Dr. Brinkmeier Staffel 3 – Arztroman. Sissi Merz

Dr. Brinkmeier Staffel 3 – Arztroman - Sissi Merz


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schön, Vater, aber ich finde, ihr habt’s euch viel zu viel Arbeit gemacht. Wenn ich allein an die vielen Kuchen denke, die die Afra gebacken hat… Das wäre doch net nötig gewesen.«

      Brinkmeier senior setzte sich zu seinem Sohn an den Frühstückstisch. Die beiden sahen sich sehr ähnlich, hatten beide sandblondes Haar und grau-blaue Augen. Josef war sozusagen die ältere Ausgabe von Max. Und auch was das Wesen betraf, ähnelten sie sich. Sie waren beide Mediziner mit Leib und Seele, wobei es ihnen darum ging, ihren Patienten wirklich zu helfen. Nicht nur ihre körperlichen Leiden zu kurieren, sondern den ganzen Menschen mit all seinen Problemen zu sehen. Und wenn sie dann einen Erfolg erringen konnten, war ihnen das Lob und Dank zugleich. Bescheiden waren sie, die Brinkmeiers, und sie mochten es nicht, wenn um ihre Person viel Aufhebens gemacht wurde.

      In diesem Fall aber war Josef anderer Ansicht als sein Sohn und ließ ihn das auch wissen: »Es ist jetzt bald ein Jahr her, dass du zurück nach Wildenberg gekommen bist, Bub. Und ich bin mit der Afra einer Meinung, dass wir heut auch daran denken und uns ein bissel darüber freuen wollen. Deshalb soll dein Geburtstag etwas Besonderes sein in diesem Jahr.«

      Der junge Mediziner machte ein nachdenkliches Gesicht. »Ein Jahr ist es schon her? Mei, das ist mir gar net bewusst gewesen.« Dachte er daran, wie schwer es ihm seinerzeit gefallen war, diesen Einschnitt in seinem Leben zu setzen, konnte er das heute nur noch bedingt nachvollziehen…

      Vor einem Jahr hatte Max noch auf der kleinen Missionsstation Holy Spirit im ruandischen Hochland gelebt und gearbeitet. Gut zehn Jahre lang waren für ihn und Dr. Julia Bruckner, die Frau, die er liebte, die Station und ihre Kranken zur Lebensaufgabe geworden. Direkt nach dem Studium war das junge Paar in die Entwicklungshilfe gegangen und hatte aus der kleinen, schlecht eingerichteten Station, auf der nur ein paar Nonnen gelebt hatten, ein funktionierendes Buschhospital gemacht. Niemals wäre es Max in den Sinn gekommen, dass er Holy Spirit einmal freiwillig verlassen würde. Doch dann war sein Vater krank geworden und hatte die Landarztpraxis in Wildenberg nicht mehr allein führen können. Zwischen Vater und Sohn hatte nicht eben das beste Einvernehmen geherrscht. Josef hatte sich seinerzeit gewünscht, dass Max nach dem Studienabschluss in seine Praxis einstieg. Dass dieser lieber »auf Abenteuer« ausging, hatte der Vater ihm übel genommen. Und er hatte auch nicht daran gedacht, Max zur Rückkehr zu bewegen.

      Christel Brenner, seine langjährige Sprechstundenhilfe, hatte da vermitteln müssen. Letztlich hatte Max sich für Wildenberg entschieden und diese Entscheidung nicht bereuen müssen. Er liebte sein Heimattal und ging in seiner Arbeit auf. Das einzige, was ihm täglich fehlte, war Julia Bruckner. Aber sie hatte sich für die Station entschieden, und damit musste Max sich abfinden. Auch wenn es ihm alles andere als leichtfiel.

      »Du hast dich als mein Nachfolger mehr als bewährt«, sagte Josef nun in die Gedanken seines Sohnes hinein. »Und ich muss net sagen, wie stolz ich auf dich bin, Max. Aber etwas macht mir schon Kummer. Weißt, was ich meine, gelt?«

      Der Landarzt lächelte schmal. »Freilich, mir macht es ja auch Kummer, dass die Julia wieder fort ist. Ich hab’ zwar gelernt, irgendwie damit zu leben. Doch auf Dauer ist das kein Zustand, da hast recht, Vater.«

      »Hast dir mal ein paar Gedanken gemacht, was in Zukunft geschehen soll? Wenn ich mich an Julias Besuch vor ein paar Wochen erinnere, dann weiß ich net recht, was ich davon halten soll. Und du wohl auch net, oder?«

      Max seufzte schwer. Er dachte an die Wochen, die Julia in Wildenberg verbracht hatte. Angeblich hatte sie es in Afrika ohne ihn nicht mehr ausgehalten. Aber dann war ein Kollege aus der Missionsstation aufgetaucht, und Julia hatte ihn begleitet. Für Max war das ein schwerer Schlag gewesen, zumal sie bereits Heiratspläne geschmiedet hatten.

      »Weißt, Vater, ich hab’ mich darauf verlassen, dass die Julia sich für mich entschieden hat. Aber ich habe mir da nur etwas vorgemacht, das weiß ich jetzt. Im Grunde ist ihr die Station immer wichtiger gewesen als ich. Von Anfang an.«

      »Tust ihr da net unrecht? Sie hat dich lieb.«

      »Gewiss, ich sie ja auch. Aber die Arbeit in der Entwicklungshilfe, davon hat sie schon im Studium geträumt.« Er senkte den Blick und gab zu: »Ich hab’ damals genau gewusst, dass sie auch ohne mich nach Ruanda gegangen wäre. Aber ich wollte sie net verlieren, deshalb habe ich mich gegen die Mitarbeit in deiner Praxis entschieden.«

      Josef stutzte. »Ist das wahr? Wieso hast mir damals nix gesagt? Das hätte viel böses Blut zwischen uns verhindern können. Ich hab’ ja net geahnt…«

      »Schau, Vater, ich hab’ mir da was vorgemacht, das weiß ich in der Zwischenzeit. Die zehn Jahre in Ruanda, das war eine besondere Zeit, die ich net missen möchte. Aber das Leben dort hat mich nie restlos glücklich gemacht. Ich hab’ Wildenberg immer vermisst, die ganze Zeit hatte ich Heimweh. Die Julia ist da ganz anders. Sie lebt für die Station, hat dort ihre Lebensaufgabe gefunden. Deshalb kann sie sich auch net von Holy Spirit trennen, das weiß ich jetzt. Sie wäre hier mit mir auf die Dauer nicht glücklich geworden. Ich darf da dem Kennedy keine Vorwürfe machen, dass er sie zurückgeholt hat. Es ist eine bittere und schmerzliche Erkenntnis, aber so wie es jetzt ausschaut, kann es für die Julia und mich kein Zusammenleben mehr geben. Sie wird die Station nie aufgeben. Und ich bin net bereit, Wildenberg wieder zu verlassen.«

      Josef hatte seinem Sohn aufmerksam zugehört, nun legte er Max eine Hand auf die Schulter und versicherte ihm: »Ich verstehe deine Situation, Bub. Und ich bin natürlich froh, dass du dich in der Pflicht fühlst. Aber du sollst wissen, es käme mir nie in den Sinn, dich zu etwas zu zwingen. Lieber schließe ich die Praxis und schicke die Patienten zum Haselbeck nach Schlehbusch als zu riskieren, dass du unglücklich bist.«

      »Ist schon recht, Vater, du musst dich net sorgen. Ich hab’ hier meine Lebensaufgabe gefunden. Und die geb’ ich nimmer auf. Auch wenn es bitter für die Julia und mich ist; manchmal muss man auf sein Glück verzichten, um es nicht zu zerstören.«

      Josef wusste nicht recht, was er sagen sollte, er empfand Mitleid mit seinem Sohn, denn er wusste, wie groß die Liebe zwischen ihm und Julia Bruckner war. Dass es für die zwei keine gemeinsame Basis gab, mochte er einfach nicht glauben.

      »Was ist denn los? Solche langen Gesichter am Geburtstag mag ich fei net sehen!«, ließ sich da die betagte Hauserin Afra vernehmen, die mit Kaffee und frischen Semmeln die Stube betrat. »Und du, Doktor, iss was, du musst gleich in die Praxis. Nachher wird gefeiert, wie es sich gehört. Dann musst pünktlich sein, da dulde ich fei keine Ausreden! Und dass du mir von jedem Kuchen auch ein Stückerl kosten tust!«

      Max musste lachen. »Bedroh’ mich net gleich am frühen Morgen, Afra, sonst bin ich noch gelähmt vor Schreck«, frotzelte er.

      »Frechdachs! Und so was will ein ausgewachsener Doktor sein.« Kopfschüttelnd verließ sie die Stube, Max stellte fest: »Die Afra hat aber Recht, die Sprechstunde fängt gleich an. Wen habt’s denn alles eingeladen? Hoffentlich net das halbe Dorf.«

      »Keine Sorge, die Tina und der Lukas kommen, die Anna Stadler und der Hochwürden haben sich angesagt. Und dein Freund Peter Brosius schaut vielleicht auch herein. Von den vielen Gratulanten ganz zu schweigen, aber ich denke, die wirst schon in der Sprechstunde packen.«

      Der Landarzt verdrehte die Augen. »In Holy Spirit gab’s an meinem Geburtstag ein kleines Stück Kuchen und eine Tasse Tee. Ich finde, das war völlig ausreichend.«

      »Du bist aber nimmer in Ruanda. Und du kannst es deinen Mitmenschen net verdenken, wenn sie dir alles Gute wünschen wollen für’s neue Lebensjahr…«

      Tatsächlich stellte sich heraus, dass Josef nicht übertrieben hatte. Christel Brenner hatte Max’ Schreibtisch bereits mit einem Feldblumenstrauß verziert und überreichte ihm mit den besten Wünschen eine Flasche Wein. Und jeder Patient, der an diesem Samstag im August in der Praxis erschien, drückte dem Doktor herzlich die Hand und wünschte ihm alles Gute. Manch einer brachte auch ein kleines Geschenk mit. Als Dr. Brinkmeier gegen Mittag die Praxis schloss, sagte er zu Christel Brenner: »Ich fühle mich fast ein bissel wie an Weihnachten. Dass die Leut’ immer gleich übertreiben müssen…«

      »Aber das tun Sie doch gar net, Doktor. Bist halt beliebt. Und ein jeder,


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