Die Auslöschung jüdischen Lebens in Kirchberg/Hunsrück in der Zeit des Nationalsozialismus. Группа авторов
Grund der Beschriftung, packte Bürgermeister Kunz den Kleiderbügel in eine Plastiktüte, um bei seiner Begrüßungsrede mir ein Geschenk daraus zu machen. Doch: Anstatt in meinem Kleiderschrank unbemerkt sein Dasein zu fristen, schien mir, dass das mit dem Firmennamen bestückte gebogene Stück Holz, als Teil der Stadtgeschichte, dort wo es gefunden, besser aufgehoben war.
Was aber war mit dem Empfinden bei all dem? Bewunderung für die glatt funktionierende Organisation der Woche, und Erstaunen über das Auftauchen des Kleiderbügels schienen, als Reaktion, das Stärkste, was ich an Emotionen zu bieten hatte. Nun dann – Nostalgie?…“
6.3. Lehren aus der Vergangenheit ziehen
Begrüßung durch den Schulleiter Wolfgang Altmayer
Sehr geehrte Gäste, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Schülerinnen und Schüler,
als Hausherr darf ich Sie herzlich zu unserer heutigen Veranstaltung begrüßen.
„Erinnerung, Verantwortung, Zukunft“, so das treffende Motto dieser Broschüre, die ich mit viel Gewinn gelesen habe. Wir können die Vergangenheit nicht ändern, so gern wir das vielleicht tun würden. Aber wir können und müssen für die Zukunft die Lehren insbesondere aus den schlimmen Phasen unserer Geschichte ziehen. Aus gutem Grund gehört die Auseinandersetzung mit der NS-Zeit an allen weiterführenden Schulen in den Lehrplan verschiedener Fächer. Aber es braucht mehr. Und hier hat die Projektgruppe „Stolpersteine“ in Vorbereitung der heutigen Veranstaltung Beispielhaftes geleistet, indem sie aufgezeigt hat, wie sich das Abstraktum „Judenverfolgung“ konkret hier vor Ort abgespielt hat und so den Heymanns, Gersons und anderen mehr im Wortsinn wieder ein Gesicht gegeben hat. Ich möchte dies inhaltlich nicht weiter ausführen, Bürgermeister Kunz hat bereits einiges dazu gesagt, und andere werden dies kompetenter erläutern, als ich es könnte.
Lediglich 2 Punkte möchte ich hervorheben: Eigentlich haben wir Lehrer im Moment schon genug zu tun. Wenn dann trotzdem solche zusätzlichen Veranstaltungen möglich sind, dann liegt das immer an den Menschen, die bereit sind, sich über das Pflichtprogramm hinaus zu engagieren. In erster Linie möchte ich mich hier bei unserer schulischen Vorbereitungsgruppe rund um die AG „Stolpersteine“ bedanken, insbesondere also bei Frau Wendling, Herrn Clausen, Frau Chea sowie den beteiligten Schülerinnen und Schülern. Darüber hinaus gibt es viele weitere Beteiligte, die Musiker haben ihren Beitrag geleistet, die Künstler haben für den entsprechenden und ansprechenden Empfang gesorgt, die Abteilung Hauswirtschaft hat sich um das Kulinarische gekümmert, und sicherlich gibt es noch weitere Mitwirkende. Für mich als Schulleiter ist es immer wieder erstaunlich und erfreulich zugleich mitzuerleben, was unsere Schulgemeinschaft bei derartigen Anlässen auf die Beine stellt. Dafür meinen herzlichen Dank an alle Beteiligten.
Ein zweiter Punkt verdient, hervorgehoben zu werden: Das Projekt Stolpersteinverlegung hat die Schule nicht alleine gestemmt, sondern zusammen mit externen Partnern. Herr Pies vom Förderverein Synagoge Laufersweiler kooperiert seit Jahren mit uns, desgleichen Herr Sindhu vom Jugendzentrum am Zug. In der unmittelbaren Vorbereitungsphase ist die Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen der Stadt Kirchberg und des Kulturvereins ARENA 13 hinzugekommen, und möglicherweise gab es noch weitere Mitwirkende. Auch hierfür meinen herzlichen Dank. Letztlich profitieren von einer derartigen Kooperation alle Beteiligten. Unsere Schule ist für weitere Kooperationsprojekte offen.
Damit darf ich Sie nochmals herzlich willkommen heißen und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
6.4. Stolpersteine als persönliche und demokratische Mahnmale
Jens Peter Clausen
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Schülerinnen und Schüler!
Seit heute hat Kirchberg seine ersten Stolpersteine.
Wie es dazu kam, möchte ich an dieser Stelle kurz umreißen. Die Einzelheiten können Sie in der Broschüre „Stolpersteine in Kirchberg“ ausführlich nachlesen.1 Sehen Sie mir bitte auch nach, dass es im Rahmen dieser Ansprache nicht möglich ist, die Namen all derer zu nennen, die die heutige Stolpersteinverlegung vorbereitet und ihr diesen würdigen Rahmen gegeben haben.
Dr. Jochen Wagner, Pastor der Freien Evangelischen Gemeinde, trat 2014 an den Jugend- und Kulturausschuss der Stadt Kirchberg mit der Idee heran, Stolpersteine verlegen zu lassen. Bürgermeister Udo Kunz beauftragte daraufhin den Beigeordneten Werner Klockner, das Projekt voranzubringen, und die erste Sitzung eines Planungsteams fand im Februar 2016 statt.
Es ist sehr schade, dass Herr Klockner, der Ende August 2016 plötzlich verstorben ist, diesen Tag heute nicht erleben kann. Die Leitung des Planungsteams ging an den Beigeordneten Ernst-Ludwig Klein über.
Zu Beginn des Schuljahres 2016/17 gründete Frau Wendling die AG (Arbeitsgemeinschaft) Stolpersteine der KGS Kirchberg. Zunächst konnten wir nur vier Schüler aus einer achten Klasse zu einer regelmäßigen Mitarbeit gewinnen. Es herrschte aber stets eine angenehme Arbeitsatmosphäre, und es war Christof Pies, Vorsitzender des Vereins Synagoge Laufersweiler, der mit seiner Unterstützung und Begleitung wesentlich zum Gelingen unserer AG Stolpersteine beigetragen hat.
Der Stadtrat von Kirchberg stimmte unterdessen am 20. Dezember 2016 der Verlegung von Stolpersteinen einstimmig zu, und das Ergebnis haben wir heute miterleben dürfen. Was hat nun die AG Stolpersteine, die zu Beginn dieses Schuljahres Verstärkung durch die Geschichts-Referendarin Frau Jana Chea und weitere Schüler erhielt, zu diesem Projekt beigetragen? Grundlage unserer Arbeit war das Buch „Versöhnung braucht Erinnerung“ von Ernst Fuchß und Manfred Stoffel über die ehemaligen jüdischen Einwohner Kirchbergs.2 Wir glichen die dortigen Angaben mit anderen Publikationen und dem Material der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem ab. Das Ergebnis war eine vollständige Liste der jüdischen Familien in Kirchberg zur Zeit des Dritten Reiches.
Als die Adressen für die Verlegung der ersten Stolpersteine feststanden, ging die AG Stolpersteine zusammen mit Herrn Ernst-Ludwig Klein zu diesen geplanten Verlegungsorten. Wir schauten, wo genau man die Stolpersteine verlegen könnte, und, wo möglich, sprachen wir mit den Hauseigentümern. Es gab stets Verständnis für unser Anliegen.
Die Schülerinnen und Schüler der AG bereiteten sich nun darauf vor, an den Verlegeorten etwas über die jeweiligen jüdischen Familien zu berichten, wie dies heute geschehen ist. Ebenso wurde die Broschüre und diese Veranstaltung in der Aula der KGS vorbereitet, dazu auch eine kleine Ausstellung im ersten Stock dieses Gebäudes. Den Beitrag der Kunstleistungskurse von Frau Susanne May und Frau Julia Suchoroschenko, den Sie schon vor der Tür der Aula bewundern konnten, möchte ich an dieser Stelle ebenfalls hervorheben.
Was macht nun eigentlich das Projekt Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig so einzigartig? Mir fallen hier gleich vier Superlative ein.
◆ Das Projekt ist mittlerweile, nach 25 Jahren, mit über 60.000 Steinen in 21 europäischen Ländern, das größte dezentrale Mahnmal der Welt. Vor wenigen Tagen, am 30. Oktober 2017, ist sogar der erste Stolperstein außerhalb Europas verlegt worden, am Eingang der Pestalozzi-Schule in Buenos Aires in Argentinien – weil diese deutsche Auslandsschule zu einer Zufluchtsstätte für Verfolgte des NS-Regimes wurde.3
◆ Stolpersteine sind weiterhin wohl das persönlichste Mahnmal. Jeder Stein trägt den Namen einer einzelnen Person und wird in der Regel vor deren letzten freiwilligen Wohnort verlegt, befindet sich also in einem direkten räumlichen Zusammenhang zur verfolgten Person. Kommen dann noch weitere Formen des Gedenkens wie unsere Broschüre oder der geplante Pfad der Erinnerung hinzu, gibt dies den Verfolgten erst recht wieder ein Gesicht.
◆ Stolpersteine sind auch vermutlich das demokratischste Mahnmal, da die Initiative zur Verlegung von Stolpersteinen oft nicht „von oben“ vorgegeben wurde, sondern vielfach, so wie in Kirchberg ja auch, aus der Bevölkerung gekommen ist.
◆ Freilich, Stolpersteine sind vermutlich auch das unbequemste Mahnmal. Sie sind nicht wie eine Stele auf dem Friedhof, wo einmal im Jahr ein Kranz