Last Mile: Erlösung. Katie Ashley

Last Mile: Erlösung - Katie Ashley


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ich nur von einer Tierärztin behandelt werde statt von einem echten Arzt.“

      Annabel sah mich an und spitzte die Lippen. „Okay, und ich bin genauso beleidigt, dass ich von meinem Abend mit Rev weggeholt wurde, um mich um dich zu kümmern.“

      Ich grinste sie frech an. „Sorry, Süße, aber als du meinen Bruder geheiratet hast, hast du auch den Club geheiratet.“

      „Und in guten wie in schlechten Zeiten bedeutet in dem Fall, auf den Nachtisch zu verzichten, um dich zusammenzuflicken?“, fragte sie neckend.

      „Ganz genau.“ Ich betrachtete sie in ihrem sexy kleinen Schwarzen, das ihre Beine und ihre Titten betonte, und pfiff leise. „Ich muss aber gestehen, dass ich es besser habe als du, denn du siehst heute echt super aus, Mrs. Malloy.“

      Ihre Wangen wurden rosa und sie legte ihre medizinischen Sachen neben mich. Als sie mir in die Augen sah, lächelte sie. „Immer ganz der Schmeichler.“

      „Immer. Natürlich wäre es auch völlig idiotisch von mir, jemanden zu beleidigen, der gerade eine Nadel in mich stechen will.“

      „Ausnahmsweise klingst du mal richtig weise.“

      Während sie die Risse in meinem Gesicht säuberte, fragte ich sie: „Wieso genau ist Breakneck heute eigentlich nicht da?“

      „Er hat ein Date.“ Sie machte eine dramatische Pause und fügte dann hinzu: „Mit Kim.“

      Erstaunt zog ich die Augenbrauen hoch und zischte vor Schmerz. „Ist das dein verfickter Ernst?“

      Annabel nickte und warf die blutigen Tupfer in den Mülleimer. Ich konnte nicht behaupten, überrascht zu sein, dass der Mann es wieder wissen wollte. Seit Jahren war er geschieden, und obwohl er sich mit ein paar der älteren Clubhuren eingelassen hatte, war nie etwas Ernstes dabei gewesen. Weder im Club noch außerhalb. Aber heilige Scheiße, mit Kim, der Witwe unseres früheren Präsidenten. Zwar war es über ein Jahr her, seit Case umgebracht worden war, doch bis vor Kurzem war Kim noch in Trauer. Seit sie achtzehn war, hatte es für sie keinen anderen gegeben.

      „Ist das das neueste Gerücht im Club?“ Ich schnaubte. „Ihr Old Ladys seid ja ganz schön redselig.“

      „Zu deiner Information, ich weiß es von Rev, nicht von Kim.“

      „Im Ernst?“

      Sie nickte. „Breakneck hat wohl Rev um Rat gefragt, ob er Kim ausführen solle oder lieber nicht.“

      Sie rieb ein Desinfektionsmittel über meine Stirn. Es brannte wie die Hölle, aber ich wollte vor Annabel nicht wie ein Weichei rumheulen.

      Mit einem verträumten Ausdruck sagte sie: „Ich finde, das ist eine tolle Idee. Sie brauchen beide jemanden und sie sind beide im Club.“

      „Ja, aber die Old Lady eines Bruders zu poppen, ist schwer für einen Kerl.“

      Annabel sah mich entsetzt an, ehe sie grinste. „Du kannst so gut mit Worten umgehen.“

      „Vielen Dank.“

      „Außerdem glaube ich, es geht um mehr als …“, sie schluckte, „poppen, wie du es nennst.“

      „Letztendlich läuft es immer aufs Poppen hinaus.“

      „Für dich vielleicht, aber an einer Beziehung ist mehr dran als nur das.“

      Ich zwinkerte ihr zu. „Wir sollten uns darauf einigen, in dieser Sache uneinig zu sein.“

      „Von mir aus.“ Sie öffnete das Nähset, und ich wappnete mich dafür, gleich genäht zu werden.

      „Sag mal …“, begann sie.

      „Was?“

      „Wie passen eigentlich deine Kämpfe damit zusammen, dass die Raiders legal werden wollen?“

      Ich schenkte ihr meinen besten ahnungslosen Blick.

      Sie verdrehte die Augen. „Echt jetzt, Bishop, ich bin kein Idiot. Ich weiß, dass du nicht nur kämpfst, um Dampf abzulassen, und dass ihr eine Menge Geld daran verdient. Und bevor du Rev als Petze gegenüber seiner Old Lady bezeichnest … Er hat kein Wort gesagt. Ich bin ganz allein dahintergekommen.“

      Ich lachte in mich hinein und justierte meine Sitzposition auf dem Tisch. Deacon und Rev hatten sich starke, dickköpfige Frauen angelacht. Die besten Old Ladys waren diejenigen, die einfach wegschauten, keine Fragen stellten und den Mund hielten. Andererseits brauchte man eine starke Frau, um die anderen Frauen in Schach zu halten, besonders als Frau des Präsidenten. Annabel hatte genug durchgemacht, wodurch sie hart wie Stahl geworden war, und ich wusste, dass sie mit der Zeit zu einer Frau werden würde, zu der andere im Club als Frau ihres Anführers aufsehen würden.

      „Du hast recht. Ich mache es nicht nur aus Spaß. Sondern für das Preisgeld.“ Ich fluchte leise, als die Nadel in meine Haut drang.

      „Darf ich fragen, was du mit deinen Anteilen machst?“

      Ich biss die Zähne zusammen beim nächsten Stich. „Ich will nicht ewig ein Mechaniker sein, auch wenn es ein ehrlicher Job ist.“

      Annabels Hand hielt inne. „Was willst du denn sonst tun?“, fragte sie leise.

      Ich dachte darüber nach, sie abzublocken. Bisher hatte ich noch keinem von meinen langfristigen Zielen erzählt. Vielleicht hatten Deacon und Rev eine Ahnung bekommen, weil ich in meiner Freizeit alte Motorräder kaufte und sie wieder aufpolierte, doch offiziell hatte ich noch nicht darüber gesprochen.

      Bei meinem Zögern nähte Annabel weiter. „Oh, es ist etwas, das du mir nicht sagen willst, weil es illegal ist.“

      „Himmel, nein. So ist es nicht.“ Ich atmete tief durch. „Ich möchte irgendwann einen Motorradladen aufmachen. Ich restauriere gern welche.“

      „Das ist doch eine tolle Idee!“

      „Findest du?“

      Annabel nickte. „Na klar. Ich glaube, dass du alles auf die Beine stellen kannst, wenn du nur willst, B.“

      Es fühlte sich super an, ihre Zustimmung zu haben. „Danke. Das bedeutet mir viel.“

      Sie war fertig mit meiner Augenbraue, und ihr Ausdruck wurde ernst. „Also stehst du voll und ganz dahinter, in welche Richtung der Club jetzt geht?“

      Die Frage überrumpelte mich zwar, doch ich versuchte, neutral auszusehen. „Ich stehe immer hinter meinen Brüdern.“

      „Eine sehr diplomatische Antwort.“ Sie zupfte an einem Faden.

      Nach einer Weile des Schweigens atmete ich tief aus. „Ich weiß, dass ein paar Brüder aus anderen Chaptern denken, dass wir nur einen feigen Weg heraus suchen. Dass Deacon es nur angestoßen hat, weil er unter dem Pantoffel steht. Aber so ist es ja nicht.“

      „Und wie ist es deiner Meinung nach?“

      Ich schüttelte kurz den Kopf. Es gefiel mir nicht, so ernst über unser Leben zu sprechen, besonders nicht mit einer Frau. Doch Annabel hatte auf ihre eigene Weise Respekt verdient. „In den letzten fünf Jahren habe ich meinen alten Herrn und meinen Präsidenten verloren. Deacon wäre beinahe in die Luft geflogen, Rev wurde gefoltert und ist fast gestorben und ich wurde angeschossen. Ich bin fünfundzwanzig Jahre alt. Und wenn der Scheiß so weitergeht, werde ich die Dreißig nicht erreichen. Jedes Mal, wenn man einen Bruder beerdigen muss, nagt das an einem. Und selbst wenn ich älter werde als dreißig, will ich auf keinen Fall noch jemanden verlieren, besonders nicht Deacon und Rev. Es ist ein verfickter Teufelskreis und wir müssen einfach etwas ändern.“

      „Der Tod ist also dein größter Motivator.“

      „Fuck, ja.“

      „Machst du dir nie Sorgen, ins


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