technischen Pläne des Schiffs verinnerlicht, die ihr vom Captain in die Hand gedrückt worden waren. Sich zuvor mit der Umgebung vertraut gemacht zu haben zahlte sich nun aus, denn während Xander abgelenkt war, konnte sie seine Koje durchsuchen und so ergründen, warum zum Geier er überhaupt hier war.

       Sie wusste, dass diese nur für ihn allein zugänglich war – ein seltener Luxus auf hoher See – und, dass sie nicht unter Deck lag, sondern auf einer der Ebenen des Brückenturms. Veronica kam durch den langen Schiffsbauch dorthin, der sich der Länge nach fast durch den gesamten Rumpf zog, wodurch sie sich noch ein wenig weiter außer Sicht bewegen konnte.

       Sie stahl sich an in der Regel leeren, Höhlen gleichenden Kammern vorbei, die schlecht beleuchtet waren und ungeöffneten Frachtcontainern Platz boten – solchen, die gelegentlich über Bord gingen und ihren kostbaren Inhalt verloren; seien es Nike-Schuhe oder Plasma-Fernseher. Veronica bezweifelte jedoch, dass diese hier, nur einfache Gebrauchsgüter enthielten, weil sie DeKirk gut genug kannte. Doch darum ging es ihr im Augenblick gar nicht.

       Sie blieb in Bewegung, hielt sich im Schatten und geduckt zwischen den Ladebehältern, wenn sie in der Nähe die Stimmen von Besatzungsmitgliedern hörte. Größtenteils kam sie ohne erhebliche Mühe voran, und nach kurzer Zeit erreichte sie eine Wendeltreppe, die nach oben führte. Sie ging hinauf und bemühte sich um eine seriöse Ausstrahlung, sobald sie auf das Außendeck kam. So als sei sie in Ausübung ihrer Pflicht irgendwohin unterwegs, müsse sich beeilen und habe überhaupt keine Zeit zum Schwatzen.

       Sie wusste von einem Korridor, der zu den Quartieren für besondere Passagiere führte, womit jene gemeint waren, die abgesehen von der Kajüte des Captains die behaglichsten Unterkünfte auf dem Tanker darstellen … privat und nicht mit dreistöckigen Etagenbetten zugestellt. Veronica ging weitere Treppenläufe hinauf, überquerte danach eine Reihe von Laufstegen aus Gitterrosten und zog schließlich eine Tür auf, die in einen kurzen Flur mit im jeweils gleichen Abstand gesetzten Türen zu beiden Seiten führte.

       Das waren die Gästequartiere. Da sie sich im Vorfeld die Raumaufteilung angesehen hatte, war ihr klar, dass Xander in einer dieser Kojen schlief, genauer gesagt in Nummer 412. Sie fand die Türnummer ungefähr in der Mitte des Gangs auf der rechten Seite und versuchte, den Knauf umzudrehen.

       Verschlossen!


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