Jung Beck. M. McDonnell Bodkin
bestreite ich nicht. Er mag ja seelengut sein, aber ich liebe nur solche Männer, in denen ein Stückchen Teufel steckt, wie in seinem alten Papa.“
„Oh, auch der junge Beck hat den Teufel im Leibe, wenn er gereizt wird.“
„Um den aus seiner Ruhe zu bringen, dazu gehört wohl mindestens ein Erdbeben.“
„Du irrst dich, das hat sogar schon ein Mädchen zuwege gebracht,“ entfuhr es mir unwillkürlich, und nach fünf Minuten hatte mir Gerty die ganze Geschichte von Miss Bloom und den Bertrams abgefragt.
„Ich werde dir die Zwillinge morgen vorstellen,“ sagte ich. „Sie sind augenblicklich die Löwen des Tages.“
„Ist das junge Mädchen, Miss — wie hiess sie doch nur — Miss Blood eigentlich hübsch?“
„Bloom, Miss Bloom. O ja, sie sieht recht gut aus, ist mir aber ein bisschen zu still. Du kannst sie dir morgen ja auch mal ansehen.“
„Ich?“ fragte Gertrud mit verächtlichem Achselzucken. „Ich wüsste nicht, wie ich dazu käme. Gute Nacht jetzt, Charlie, wir sollten beide längst im Bett sein.“
Am nächsten Morgen aber fiel ihr ein, dass sie für unsern alten Herrn, der in vierzehn Tagen Geburtstag hatte, eine Zigarrentasche besorgen müsse, die sie ebensogut bei Miss Bloom, dem Schützling meines Freundes, kaufen könne.
Man kann sich kaum einen grösseren Gegensatz vorstellen als die beiden jungen Mädchen, die einander da in dem kleinen Laden gegenüberstanden. Ich kann über Gertruds Schönheit, obwohl sie meine Schwester und ein seelengutes Mädchen ist, nicht so ausser mir geraten, wie ich es von andern verschiedentlich gehört habe; dennoch muss ich zugeben, dass sie eine ausserordentlich schöne Figur und Haltung hat. Ihr federnder Gang, die blitzenden braunen Augen in der Farbe alten Sherrys und die kastanienbraunen Löckchen um Stirn und Nacken sind geradezu verführerisch, und ich kenne kein reizenderes Mädchen als Gertrud, wenn sie reizend sein will. Doch kann sie auch ein heiliger Schrecken für ihre Umgebung werden, sobald sie übler Laune ist, was ich ein- oder zweimal zu meinem Schaden auskosten musste. Die kleine Miss Bloom wurde von Gertys sieghafter Schönheit völlig in den Schatten gestellt und sah neben ihr aus wie ein unbedeutendes, niedliches Mäuschen.
Es schien mir so, als ob Gertrud ein wenig gereizter Stimmung sei, als wir den Laden betraten; doch liess sie sich der kleinen Bloom gegenüber nicht das geringste merken. Freundlich, ohne verletzende Herablassung, plauderte sie mit ihr, während sie ein silbernes Zigarrenetui für den alten Herrn auswählte, und bemerkte dann, als wir wieder ins Freie traten: „Niedliches Persönchen! Wie gemacht für deinen Freund. Das Pulver scheint sie nicht gerade erfunden zu haben.“
„Was willst du damit sagen?“
„Was dir beliebt.“
„Du täuschest dich ganz gehörig in Beck, Gerty,“ erwiderte ich hitzig. „Er ist durchaus kein Dummkopf, wie du zu glauben scheinst, sondern vielmehr ein ganz gewitzter Bursche, auf den man sich in jeder Beziehung verlassen kann. Soviel ich weiss, macht er sich übrigens aus Miss Bloom ebensowenig wie aus jedem andern Mädchen.“
„Warum will er sich denn um ihretwillen mit den Bertrams schlagen?“
„Da hast du eben den ganzen Beck! Dasselbe würde er auch für dich oder jedes beliebige andre Mädchen tun, sobald euch jemand zu nahe träte.“
„Ich danke bestens,“ erwiderte Gertrud scharf; „ich hoffe, seiner Dienste niemals zu bedürfen.“ Hätte sie doch in diesem Augenblick in die Zukunft sehen können!
Ich glaube aus reinem Widerspruchsgeist tat sie später, nachdem ich ihr die Bertrams vorgestellt hatte, als sei sie von den Zwillingen höchlichst entzückt. Natürlich tischten ihr diese sofort die Geschichte ihrer Lebensrettung mit sämtlichem Drum und Dran auf, so dass mir schliesslich ganz übel wurde. Gertrud dagegen zeigte sich sehr angenehm berührt und bot den Zwillingen gegenüber ihre ganze Liebenswürdigkeit auf, besonders wenn Beck in der Nähe war.
„Ich würde mich entschieden in einen von den Bertrams verlieben,“ sagte sie zu mir; „wenn ich nur wüsste, in welchen.“
Mrs. Beck und meine Schwester wurden noch vor Ablauf der Woche die besten Freundinnen, und ich habe Gerty nie so heiter und aufgeräumt gesehen wie in Gesellschaft dieser kleinen Frau; dagegen kamen Gertrud und der junge Beck einander um keinen Schritt näher.
Zwar hatte mein Freund nach jenem ersten Zusammentreffen seine Schüchternheit völlig abgelegt und war genau so kühl und höflich wie Gerty selbst. Doch dabei blieb es auch die ganzen vierzehn Tage hindurch, obwohl von eigentlichen Reibereien zwischen den beiden nie die Rede war.
Ich fühlte mich nicht wenig enttäuscht, denn jung und töricht, wie ich damals war, hatte ich mir eingebildet, sie müssten aneinander Gefallen finden.
Mein alter Herr allerdings wurde fuchsteufelswild, als ich ihm eines Abends in meinem Zimmer eine darauf hinzielende Andeutung machte.
„Ich denke in solchen Dingen zwar freier als die meisten meiner Standesgenossen,“ rief er aufspringend und erregt im Zimmer auf und ab gehend; „dennoch muss ich sagen, Charlie, dass ich nicht begreife, wie du eine derartige Möglichkeit auch nur einen Moment ins Auge fassen konntest. Du scheinst völlig zu vergessen, dass hier doch gewisse Unterschiede zu beachten sind.“
„Du brauchst dich gar nicht so aufzuregen, Papa,“ versuchte ich ihn zu beschwichtigen; „es ist nicht die geringste Gefahr vorhanden.“
Nichtsdestoweniger brauchte er reichlich zwanzig Minuten, um sich zu beruhigen, und liess am nächsten Morgen meinen Freund jene bewussten Unterschiede recht deutlich merken, so dass ich mich innerlich einen zehnfachen Esel schalt.
Alles in allem aber schien selbst der alte Herr von dem Ausflug nach Cambridge schliesslich doch voll befriedigt zu sein. Gerty küsste Mrs. Beck zum Abschied und wäre auch dem alten Beck beinahe um den Hals gefallen, was dieser augenscheinlich nicht ungern gesehen hätte. Gegen meinen Freund aber war sie kalt wie Eis.
„Leben Sie wohl, Mr. Beck,“ sagte sie; „und vielen Dank für die genussreichen Stunden.“
„Leben Sie wohl, Miss Kirwood,“ erwiderte er in genau demselben Tone. „Es freut mich, wenn Sie vergnügt gewesen sind.“
2. Grossschlemm
Ein paar Tage nach der Abreise meiner Angehörigen bekam ich Beck nicht viel zu Gesicht, denn er hatte Aussicht, zum Schlagmann des Collegebootes gewählt zu werden, und nahm es mit dem Training sehr ernst. So war ich denn mehr und mehr auf die Zwillinge angewiesen, mit denen ich nach wie vor Karten spielte und hartnäckig verlor. Jedesmal, wenn die beiden Bertrams Partner waren, gewannen sie, und die Ziffer meiner Verluste begann eine Höhe zu erreichen, bei der mir doch allmählich schwül wurde.
Aus diesem Grunde wünschte ich sehnlichst, Beck wieder mit den Zwillingen zusammenzuführen, denn er war ein Meister im Bridgespiel, und ich wollte den Bertrams gern zeigen, was wir beide zusammen leisten könnten. Allein ich wagte nicht, meinen Wunsch laut werden zu lassen, da ich nicht sicher war, wie Beck ihn aufnehmen würde.
Eines Tages schnitt er jedoch selbst das Thema an, und ich glaube, er hatte mich nur deshalb zu einem Glas Bowle auf sein Zimmer eingeladen, um mit mir darüber zu sprechen.
„Deine Zwillinge sind Schwindler, Kirwood,“ begann er ganz unvermittelt, nachdem er mir ein hohes Glas Apfelweinbowle eingegossen hatte.
„Wenn du gegen einen Menschen einmal ein Vorurteil hegst, dann lässt du wahrhaftig kein gutes Haar an ihm,“ erwiderte ich ärgerlich.
„Du sollst sofort meine Gründe hören und danach selber urteilen,“ bemerkte er kurz. „Hast du mir damals nicht erzählt, die Zwillinge könnten weder rudern noch schwimmen?“
„Allerdings. Grössere Tölpel im Boot und im Wasser sind mir noch nicht vorgekommen.“
„Und du bist ganz sicher, dass es nicht bloss Spiegelfechterei war?“
„Lieber