Rittmeister Segendorf. Elisabeth Krickeberg

Rittmeister Segendorf - Elisabeth Krickeberg


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jedem Fall kann man Ihnen Glück wünschen zu der Erwerbung dieses Inspektors, sein Vater führt eine Musterwirtschaft, und der Sohn tritt in seine Fusstapfen.“

      Der Baron brach das Gespräch ab, die ganze Sache war ihm peinlich. In welch missliche Lage hatte ihn das unbegreifliche Schweigen dieses Müller dem Obersten gegenüber gebracht, was musste der über sein Verhältnis zu seinem Inspektor denken, wenn er nicht einmal die einfachsten Tatsachen von dessen Herkunft kannte.

      Gewiss, Müller hatte ihn nicht belogen, ihm „nichts vorgeflunkert“. Als Hans Georg Müller aus Schwentien war er bei ihm eingetreten, und es lag keine Verpflichtung für ihn vor, ihm zu offenbaren, dass er Reserveoffizier und selber Grossgrundbesitzer sei; aber aus Gründen der Höflichkeit und des Taktes hätte er es ihm nicht verschweigen dürfen, um ihm Beschämungen und unangenehme Überraschungen zu ersparen.

      Dem alten Herrn stieg jetzt das Blut zu Kopf, wenn er daran dachte, dass er diesen Müller in dem einfachen Dorfkrug speisen liess, dass er ihm in der ersten Zeit sein Misstrauen und seine gesellschaftliche Überlegenheit deutlich gezeigt, ihm die Schranken seiner untergeordneten Stellung genau gewiesen hatte. Wie mochte der junge Mann aus reichem, angesehenen Hause sich im geheimen über den verarmten, anmassenden Adeligen lustig gemacht haben, und dann das Benehmen Mites Müller gegenüber, Bombenelement, man musste sich die Augen aus dem Kopfe schämen! Aber das Mädel sollte ihm dafür büssen, — und die Siebenstein auch, weil sie ihr „Goldkind“ nicht zur Räson gebracht hatte.

      Er lief noch immer aufgeregt in seinem Zimmer auf und ab, als ihm der, an den er mit so viel Eifer und Unmut dachte, gemeldet wurde. „Sie kommen wohl, um sich an meiner Verlegenheit zu weiden, Herr Müller,“ empfing er ihn, „und zu hören, wie es sich ausnimmt, wenn ein alter Mann einen jungen um Verzeihung bitten muss.“

      „Ich wüsste nicht, Herr Baron, aus welchen Gründen Sie mich um Verzeihung zu bitten hätten! Im Gegenteil, ich bin gekommen, um Ihnen meine Bitte um Verzeihung zu sagen.“

      „Haben’s auch nötig, das weiss der Deibel; denn solche Heuchelei — nehmen Sie es mir nicht übel —“

      Müller unterbrach ihn: „Ich weiss, was Sie meinen, Herr Baron, und ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, dass ich aus bestimmten Gründen zu diesem Versteckspielen gezwungen war und auch jetzt noch nicht in der Lage bin, Ihnen über das Warum Aufklärung zu geben. Aber was liegt denn auch Besonderes vor? Ich habe vielleicht nicht nötig, eine Stellung anzunehmen und zu arbeiten, wie ich es hier tue. Das erstere ist geschehen aus einer Veranlassung, die ich Ihnen eines Tages auseinandersetzen, und die Sie dann sicher auch verstehen und billigen werden, und das zweite geht einfach notgedrungen aus dem ersten hervor. Denn wenn ich eine Pflicht übernommen habe, so pflege ich sie auch stets nach besten Kräften zu erfüllen.“

      „Gut, Sie mögen einen Grund haben, eine Stellung anzunehmen; welchen Grund aber könnte es geben, durch Verschweigen gerechtfertigter Ansprüche freiwillig auf die Verbesserung eines ‚Dienstverhältnisses‘, nennen wir es beim rechten Namen, zu verzichten?“

      „Herr Baron, ich bin auf Segendorf lediglich Inspektor, nichts weiter, und nebenbei, wie ich hoffe, ein anständiger Mensch, ich wünsche keine bessere Behandlung, als diesen beiden zukommt; was darüber hinausliegt, würde mich nur in meiner Bewegungsfreiheit hindern —“

      „Die Ihnen allerdings sehr hoch steht“, unterbrach ihn der Baron.

      „Gewiss! Die mir unbedingt notwendig ist —“

      „Na und nun — da das Geheimnis Ihrer Person nun einmal teilweise gelüftet ist?“

      „Das beklage ich tief, Herr Baron, aber ich wüsste nicht, dass es irgendeine Änderung des Bestehenden herbeiführen könnte.“

      „Sie wollen doch nicht sagen, dass unser Verhältnis weiter wie bisher bestehen soll, dass Sie der Packesel bleiben wollen, das Mädchen für alles hier auf Segendorf, der simple Inspektor, der denkbar bescheiden wohnt, im Dorfkrug speist, mit den Knechten des Morgens aufsteht, ja, der ärger schuftet als ein Knecht?“

      „Ich will das nicht nur sagen, Herr Baron, ich stelle es geradezu als Bedingung für mein ferneres Bleiben. Ich habe Ihnen versichert, Herr Baron, dass ich ausführe, was ich mir einmal vorgenommen habe. Ich setze meine Ehre darein, den Betrieb auf Gut Segendorf in ein ruhiges, gesichertes Fahrwasser zu leiten; ist mir das gelungen, trete ich ab — nicht eher, und bis dahin bitte ich Sie, mich frei gewähren zu lassen, wie Sie es mir ja kontraktlich zugesichert haben.“

      „Das ist ja eine ganz verkehrte Welt“, rief der alte Herr. „Sie bitten mich, Ihnen zu gestatten, sich für mich, einen Ihnen fremden Menschen, abzuplagen, Ihr Wissen, Ihre Kraft für ein Trinkgeld zu opfern und dabei unbehaglicher zu leben, als Sie es je gewöhnt waren, sich von einem kleinen törichten Mädel schlecht behandeln zu lassen ...“

      Da hob Müller, Einhalt gebietend, seine Hand: „Das bitte ich noch besonders, Herr Baron, dass Sie dem gnädigen Fräulein keine Aufschlüsse über meine Person geben und ihm um meinetwillen auch nicht den geringsten Vorwurf machen. Ich bitte Sie, Herr Baron, mir das zu versichern, es gehört mit zu den Bedingungen, die ich für mein Bleiben stelle.“

      „Ich kann mir denken, dass Sie sich den Kuckuck um die Mite kümmern, und ihr selber ist eine Beschämung als Strafe wohl zu gönnen; aber es beschämt mich mit, und das ist für den alten Segendorf eine neue Lage, die ihm nicht beneidenswert erscheint, mein junger Freund.“

      „Der Baron von Segendorf hat wahrhaftig nicht nötig, sich beschämt zu fühlen. Ich hatte gehofft, mein Geheimnis bis zu dem Augenblick bewahren zu können, da ich meine Aufgabe für abgeschlossen betrachten darf, weil ich die Skrupel voraussah, die Sie, Herr Baron, empfinden würden über die an sich so einfache und verständliche Tatsache, dass ein junger Mann in einer nicht ganz leichten Aufgabe seine Kräfte zu bewähren und zu stählen sucht. Er hat Ihnen zum mindesten so viel zu danken wie Sie ihm, und ein Grund, sich bedrückt zu fühlen, liegt für keinen von beiden vor. Also ich wiederhole meine Bitte, Herr Baron, alles beim alten zu belassen, oder ich sehe mich gezwungen, zu gehen.“

      „Sie setzen mir das Messer an die Kehle, denn Sie wissen ganz genau, dass Sie mir unentbehrlich sind und ich tun muss, was Sie wollen. Also es sei denn, wie Sie es wünschen, und seien Sie versichert, dass ich mir in meinem ganzen Leben noch nicht so edel und grossmütig vorgekommen bin, wie in diesem Augenblick, da ich einem Mann, den ich hochschätze, die Erlaubnis erteile, meinetwegen in unwürdigen Verhältnissen zu verharren“ — er lachte bitter spöttisch auf — „hätte nicht geglaubt, dass ich noch im Alter lernen sollte, die Augen niederzuschlagen. — Na ...“, er machte eine verächtliche Gebärde mit der Hand, „es kommt nun auf eins heraus, lassen wir es für heut ...! Sie werden doch nachher unser Gast sein beim Essen?“

      „Ich wollte mir eben Ihre Erlaubnis erbitten, nach Herbstwalde hinüberzureiten, wo mein zukünftiger Schwager im Quartier liegt.“

      „Sie sind Ihr freier Herr, mein Lieber, ich gebe Ihnen aber zu bedenken, dass bei der Anwesenheit Ihrer Kameraden auf Segendorf Ihr Fernbleiben vom Essen mich den Herren gegenüber nicht gerade in ein besseres Licht setzen wird, als ich bei ihnen wegen Ihres Verhältnisses in meinem Hause ohnehin bereits stehe.“

      Einen Augenblick noch schwankte Müller, dann sagte er: „Ich nehme mit Dank an und werde erscheinen.“

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