Kinderärztin Dr. Martens Box 1 – Arztroman. Britta Frey

Kinderärztin Dr. Martens Box 1 – Arztroman - Britta Frey


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war sie damit fertig, als die Oberschwester kam und sie und Laurie in die Mittagspause schickte.

      *

      Obwohl der Achtjährige sich vor der Mahlzeit noch gegen seinen Mittagsschlaf gewehrt hatte, schlief er kurz nach dem Essen ein.

      »Gehen wir ein wenig hinunter in den Klinikpark, Hanna? Ich möchte mich ungestört mit dir unterhalten. Oder lässt dein Dienstplan dir keine Zeit mehr dazu?«

      Hanna sah auf ihre Uhr und entgegnete lächelnd: »Ein halbes Stündchen bleibt mir noch Zeit. Ein wenig frische Luft wird uns beiden guttun, und wir stören Svens Schlaf nicht.«

      »Dann komm, gehen wir, bevor der kleine Quälgeist wieder wach wird. Er kann einen schon ganz schön in Atem halten.«

      Mit einem Blick auf den schlafenden Jungen verließen Knut und Hanna leise das Zimmer. Im Klinikpark angekommen, zog Knut Hanna zu einer etwas abseits gelegenen Bank.

      »Nicht böse sein, Hanna, aber ich muss einfach ein Weilchen mit dir allein sein. Du fehlst mir in jeder Minute des Tages, mein Liebes, und wir haben heute noch nicht ein einziges persönliches Wort miteinander reden können. Hast du heute Abend wieder Zeit für mich?«

      »Wenn in der Klinik nichts dazwischenkommt, ja. Dann kannst du mich gegen zwanzig Uhr vor der Klinik erwarten. Ich freue mich auf die Stunden mit dir.«

      »Ich auch, Hanna, mein Liebes. Ich habe heute Morgen übrigens schon mit meinem Anwalt telefoniert, er hat sich inzwischen mit Cornelia in Verbindung gesetzt. Er wird wegen der Scheidung alles in die Wege leiten. Ich glaube nach Lage der Dinge nicht, dass Cornelia Schwierigkeiten machen wird. Sie ist ja diejenige gewesen, die mich und ihr Kind verlassen hat. Es wird also wohl eine glatte Angelegenheit werden. Das Warten auf die Zeit, in der wir für immer zusammen sein können, fällt mir mit jedem Tag schwerer. Und wenn ich erst wegen Sven genau Bescheid weiß, werde ich ihn in einer ruhigen Stunde auf die schöne Veränderung in unserem Leben vorbereiten. Sven hat dich sehr lieb. Man hört es aus jedem seiner Worte heraus. Er wird also ganz gewiss keine Schwierigkeiten machen. Sven braucht eine Mutti, Liebes, und ich brauche dich.«

      »Ich habe deinen Jungen schon vom ersten Tag an in mein Herz geschlossen. Ich habe ihn sehr lieb. Ich weiß, ich werde ihm eine gute Mutter werden.«

      »Mein Liebes, du, für diese Worte möchte ich dich jetzt am liebsten in die Arme nehmen und dich küssen. Aber ich werde deinem guten Ruf nicht schaden, mich beherrschen und mich bis zum Abend gedulden. Wir haben ja den ganzen Abend für uns Zeit.«

      Beide waren so in ihrer Unterhaltung vertieft, dass sie nicht bemerkten, dass schon zum zweiten Mal zwei junge Krankenschwestern unweit der Bank, auf der sie saßen, vorübergingen und neugierige Blicke zu ihnen herüberwarfen. Es waren Schwester Laurie und ihre Kollegin, Schwester Jenny.

      »Nun, glaubst du immer noch, dass unsere Chefin mit Herrn Berkel nur über seinen Sohn spricht?«

      »Nein, Laurie, du hast recht. Zwischen den beiden scheint doch mehr zu sein. Er sieht aber auch blendend aus. Ich könnte mich auch glatt in ihn verlieben, wenn ich nicht schon meinen Rolf hätte. Aber vielleicht ist es auch nur Freundschaft, die die beiden verbindet. Herr Berkel kommt doch aus Hannover, wie man aus den Krankenpapieren des Jungen sehen kann. Nun, ist ja auch völlig egal. Wie auch immer, ich gönne es ihr von ganzem Herzen.«

      »Ich doch auch, Jenny. Sven hat mir übrigens erzählt, dass er und sein Vati die Tante Hanna, wie er unsere Chefin immer nennt, schon im Schwarzwald kennengelernt haben, als er einen schlimmen Herzanfall hatte. Nun, die Hauptsache ist, wir verlieren sie nicht als Chefin. Eine bessere als sie gibt es nicht. Damit will ich natürlich nicht sagen, dass ich unseren Chef nicht in Ordnung finde. Ist schon toll, was die beiden Geschwister hier mit der Kinderklinik Birkenhain auf die Beine gestellt haben. Ich habe sogar etwas läuten gehört, dass im Frühjahr hinter dem Park gebaut werden soll. Hast du auch schon davon gehört, Jenny?«

      »Sicher, Laurie, das hat inzwischen schon die Runde gemacht. Aber schau auf die Uhr. Wir müssen auf die Station zurück, sonst tritt uns unser Dragoner auf die Füße.«

      Schwester Laurie sah auf die Uhr und sagte erschrocken: »Du hast recht! Komm, beeilen wir uns.«

      Mit eiligen Schritten gingen beide nun zum Klinikgebäude zurück. Wenig später erhoben sich auch Hanna und Knut und gingen langsam ins Haus zurück. Während Hanna sich wieder um ihre Pflichten und Aufgaben kümmern musste, ging Knut zurück auf die Station zu Sven. Bevor sie sich in der Halle trennten, sagte Hanna noch zu Knut: »Sobald Kay die Ergebnisse der Untersuchungen vorliegen hat, wird er dich zu sich bitten. Ich werde dann auch anwesend sein.«

      »Das wäre für mich sehr beruhigend, Hanna. Ich muss dir gestehen, dass ich mich ein wenig vor diesem Augenblick fürchte. Nicht auszudenken, wenn sich herausstellen würde, dass Sven einen ernsthaften Herzschaden hat.«

      »Man soll nicht gleich das Schlimmste befürchten. Warten wir es erst einmal ab. Aber jetzt gleich musst du mich entschuldigen. Wir können uns ja heute Abend noch über diese Angelegenheit unterhalten.«

      Obwohl Knut Hanna am liebsten in seine Arme gezogen hätte, hielt er nur ihre Hand ein wenig länger fest und sah sie voller Zärtlichkeit an.

      Hanna gab den Blick ebenso zurück und sagte verhalten: »Bis später, Knut. Sag Sven, dass ich nachher noch zu ihm komme.«

      Knut sah ihr nach, bis sie hinter der Glastür, die zu den Behandlungs- und Ärztezimmern führte, verschwunden war. Erst dann ging er dem Treppenaufgang zu und hinauf zur Krankenabteilung in Svens Zimmer.

      Sven schlief noch, und so zog Knut sich einen Stuhl neben das Bett des Jungen und wartete auf dessen Erwachen. Mit seinen Gedanken war er jedoch bei der Frau, mit der er noch vor wenigen Minuten draußen im Klinikpark gewesen war. Er war dem Schicksal dankbar, dass es sie beide am Titisee hatte zusammentreffen lassen. Sven brauchte eine Mutter, und dass Sven Hanna in sein kleines Herz geschlossen hatte, war wunderbar. Die Zukunft, die noch vor wenigen Wochen ohne einen Lichtblick vor ihm gelegen hatte, würde mit der geliebten Frau und dem Jungen wunderschön werden. Wenn es nur schon bald so weit wäre, dass er sie für immer zu sich in sein Haus nach Hannover holen konnte.

      Svens klare Stimme ließ ihn aus seinen Zukunftsträumen hochschrecken.

      »Vati, ich habe ausgeschlafen. Gehen wir jetzt in den Park hinunter? Tante Hanna hat es doch erlaubt.«

      »Natürlich, mein Junge. Ich helfe dir beim Ankleiden, danach gehen wir für ein halbes Stündchen.«

      Als sie dann später über die gepflegten Parkwege schlenderten, blieb der Achtjährige plötzlich stehen. Mit kindlichem Ernst sah er zu Knut hoch und sagte: »Du hast doch gesagt, dass unsere Mutti nicht mehr zurückkommt, weil sie uns nicht mehr lieb hat, Vati, nicht wahr?«

      »Ja, Sven, das weißt du doch. Ich habe es dir doch erklärt«, gab Knut zurück. »Warum fragst du danach. Du hast doch noch mich, und ich werde immer bei dir sein.«

      »Kannst …, kannst du nicht Tante Hanna fragen, ob sie mit uns nach Hause kommt, Vati? Ich habe Tante Hanna sehr gern. Sie ist lieb wie eine Mutti. Oder magst du sie nicht?«

      »Natürlich mag ich die Tante Hanna, mein Kleiner. Du möchtest wirklich, dass ich sie frage?«

      »Ja, Vati, bitte, frag Tante Hanna, ob sie nicht meine Mutti werden will.«

      »Ich werde sie fragen, aber erst musst du gesund werden, und ich muss noch etwas erledigen. Ein bisschen wird es also noch dauern. Du musst deswegen aber nicht traurig sein. Noch bist du ja in der Klinik und kannst sie jeden Tag sehen. Oder gefällt es dir hier nicht?«

      »Doch, Vati, nur Tante Hanna hat nicht viel Zeit, sie muss ja immer zu den anderen kranken Kindern gehen.«

      »Das ist nun mal so, mein Junge. Die Arbeit hier in der Klinik ist Tante Hannas Beruf. Du weißt doch, wie das ist, wenn ich in die Bank muss. Ich muss dich dann auch den ganzen Vormittag allein lassen. Aber ich werde Tante Hanna fragen, ob sie nicht noch einen Jungen in deinem Alter hier in der Klinik haben, den man in dein Zimmer bringen kann. Das andere Bett ist ja noch frei. Du könntest dann Spiele machen


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