Die Jungfrauen Sammelband. Grace Goodwin
gezeichnet auf einer glatten Oberfläche angezeigt wurde.
Alles an diesem Raumschiff war äußerst merkwürdig. Stimmen kamen direkt aus den Wänden. Das Wasser kam heiß und kalt direkt aus dem Wasserhahn, ohne dass irgendwo eine Pumpe zu sehen war. Ihre Karten erschienen nicht auf Papier, sondern hinter Glas.
Es dauerte eine Weile, bis ich mich auf der Karte zurechtfand und den Berglinien folgte, bis ich den Norden und dann das ausgetrocknete Flussbett entdeckte. Nerons Standort war ziemlich weit entfernt vom Schiff, aber ich fürchtete nicht, dass Maddox es nicht rechtzeitig schaffen würde. Ich fürchtete, dass Maddox schnurstracks in eine Falle lief und sterben würde.
Bei dem Ort handelte es sich um eine enge Schlucht, die zu beiden Seiten steile Felswände hatte. Ein oder zweimal war ich mit Charles dort gewesen. Maddox konnte die Schlucht nur vom Süden her betreten und er würde entweder umkehren müssen oder fast fünf Meilen weiter nordwärts reiten, um an eine Stelle zu gelangen, an der er sein Pferd aus dem Canyon reiten konnte. Es gab keine Deckung. Keine Bäume. Keinen Schutz. Es musste eine Falle sein. Ich bezweifelte zwar nicht, dass Neron eine Frau als Köder benutzt hatte, allerdings hatte er noch sehr viel mehr geplant als seine Geisel zu verletzen. Er wollte Maddox Schaden zufügen.
Mein Herz geriet vor Angst ins Stolpern, meine Hände wurden klamm. Neron würde meinen Partner umbringen. Meine Markierung pulsierte, sobald ich an ihn dachte. Ich hatte ihn eben erst gefunden und konnte ihn nicht sterben lassen. Ich musste ihn warnen, ihn überzeugen, damit er seine Freunde dazu rief und wartete, bis sie ihm helfen konnten. Er hätte nicht alleine losziehen dürfen.
Ich blickte auf die Kommunikationstafel. Er war vor weniger als einer Stunde aufgebrochen. Vielleicht konnte ich ihn erreichen und ihn zum Umdenken bringen.
Da waren so viele Knöpfe, so viele Dinge zum Drücken und der Anblick war überwältigend. Ich war gerade dabei zu lernen, wie man das Licht anschaltete und die Zimmertüren öffnete, wie man mit einem Handschlag warmes Wasser aus der Wand fließen ließ. Eine Spülkommode—das war der Ausdruck, den Maddox für das Möbelstück verwendete.
Er hatte erwähnt, dass er sich mit den anderen Männern unterhalten konnte, mit seinem Kommandanten Thorn. Vielleicht konnte ich auch mit Maddox reden, aber wie?
Ich drückte die Knöpfe und redete mit der Wand: “Hallo? Maddox? Hörst du mich?”
Lichter wechselten die Farbe. Blaue, rote, grüne Lichter. Aber nichts bewirkte, dass Maddox’ Stimme aus der Wand kam.
Ich erstarrte, als dasselbe Piep-Piep-Piep von vorher ertönte.
“Maddox!” rief ich und legte die Hände auf die glatte schwarze Tafel. “Maddox!”
Nichts.
Das Piepen ertönte erneut. Dann erinnerte ich mich, wie Maddox einen Knopf gedrückt hatte—diesen hier—, um das Gespräch zu initiieren.
“Maddox?” sprach ich erneut.
“Hier ist Thorn.”
Es war zwar nicht Maddox, aber ich seufzte erleichtert, als ich den vertrauten Namen hörte. Ich redete mit jemandem, der dieses Schiff kannte, der Maddox kannte und wusste, wie ich behilflich sein konnte.
“Hier ist Cassie.”
“Bist du allein? Ist Maddox wieder auf Jagd?”
Ich nickte, dann entsann ich mich daran, dass er mich nicht sehen konnte. “Ja.”
“Na schön. Danke, Cassie. Ich werde ihn direkt kontaktieren.”
“Nein! Warte,” rief ich und versuchte die Ruhe zu bewahren. Diese Weltraumsachen verwirrten mich und so langsam war ich dabei den Überblick zu verlieren. Ich wollte einfach nur Maddox zurück und nicht mit einer Wand reden müssen. “Ich muss mit ihm reden.”
“Fühlst du dich unwohl?”
Ich hörte die aufrichtige Sorge in Thorns Stimme, aber mir fehlte die Geduld dafür. “Nein. Ich muss mit Maddox reden. Er läuft in eine Falle.”
“Erkläre,” sprach Thorn.
“Neron … hat das Schiff angerufen. Durch diese Wand hindurch, genau wie du gerade. Er hat eine Frau als Geisel genommen und er tut ihr weh. Er hat die Frau benutzt, um Maddox zu zwingen, zu ihm zu kommen.”
Ich hörte ein leises Fluchen.
“Hat Maddox dich schon erobert?”
Ich drückte mich von der Wand weg und starrte sie an. “Wie bitte?”
“Hat Maddox dich erobert?” wiederholte er.
“Das geht dich nichts an,” schnaubte ich.
Darauf lachte er. “Ich werde Jace und Flynn zum Schiff schicken, aber solange du nicht entsprechend verpartnert bist, können sie nicht in deine Nähe kommen.”
Ich runzelte die Stirn und betrachtete meine Handfläche.
“Wieso nicht?”
“Maddox ist zwar dein markierter Partner, aber ledige Everianer können die Anwesenheit einer markierten Frau spüren. Hier auf der Erde würde ihnen so eine ganz gelegen kommen, denn wir sind weit weg von Zuhause. Sie würden dich zwar nicht für sich beanspruchen, schließlich gehörst du zu Maddox, aber sie würden dir nur schwer widerstehen können und Maddox würde sie ohne Zweifel umbringen.”
Ich machte große Augen. Ich wusste, dass unsere Verbindung mächtig war, dass Maddox überaus eifersüchtig war, aber nicht so.
“So hat Neron mich gefunden?”
“Wahrscheinlich. Er muss eine markierte Frau gespürt haben und neugierig geworden sein. Er ist zwar ein grausamer Mistkerl, aber sein Interesse für dich muss stärker gewesen sein als seine Pläne für Maddox.”
“Er weiß, dass ich Maddox’ Partnerin bin,” entgegnete ich und biss mir die Lippe. “Er hat davon geredet, als er durch die Wand gesprochen hat.”
“Jace und Flynn werden zum Schiff zurückkehren und bei dir bleiben. Ich werde Maddox helfen. Mein Standpunkt erscheint jetzt auf deinem Monitor. Du wirst meine Bewegungen verfolgen können. Jace und Flynn werden sich ebenfalls ins Ortungssystem des Schiffs einloggen.” Fasziniert sah ich, wie auf der Karte ein kleiner blauer Punkt mit Thorns Namen erschien, zusammen mit einigen Zahlen, die mir nichts sagten. Ich fragte mich, warum Maddox nicht dasselbe getan hatte.
Die Antwort darauf fiel mir sofort ein. Ich wäre wie besessen dem kleinen blauen Punkt über die Karte gefolgt und hätte mir mit jedem seiner Schritte Sorgen gemacht.
Ich atmete tief durch. Hilfe war unterwegs— “Du bist auf der anderen Seite der Bergkette. Du wirst es niemals rechtzeitig zu ihm schaffen.”
“Schick mir den Standort.”
Ich blickte auf die Karte, dann blickte ich auf die vielen Knöpfe. “Ich weiß aber nicht wie.”
Thorn gab mir Anweisungen und ich befolgte sie genau. Ein paar Momente der Stille folgten, als ich ihm die Karte geschickt hatte und dann hörte ich Thorn fluchen.
“Wann trifft Maddox sich mit Neron?”
“Neron hat ihm zwei Stunden gegeben. Danach will er die Frau töten.”
“Du hast recht, Cassie. Ich werde nicht rechtzeitig da sein. Jace oder Flynn auch nicht. Aber Maddox ist ein hervorragender Jäger, einer der besten. Er wird schon zurechtkommen.”
“Nein. Ich kann ihn nicht alleine lassen. Ich werde zu ihm gehen. Ich weiß, wo Neron steckt, ich kenne das Land.”
“Auf gar keinen Fall. Das verbiete ich dir.”
Er wollte es mir verbieten? “Ich befolge nicht deine Befehle, Thorn. Maddox läuft gerade in eine Falle! Er braucht Hilfe und ich bin die einzige hier.”
“Du bist nicht in der Lage, Neron zu besiegen. Du hast keine Waffen und du weißt nicht, wie man mit unseren umgeht.”
“Da