Run and Gun. Sasha Reed

Run and Gun - Sasha Reed


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kein Traum. Zack Conner zog tatsächlich in die Wohnung nebenan. Ich musste dringend mit jemandem reden, bevor ich dem Drang, in hysterisches Lachen zu verfallen, nachkam. Instinktiv griff ich nach meinem Handy und wählte Theas Nummer. Sie meldete sich bereits nach dem zweiten Klingeln.

      „Was gibt’s, Süße? Ich hab nicht lange Zeit, mein Unterricht fängt bald an“, sagte sie anstelle einer Begrüßung. Thea nahm Schauspielunterricht am American Repertory Theater und träumte vom großen Durchbruch. Es mochte naiv klingen und vielleicht war es das auch, doch ich und Jonah waren von ihrem Talent überzeugt und unterstützten sie nach Leibeskräften.

      „Zack Conner zieht in die Wohnung gegenüber ein.“

      Thea lachte auf. „Netter Versuch, aber damit kannst du mich nicht ködern.“ Ich blieb stumm und hörte Thea nach einigen Momenten des Schweigens nach Luft schnappen. „Du machst keine Witze, oder?“

      „Ich wünschte, es wäre so.“

      „Zoey Blanton, ich bin so verdammt neidisch. So viel Glück wie du hat niemand auf der ganzen Welt. Ist mein altes Zimmer noch frei? Ich ziehe wieder ein.“

      „Glück? Ich habe ihm vor gut zweiunddreißig Stunden einen Drink über den Schädel gegossen und jetzt zieht er nebenan ein“, protestierte ich.

      „Ich würde sofort mit dir tauschen. Jeder würde das.“

      „Ich bin aber nicht jeder. Die Nachbarschaft mit ihm ist das Schlimmste, was passieren konnte.“ Ich spürte Panik in mir aufwallen und holte tief Luft. Meine starke Anziehung zu Zack war im Club schon schlimm genug gewesen, nur durch sie war die Situation so eskaliert. Was würde passieren, wenn ich Zack nun ständig begegnete? Was, wenn ich wieder diese ungesunde Fixierung entwickelte wie bei meinem letzten Freund? Was, wenn ich mich wieder völlig aufgab? „Ich sollte wieder zu meinen Eltern ziehen.“

      Thea lachte auf. „Das würdest du keine Woche aushalten.“

      Damit hatte sie vermutlich recht. Ich liebte meine Eltern, aber sie trieben mich regelmäßig in den Wahnsinn und würde ich wieder bei ihnen einziehen, würde ich wohl wirklich irgendwann von Dads Axt Gebrauch machen.

      „Was soll ich denn jetzt tun?“ Oh Gott, jetzt klang ich auch noch verzweifelt.

      „Du musst diese angespannte Situation lösen. Du könntest zu ihm rübergehen. Nackt, selbstverständlich.“

      „Sehr witzig, Thea.“ Ich hatte ihr nichts über die Energie zwischen Zack und mir erzählt, weil ich ihr keine Sorgen bereiten wollte. Ansonsten hätte sie diesen Vorschlag nie gemacht. Sie hatte meine Beziehung mit Michael miterlebt und wusste, dass ich mir eine Wiederholung nicht leisten konnte.

      „Danach sieht er dich bestimmt in einem ganz anderen Licht“, beharrte sie und ich konnte das neckische Grinsen in ihrem Gesicht förmlich hören.

      „Glaub mir, aus dieser Sicht möchte ich von Zack Conner nicht beleuchtet werden.“ Er musste mich ohnehin schon für total bescheuert halten. Exhibitionistische Ausuferungen wären wahrscheinlich nicht gerade förderlich, mal davon abgesehen, dass sie für mich und mein Fixierungsproblem zum Super-GAU werden könnten.

      „Einen Versuch wäre es immerhin wert. Süße, ich muss los, sonst komme ich zu spät. Ich kann nach dem Unterricht aber vorbeischauen.“

      „Meinetwegen oder wegen Zack?“

      Sie kicherte. „Du kennst die Antwort darauf. Bis dann.“

      Ich legte auf. Hatte ich so mieses Karma angesammelt? War das meine Bestrafung? Rastlos tigerte ich in meiner Wohnung auf und ab. Das konnte doch alles nicht wahr sein. Gerade, als ich geglaubt hatte, mit dem Thema ein für alle Mal abgeschlossen zu haben. Nachbarn. Was wollte er überhaupt hier? Er war ein überbezahlter Sportler, der sich eine Luxusvilla außerhalb der Stadt hätte leisten können. Schließlich blieb ich stehen und starrte einige Sekunden lang auf mein Handy, das ich noch immer fest umklammert hielt. Sollte ich ihn stalken oder nicht?

      Thea mochte mir zwar von seinen sportlichen Leistungen vorgeschwärmt haben, doch jetzt wollte ich genau wissen, mit wem ich es zu tun hatte. Schnell öffnete ich den Internetbrowser und tippte Zacks Namen in die Suchleiste ein.

      Eine halbe Stunde später hatte ich herausgefunden, dass die Presse Zack Conner nahezu vergötterte. Sie sahen den umwerfenden Leistungssportler, der die Mannschaft binnen einer Saison komplett umgekrempelt hatte. Seine fast dreißig Millionen Fans auf Facebook und Twitter schienen derselben Meinung zu sein. Bilder auf Google zeigten ihn bei Spielen in seinem schwarz-blauen Trikot oder bei offiziellen Veranstaltungen im Anzug. Gott im Himmel, was dieser Mann mit einem Dreiteiler anstellte.

      Leider musste ich feststellen, dass er sein Privatleben wohl auch genauso hielt. Privat. Bis auf einige Urlaubsfotos konnte ich nichts Interessantes finden. Was mich am meisten schockierte, waren die weiblichen Begleitungen. Vielmehr: ihr Fehlen. Nach Zacks Gesellschaft im Spotlight hatte ich gedacht, er hätte zu jeder Veranstaltung eine andere am Arm. Ich hatte mich getäuscht und das gefiel mir gar nicht. Ich wollte an Zack Conner nichts Positives finden. Von seinen Muskeln einmal abgesehen. Wenn ich ihm nun schon zwangsläufig öfter begegnen würde, wollte ich wenigstens nicht an Augenkrebs sterben.

      Ich scrollte wieder nach oben.

      Ähnliche Suchanfragen: Zack Conner oben ohne.

      Wirklich, Google? Ich zog eine Augenbraue in die Höhe, während mein Daumen über dem Link schwebte. Wollte ich mich tatsächlich damit quälen? Unter seinem durchweichten Hemd im Club hatten sich deutlich die Muskeln abgezeichnet, also konnte ich schon ahnen, was unter seinem Trikot oder gottverdammten Dreiteiler vor sich ging. Mit einem resoluten Seufzen schloss ich den Browser und verbannte mein Handy in den Flur. Die Bilder von Zack aus meinem Kopf zu vertreiben, gestaltete sich jedoch als nicht ganz so einfach. Ich beschloss mich abzulenken, bis Thea aufkreuzte, aß endlich mein Frühstück (durchweichte Cornflakes, lecker) und setzte mich dann vor den Fernseher. Leider wurde mein brillanter Plan durch den Lärm in der Nachbarwohnung durchkreuzt. Schlimm genug, dass ich den Fernseher kaum hörte. Der Krach erinnerte mich zusätzlich ständig daran, wer genau in die Wohnung gegenüber einzog. Es war zum Verrücktwerden.

      Als ich schließlich um ein Uhr hörte, wie der Schlüssel in der Eingangstür herumgedreht wurde, atmete ich erleichtert auf. Thea hatte es wohl nicht bis nach dem Unterricht ausgehalten und war direkt in der Mittagspause hergekommen.

      „Hey, Zo“, rief sie aus dem Flur, ehe sie ins Wohnzimmer kam und sich neben mich aufs Sofa fallen ließ. Sie stellte den Fernseher mit der Fernbedienung leiser und wandte sich mit einem erwartungsvollen Lächeln im Gesicht zu mir. „Hast du Zack noch einmal getroffen? Ich habe gehofft, dass ich vielleicht einen kurzen Blick in seine Wohnung erhaschen könnte, aber die Tür war zu.“

      Ich seufzte und zupfte am Sofakissen herum. „Bis auf die Begegnung heute Morgen bin ich verschont geblieben. Glücklicherweise geht die Saison bald wieder los. Dann ist er viel unterwegs und ich muss ihn nicht sehen.“ Neben meiner Recherche, was meinen neuen Nachbarn betraf, hatte ich auch den Basketballsport selbst recherchiert und festgestellt, dass die neue Saison in etwa fünf Wochen startete.

      „Wie wäre es, wenn du dich einfach zusammenreißt und die Nachbarschaft so angenehm wie möglich machst?“

      Manchmal hasste ich Thea für ihre Logik.

      „Und was schlägst du vor? Soll ich ihm Kekse backen?“

      „Das wäre ein Anfang. Bei eurem momentanen Verhältnis denkt er aber wahrscheinlich, sie sind vergiftet. Wie wäre es stattdessen mit einem Geschenk zum Einzug? Als Friedensangebot. Ich habe noch ein bisschen Zeit. Wir könnten losziehen und etwas für ihn suchen.“

      „Das könnte funktionieren“, lenkte ich ein. Mir war das Ganze immer noch unangenehm und ich war nie dazu gekommen, mich tatsächlich bei Zack zu entschuldigen. Im Club war ich zu spät und heute Morgen zu geschockt gewesen, als dass es sich ergeben hätte. Ein Friedensangebot klang wie ein richtiger Schritt und vielleicht konnten wir danach dazu übergehen, uns zu ignorieren. Dann würde die Anziehungskraft von ihm bestimmt von ganz allein wieder


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