Dr. Brinkmeier Staffel 3 – Arztroman. Sissi Merz

Dr. Brinkmeier Staffel 3 – Arztroman - Sissi Merz


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ihr ja geraten, sich noch bedeckt zu halten. Eigentlich hatte sie diesen Ratschlag beherzigen wollen. Die Sehnsucht in ihrem Herzen aber machte ihr einen Strich durch die Rechnung. Und schließlich entschied sie sich, in die Offensive zu gehen.

      In Holy Spirit herrschte tiefste Nacht, während in Wildenberg eben erst der Abend angebrochen war. Es war Sonntag, Max hatte den Nachmittag mit Anna Stadler verbracht. Gemeinsam waren sie ein wenig gekraxelt und hatten dann noch zusammen mit Afra und Josef zu Abend gegessen.

      Als das Telefon anschlug, war Anna gerade allein im Zimmer. Max holte eine Flasche Wein aus dem Keller, weshalb die schöne Apothekerin beschloß, den Anruf entgegen zu nehmen. Vielleicht handelte es sich ja um einen Notfall.

      »Stadler, hallo?« Sie lauschte angestrengt in den Hörer, doch außer einer Menge Störgeräuschen war nichts zu hören. Als sie bereits auflegen wollte, meldete sich Julia doch noch.

      »Hier ist Bruckner, ich würde gerne den Max sprechen.«

      Anna blieb die Luft weg. Sie schloß die Augen und brauchte ein paar Sekunden, um antworten zu können. Und was sie dann sagte, das klang alles andere als freundlich. »Ja, Sie haben Nerven! Ich fasse es net! Wie kommen Sie dazu, nach allem, was Sie dem Max angetan haben, hier anzurufen?«

      »Anna, ich bitte Sie, das werde ich ganz bestimmt net mit Ihnen diskutieren. Ich möchte den Max sprechen.«

      »Ja, das kann ich mir denken. Aber bilden Sie sich nur nicht ein, daß ich Ihnen auch noch dazu verhelfe. Das ist eine einzige bodenlose Unverschämtheit, wissen Sie das? Nachdem Sie abgehauen sind, ist es dem Max total mies gegangen. Gelitten hat er wie ein Hund. An nix hatte er mehr eine Freude, nix hat ihn aufmuntern können. Er hat sogar daran gedacht, alles hier aufzugeben und fortzugehen, weil ihm das Leben so sinnlos erschienen ist. Und jetzt, wo er endlich wieder ein bissel Spaß an seinem Beruf hat und langsam wieder der Alte wird, da tauchen Sie aus der Versenkung auf und wollen ihm erneut schaden. Das ist net zu glauben.«

      »Nun machen Sie aber mal einen Punkt, Anna«, forderte Julia ärgerlich. »Sie mischen sich da in Dinge ein, die Sie überhaupt nix angehen.«

      »So? Denken Sie? Dann will ich Ihnen mal was sagen. Der Max und ich, wir waren zusammen im Urlaub, auf einem Sennhüttel bei Wimbach. Wir verstehen uns wirklich gut. Er ist jetzt wieder glücklich. Und ich werde alles tun, um zu verhindern, daß Sie ihn erneut unglücklich machen und enttäuschen.«

      Julia schwieg eine Weile, schließlich fragte sie leise nach: »Sie sind zusammen weggefahren? Das kann ich net glauben.«

      »Glauben Sie es nur, weil es stimmt. Vielleicht machen Sie sich mal ein paar Gedanken darüber, daß man sein Leben net an zwei Orten gleichzeitig führen kann. Als Sie fortgegangen sind, da haben Sie sich gegen den Max entschieden. Sie können das drehen und wenden, wie Sie wollen. Aber es ist eine Tatsache. Und ich habe Ihnen schon einmal gesagt, daß ich alles tun werde, damit der Max Sie vergißt, wenn Sie ihn wieder verlassen.«

      Dr. Bruckner wußte nicht, was sie davon halten sollte. Im Grunde hatte sie bereits etwas ähnliches erwartet. Schließlich wußte sie, daß Anna Stadler in Max verliebt war. Doch daß er sich mit einer anderen trösten würde, noch dazu so schnell, das konnte und wollte sie nicht glauben.

      »Wenn Sie konsequent sind, dann lassen Sie Max jetzt in Ruhe«, riet Anna Stadler ihr noch, dann legte sie auf.

      Julia ließ den Hörer sinken und blickte eine ganze Weile nachdenklich vor sich hin. Als gegen ihre Tür geklopft wurde, bat sie automatisch »Herein«. Es war Schwester Mary, die mit ihrem Gehgips nun schon wieder recht mobil war.

      »Ich habe noch Licht bei Ihnen gesehen, Frau Doktor, und wollte fragen, ob Ihnen etwas fehlt.«

      »Setz dich ein wenig zu mir, Mary, ich kann Zuspruch gebrauchen«, bat die junge Ärztin niedergeschlagen.

      »Haben Sie Doktor Brinkmeier immer noch nicht erreicht?«

      Sie schüttelte den Kopf. Und dann mußte sie unvermittelt weinen. Mary reichte ihr ein Taschentuch und strich ihr mitfühlend über den Arm. »Die Trennung war schlimm, nicht wahr? Als Sie nach Wildenberg gefahren sind, war ich sicher, daß wir Sie hier nie wiedersehen würden.«

      Julia schneuzte sich und gab zu: »Ich wollte bei Max bleiben, wir wollten endlich heiraten. Ich habe es mir so sehr gewünscht! Und jetzt frage ich mich, ob ich nicht einen schlimmen Fehler begangen habe. Eben habe ich mit Anna Stadler gesprochen. Es war abzusehen, aber es hat mich doch geschockt zu erfahren, wie sehr sie sich nun anstrengt. Sie versucht alles, um Max für sich zu gewinnen. Und ich kann nix dagegen tun. Ich erreiche ihn ja nicht mal mehr telefonisch. Ach, es ist alles falsch gelaufen. Ich hätte in Wildenberg bleiben müssen. Jetzt habe ich Max vielleicht für immer verloren. Und ich weiß net, wie ich so weiterleben woll. Ich liebe ihn so sehr!«

      Schwester Mary nickte. »Ja, das weiß ich. Schließlich haben wir zehn Jahre hier zusammengearbeitet. Und deshalb finde ich, sollten Sie nicht so verzweifelt sein. Dr. Brinkmeier liebt Sie ebenso. Was immer diese Anna Ihnen erzählt hat, es hat nichts zu bedeuten. Sie besitzen sein Herz – für immer.«

      Die weisen Worte der farbigen Nonne taten Julia gut und beruhigten ihr aufgewühltes Herz ein wenig. »Ja, wahrscheinlich hast du recht, Mary. Aber ich weiß trotzdem nicht, was werden soll. Die Situation ist so schwierig. Ich sehe keinen Weg.«

      »Sie werden ihn finden. Das haben Sie bisher doch immer geschafft«, war die Ordensfrau überzeugt. »Mit unserer und Gottes Hilfe wird es Ihnen gelingen.«

      *

      Dr. Max Brinkmeier schaute seinen Vater fragend an. »Magst net doch mitkommen? Die Eggerers sind nette Leut’, die würden sich gewiß freuen, dich kennenzulernen.«

      »Schließlich bist der Vater vom Lebensretter«, spöttelte Afra, die ein wenig beleidigt war, weil man sie nicht auch eingeladen hatte, an der großen Bauernhochzeit auf dem Einöd-Hof teilzunehmen. »Sicher hättest da einen besonderen Stuhl mit einem Blütenkränzel bekommen…«

      Josef warf der Hauserin einen strengen Blick zu und mahnte sie: »Wennst weiterhin so frech bist, muß ich mal andere Saiten aufziehen, Afra.«

      »So? Und welche?«

      »Vielleicht schicke ich dich in den Ruhestand und engagiere mir eine junge kurvenreiche Hauserin…«

      »Ja, damit die Milch sauer wird«, brummte sie und verließ die Stube. Max mußte schmunzeln, sein Vater meinte: »Ich lasse der Anna und dir den Spaß und bleibe daheim. Falls ein Notfall eintritt, sollte im Doktorhaus doch jemand zu erreichen sein.«

      »Also schön, wie du willst. Dann bringen wir dir aber wenigstens ein Kuchenpaket mit. Einverstanden?«

      Brinkmeier senior lächelte zufrieden. »Sehr.«

      Wenig später hatte Max Anna

      Stadler in der Rosenapotheke abgeholt, und sie hatten sich gemeinsam auf den Weg nach Wimbach gemacht. Die hübsche Blondine trug ein traditionelles Festtagsdirndl, das ihr gut stand und ihre schlanke Figur vorteilhaft betonte. Max hatte ihr bereits ein Kompliment gemacht und gab sich während der Fahrt sehr aufgeräumt. Ein wenig plagte Anna doch das schlechte Gewissen. Sie dachte daran, Max von Julias Anruf zu erzählen. Aber wenn sie das tat, mußte sie auch zugeben, daß sie die junge Ärztin nicht sehr fair behandelt hatte. Und sie war fast sicher, daß Max ihr das übelnehmen würde…

      »Bist so still, Anna. Hast was?« fragte er, als das Gespräch immer einseitiger wurde. »Doch keinen Kummer?« Er seufzte leise. »Ich fühle mich ein bissel schuldig, weil ich dich in letzter Zeit so sehr mit Beschlag belegt hab’. Da ist dein eigenes Privatleben freilich zu kurz gekommen, net wahr?«

      Welches Privatleben? hätte sie ihn am liebsten gefragt. Seine Worte bewiesen ihr einmal mehr, daß er sich über ihre wahren Gefühle ihm gegenüber in keiner Weise im klaren war. Und sie hatte keine Lust, ihm ein Licht aufzustecken. In keiner Beziehung. Deshalb lächelte sie ihm lieb zu und versicherte: »Ich melde mich schon, wenn’s wo hakt. Heut’ möchte ich nur das Fest genießen und es mir so richtig gut gehen lassen. Und ich würde mich freuen, wennst öfter mal mit mir


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