Kinderärztin Dr. Martens Box 1 – Arztroman. Britta Frey

Kinderärztin Dr. Martens Box 1 – Arztroman - Britta Frey


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verletzten Mädchen für zwei Tage hier bei uns in der Klinik bleiben. Sie standen mir noch zu sehr unter einem Unfallschock.«

      »Gut, Hanna, ich hätte auch nicht anders entschieden. Es war für dich heute nach deiner schlaflosen Nacht ein wenig viel, nicht wahr?«

      »Das wohl, aber es hat mir in einer wichtigen Sache sehr geholfen. Ich kann mir denken, dass die Eltern der Zwillinge schon voller Sorge und Ungeduld warten. Wirst du selbst mit ihnen reden und ihnen ihre Angst nehmen? Ich kümmere mich unterdessen um die Angehörigen der anderen beiden Mädchen. Anschließend werde ich nach Sven sehen, denn wie mir Schwester Laurie sagte, hat der Junge keine gute Nacht gehabt.«

      »Tu das. Ich rede mit den Eltern von Markus und Hansi Bruhns. Schau mal auf die Uhr, es ist inzwischen schon Mittag. Du solltest die Mittagszeit ein wenig verlängern und dich für ein Stündchen hinlegen.«

      »Ich gehe heute Abend früher schlafen. Ich fühle mich zwar etwas zerschlagen, aber meine Müdigkeit ist durch die Ereignisse wie weggeblasen. Also, ich werde mich dann um die beiden Mädchen und um Sven kümmern. Wir sehen uns später.«

      Kay nickte zustimmend. Er wunderte sich jedoch über Hanna. Sie wirkte nach außen hin wieder so selbstbewusst und selbstsicher wie immer. Sie hatte sich gut in der Gewalt. Er streifte sich nun einen frischen weißen Kittel über und verließ hinter Hanna die Operationsabteilung, um mit den Eltern der schwer verletzten Zwillinge zu reden, die, wie Hanna schon sagte, sicher voller Angst und Ungeduld auf ihn warteten und vor allen Dingen eine beruhigende Auskunft erhofften.

      Auf dem Gang kam ihm das Ehepaar Bruhns in höchster Aufregung entgegen.

      »Was ist mit unseren Kindern, Herr Dr. Martens? Wir warten doch schon eine endlos lange Zeit. Bitte, sagen Sie uns die Wahrheit. Ist es sehr schlimm?«

      Frau Bruhns brach in Tränen aus und stieß weinend hervor: »Warum, Herr Doktor, warum gerade unsere Kinder, und dazu noch alle beide? Markus und Hansi sind so liebe Kinder. Ich überlebe es nicht, wenn ich sie nicht behalten darf.«

      »Bitte, so beruhigen Sie sich, Frau Bruhns«, sagte Kay beschwichtigend. »Sie dürfen doch nicht gleich das Schlimmste annehmen. Wir haben getan, was in unseren Kräften stand, und bei beiden ist die Operation gut verlaufen. Sie werden beide leben und wieder gesund werden, und das ist ja wohl das Allerwichtigste. Bitte, wenn Sie mir beide in mein Sprechzimmer folgen würden, dann erkläre ich Ihnen genau, welcher Art die Verletzungen sind und was wir tun mussten.«

      »Wenn ich diesen Kerl erwische, der das alles zu verantworten hat«, murmelte der Vater der Zwillinge mit heiserer Stimme.

      »Gewollt hat der junge Fahrer des Motorrades diesen Unfall sicherlich nicht, Herr Bruhns. Sie sollten jetzt auch keine Rachegefühle hegen. In erster Linie sollten Sie jetzt an Ihre Kinder denken«, mahnte Kay und ging beiden voran in sein Sprechzimmer. Nachdem er ihnen einen Platz angeboten hatte, erklärte er ihnen in verständlichen Worten die Operationen, die er durchgeführt hatte.

      »Ich will meine Kinder sehen, ich will zu ihnen, Herr Dr. Martens«, bat die Mutter der Zwillinge mit feuchten Augen und sah Kay flehend an.

      »Kommen Sie, die Kinder befinden sich beide in der Intensivabteilung. Ich möchte Sie jedoch darum bitten, nur für ein paar Minuten zu bleiben. Die Operation liegt erst kurze Zeit hinter ihnen, und sie brauchen jetzt absolute Ruhe. Markus und Hansi können Sie beide auch noch nicht wahrnehmen.«

      Erneut folgten die noch immer fassungslosen Eltern dem Arzt, der sie in die Intensivabteilung brachte.

      *

      Als Hanna die Krankenstation betrat, fragte sie die Oberschwester, die gerade aus dem Schwesternzimmer kam: »Wo hat man die beiden kleinen Mädchen von dem Unfall im Ort untergebracht, Schwester Elli? Sind schon Angehörige von ihnen im Haus?«

      »Zimmer sechs, Frau Dr. Martens, und die Mütter der beiden sind schon seit Stunden bei ihnen im Zimmer.«

      »Danke, Schwester Elli, dann werde ich mich sofort darum kümmern. Noch etwas wollte ich gern wissen. Ist inzwischen schon veranlasst worden, dass man den Tim zu Sven Berkel ins Zimmer verlegt?«

      »Ja, das ist selbstverständlich durchgeführt worden, Frau Doktor, und ich kann Ihnen sogar mitteilen, dass sich die beiden Buben auf Anhieb gut verstehen. Aber Sven fragte schon andauernd, wann denn endlich seine Tante Hanna zu ihm kommt. Im Augenblick ist auch der Vater des Jungen da.«

      »Es ist gut, Schwester Elli, vielen Dank. Ich kümmere mich jetzt jedoch zunächst um die beiden Mädchen, damit die Mütter beruhigt sein können. Falls Sven oder sein Vater noch einmal nach mir fragen sollten, sagen Sie bitte, dass ich gleich komme.«

      »Ich werde es ausrichten, Frau Doktor«, antwortete Schwester Elli lächelnd und ging weiter. Hanna aber betrat nach kurzem Anklopfen das Zimmer mit der Nummer sechs an der Tür.

      Zwei aufgeregte Frauen erhoben sich von ihren Stühlen und sahen Hanna mit angespannten Gesichtern entgegen.

      »Ich bin Dr. Martens und möchte Ihnen sagen, dass Sie sich keine Sorgen machen müssen«, sagte Hanna mit einem beruhigenden Lächeln.

      »Mein Name ist Inge Hausmann, und die Kleine da rechts im Bett ist meine Bärbel. Warum muss sie dann hier in der Klinik bleiben, wenn ich mir keine Sorgen machen muss?«

      »Und meine Susanne! Ich bin Frau Heberlein«, sagte die andere Mutter genauso aufgeregt.

      »Frau Hausmann, Frau Heberlein. Dass wir Ihre Mädchen für zwei Tage hier in der Klinik festhalten, das ist eine reine Vorsichtsmaßnahme, weil sie nach dem Unfall noch unter einem Unfallschock standen. Sollten nachträglich noch Schwierigkeiten auftreten, sind wir sofort zur Stelle. Die Verletzungen, die sich die beiden Mädchen bei dem Unfall zugezogen haben, sind wohl schmerzhaft, aber nicht gefährlich. Sie haben die kleinen Schnitte und Hautabschürfungen bald überwunden. Wenn morgen alles in Ordnung ist, können beide unbedenklich wieder nach Hause zurück. Die beiden Bruhnskinder hatten da weniger Glück.«

      »Ja, es ist schlimm, was da heute im Ort geschehen ist, Frau Dr. Martens. Hoffentlich bekommt dieser unvernünftige Raser eine empfindliche Strafe aufgebrummt. Ich bin ja so froh und glücklich, dass meiner Bärbel nichts Schlimmes passiert ist«, kam es erleichtert von Inge Hausmanns Lippen, und die Mutter der kleinen Susanne nickte bekräftigend Zustimmung.

      »Ich muss Sie nun wieder allein lassen. Sollte jedoch eine von Ihnen noch Fragen haben, so wenden Sie sich bitte an Schwester Laurie. Man wird es mir dann mitteilen.«

      Hanna lächelte den beiden Müttern noch einmal beruhigend zu und verließ dann mit raschen Schritten das Zimmer.

      Draußen auf dem Gang wurden Hannas Schritte langsamer. Nur wenige Meter und sie stand vor der Zimmertür, hinter der sich im Augenblick außer Sven auch Knut befand.

      Das Herz pochte schmerzhaft in Hannas Brust. Sie liebte Knut, wie sie wohl nie wieder einen Mann lieben würde. Aber in ihrem Herzen hatte sie ihre Entscheidung schon getroffen. Nein, leicht hatte sie es sich nicht gemacht. Es war in der vergangenen Nacht ein harter und schmerzlicher innerer Kampf gewesen. Aber erst der Vormittag hatte den letzten Anstoß gegeben. Mit seiner Forderung, mit seinem Entweder-Oder hatte Knut etwas zerstört, was gerade erst aufgeblüht war. Im Augenblick durfte Hanna jedoch nicht daran denken, denn da war noch Sven, dem sie eine gute Mutter hätte werden können.

      Dass es nach dem vergangenen Abend noch möglich werden könnte, bezweifelte Hanna. Sie gab sich einen kleinen innerlichen Ruck und betrat nach kurzem Anklopfen das Zimmer.

      »Tante Hanna, Tante Hanna, da bist du ja endlich. Wo warst du nur so lange?«, wurde Hanna sofort von Sven empfangen. Knut aber versuchte ihre Blicke einzufangen.

      Es blieb Hanna jedoch nichts anderes übrig, als zuerst den ungeduldigen Jungen zu begrüßen und ihm zu antworten.

      Sie trat ans Bett und fuhr dem Jungen liebevoll über das schwarze Haar. Lächelnd sagte sie dann: »Ich konnte nicht eher kommen, Sven. Weißt du, es hat heute im Ort einen bösen Unfall gegeben, bei dem ein paar Kinder sehr schwer verletzt worden sind und operiert werden mussten. Ich wurde dabei gebraucht. Wie fühlst


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