Unsichtbare Architektur. Inge Podbrecky
[…] die Neue Burg auf diese Weise zu einem großangelegten Kaiser-Franz-Josephs-Denkmal auszugestalten. Die Säulenhalle im ersten Stock […] soll zu einer Ruhmeshalle der franzisko-josephinischen Zeit ausgestaltet werden“, mit Statuen von Kriegshelden, Künstlern und Erfindern. Grundlage für dieses Konzept war ein Projekt von Rudolf Perthen (ein ehemaliger Mitarbeiter von Leopold Bauer268) und Bildhauer Drobil aus dem ersten Wettbewerb, das eine kolossale Porträtfigur des Kaisers auf dem Balkon in der Mittelachse der Semperschen Exedra am Heldenplatz umfasste und zugleich eine Sinnstiftung für die Innenräume der vor allem auf Repräsentation ausgerichteten Exedra betrieb – im Anschluss an zahlreiche österreichische Ruhmenshallenprojekte seit dem 19. Jahrhundert. Die Kaiserstatue (Abbildung 51) sollte wohl auch die Serie patriotischer Denkmäler auf dem Platz – Erzherzog Karl und Prinz Eugen, auf der anderen Seite der Ringstraße Kaiserin Maria Theresia – komplettieren. Ende April 1937 wurde immer noch der Standort diskutiert; das Landwirtschaftsministerium hatte sich gegen den Standort im Volksgarten ausgesprochen.269 Im November hieß es, man wolle zum Standort die Bevölkerung befragen.270 Danach verschwand das Denkmal aus den Medien. Holzmeister berichtete 1976, die „eingetretenen politischen Verhältnisse haben den Sinn für die Verehrung dieses geliebten Kaisers verlieren lassen.“271 Der Balkon sollte wenig später als Standort der Rede Hitlers beim „Anschluss“ dienen. In der Zweiten Republik wurde der Heldenplatz zum Ort zahlreicher politischer, religiöser und sportlicher Manifestationen. Mit der aktuellen Errichtung des Ausweichquartiers für das österreichische Parlament auf dem Heldenplatz wird diese patriotische Kodierung des Ortes in die Gegenwart hinein weitergeschrieben.
Abbildung 51: Kaiser-Franz-Josephs-Denkmal auf dem Balkon der Neuen Burg, Fotomontage (ANNO/ÖNB Wiener Bilder, 28. September 1937, 3)
Resümee
Den deutlichsten Einschnitt parallel zum politischen Wechsel markierten Straßen- und Gemeindebauumbenennungen und Denkmalverhüllungen beziehungsweise -beseitigungen, also negative Maßnahmen, die keine Produkte hervorbrachten. Von den geplanten „gewollten Denkmalen“ des Austrofaschismus wurden nur wenige ausgeführt. Das einzige Großprojekt, das Dollfußforum auf der Schmelz, blieb unausgeführt, ebenso das Denkmal der Arbeit, und das Dollfußdenkmal auf dem Ballhausplatz kam über das Fundament nicht hinaus. Die „Dollfuß-Führerschule“ wurde in reduzierten Dimensionen an einem zentrumsfernen und wenig besuchten Standort errichtet.
Geblieben ist die im öffentlichen Raum unsichtbare Umgestaltung des Burgtors zum „Heldendenkmal“, die sich möglicherweise dem Respekt vor dem bereits traditionell mit dem Kriegergedächtnis verbundenen Gebäude verdankt, das Dollfußdenkmal in der Michaelerkirche und die einstige „Führerschule.“ Bei den weiteren Denkmälern lässt sich eine gewisse Tendenz zum konventionellen gegenständlichen Sujet (Marco d’Aviano, Kaiser Franz Joseph, Kanzler Dollfuß) nachvollziehen, wenn auch nicht überall (Denkmal der Arbeit, Siegerprojekt). Manches blieb unentschlossen und uneindeutig, wie zum Beispiel die geplante Umkodierung des Lassalledenkmals. Die zahlreichen Hauszeichen mit ihren lokalhistorischen Bezügen und auch das Marco-d’Aviano-Denkmal mögen zu ihrer Entstehungszeit mit dem Regime in Verbindung gebracht worden sein, heute funktioniert diese Rezeption ohne Kenntnis des historischen Kontexts überhaupt nicht mehr.
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