Vieatnam vegetarisch. Anna Plumbaum

Vieatnam vegetarisch - Anna Plumbaum


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      IM NORDEN SCHLEMMT MAN ANDERS ALS IM SÜDEN

      Ganze 3400 Kilometer schlängelt sich die Küste Vietnams von Norden bis Süden entlang des Südchinesischen Meers bis hin zum Golf von Thailand. Das entspricht in etwa der Luftlinie zwischen Helsinki und Lissabon! Auf der landzugewandten Seite grenzt der Küstenstaat an China, Laos und Kambodscha. Die rund 95 Millionen Einwohner verteilen sich sowohl auf den kühleren Norden mit seinem trockenen subtropischen Klima als auch auf den warmen tropisch-feuchten Süden.

      Das Wetter und die damit verbundenen Anbaubedingungen für Gemüse, Obst, Kräuter und Gewürze spiegeln sich auch in den Regionalküchen wider. Im Norden kommen öfter geschmorte und frittierte Speisen auf den Tisch, welche weniger üppig mit Kräutern und Gewürzen aromatisiert sind. Im tropischen Süden dagegen wird der Wok lieber nur kurz aufgeheizt, die Gerichte werden stärker gewürzt, schmecken zugleich süßlicher und säuerlicher und werden großzügiger mit Kräutern garniert. Allein die Würzgewohnheiten führen dazu, dass jemand aus Hanoi die Küche Saigons als überwürzt empfindet und Bewohner des Südens die nordische Küche als zu fad abgeschmeckt beschreiben könnten.

      Doch egal, wie tief man in die Gewürzkiste greift: Sommerrollen, Pho-Suppe und Reisnudelsalate sind tatsächlich in ganz Vietnam bekannt, werden jedoch je nach Region unterschiedlich zubereitet. Zudem bietet jede Stadt und manchmal sogar jedes Dorf ganz eigene regionale Spezialitäten an.

      DIE KAISERLICHE KÜCHE RUND UM HUE

      Eine Besonderheit stellt die Küche Zentralvietnams rund um die ehemalige Kaiserstadt Hue dar. Von hier aus regierte zwischen 1847 und 1883 der vierte Kaiser der Nguyen-Dynastie das Land. Er veranstaltete regelmäßig Schlemmerfeste für die bis zu 50.000 Mitglieder des Hofstaates und hatte dabei sehr spezielle Vorstellungen. Angeblich mussten zu diesen Anlässen 50 verschiedene Speisen von 50 verschiedenen Köchen serviert werden und keines davon durfte öfter als einmal im Jahr auf den Tisch kommen. Auch auf die Präsentation der Gerichte legte der Kaiser höchsten Wert. So kam es, dass viele Köche des Landes sich viel Mühe gaben, neue raffinierte Gerichte zu erfinden und diese wie kleine Kunstwerke zu dekorieren.

      Dieser Epoche ist es zu verdanken, dass alleine die traditionelle vietnamesische Küche über 500 Gerichte zählt. Einige der damaligen Rezepte werden heute von den Nachkommen der Köche und Bediensteten aufbewahrt und in eigenen Restaurants oder Straßenküchen angeboten. Auch versucht man, die kaiserliche Küche rund um Hue in den großen Hotels der Region wieder aufleben zu lassen, etwa in Form von Banketten, bei denen die traditionellen Delikatessen angeboten werden. Zu diesen zählen übrigens viele der Reismehlküchlein, die gefüllt und gedämpft werden.

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      DIE ESSENZ VIETNAMESISCHER KÜCHE: REIS, KRÄUTER UND FISCHSAUCE

      Wollte man drei Lebensmittel benennen, die typisch für die vietnamesische Küche sind, dann sind es ganz sicher Reis, die besondere Kräutervielfalt und die im ganzen Land beliebte Fischsauce.

      Wie in ganz Asien gilt auch in Vietnam Reis als Grundnahrungsmittel und kommt gekocht, gedämpft, gebraten oder als Reisnudeln und Reispapier zu fast jeder Mahlzeit auf den Tisch. Das Getreide wird vom Norden bis hin in den Süden des Landes angebaut, und zwar so viel, dass es nicht nur für den heimischen Verbrauch reicht, sondern zudem in alle Welt exportiert wird.

      Auch frische Kräuter geben in vielen Gerichten den Ton an. Besonders in der Mitte und im Süden des Landes existiert eine unglaubliche Vielfalt aromatischer Kräuter, von denen etliche nicht mal einen englischen Namen tragen. Sowohl in Restaurants als auch an Straßenständen bekommt man als Beilage einen großen Teller voll mit verschiedenen Kräutern und Salatblättern gereicht, von denen jedes für sich wunderbar würzig duftet und schmeckt. Mal ist der Geschmack minzig-zitronig, mal scharf, mal erinnert er an Anis, Kreuzkümmel oder Zimt. Dieser üppige Kräutereinsatz ist in ganz Asien einmalig und eine Vietnamreise allemal wert.

      Die salzige fermentierte Fischsauce nuoc mam kommt in ganz Vietnam als krönende Würze zum Einsatz: in Dips, Dressings, Marinaden oder einfach zum Abschmecken der Gerichte – mal statt oder in Kombination mit Sojasauce. Wer vegan oder vegetarisch unterwegs ist, hat es daher oft nicht einfach, Gerichte ohne die beliebte Würzsauce zu finden, denn ansonsten vegetarische Speisen werden oft mit ihr verfeinert.

      EINE PRISE CHINA, FRANKREICH UND INDIEN

      Die deutlichsten kulinarischen Spuren haben die Chinesen in Vietnam hinterlassen, die über 1000 Jahre hinweg das Land regierten. Ob Nudelgerichte, das Kochen im Wok, der Einsatz von Fünf-Gewürze-Pulver, fermentierten Sojabohnen und Ingwer oder das Angebot chinesischer Klassiker wie die beliebten Dampfbrötchen – die Nähe zum benachbarten China ist überall spürbar.

      Im Straßenbild zeigt sich auch der Einfluss der einstigen Kolonialmacht Frankreich, vor allem an den zahlreichen Straßenständen mit frisch gebackenen Baguettes. Doch auch die in Vietnam beliebten Croissants, selbst gemachter Joghurt, der Einsatz von Kondensmilch, Crème Caramel als Dessert sowie der Genuss von Kaffee ist auf die Besatzung durch Frankreich zurückzuführen. Manch einen wird es auch wundern, Spargel, Artischocken, Kohlrabi und Erdbeeren auf Märkten zu entdecken: Auch sie werden im Zuge des europäischen Einflusses bereits seit dem 19. Jahrhundert im Hochland von Dalat im südlichen Zentralvietnam angebaut.

      Zusätzlich findet man vor allem im Süden des Landes kulinarische Einflüsse aus Indien, Thailand und Kambodscha. Das typisch vietnamesische Currypulver gleicht zum Beispiel mehr einer indischen Mixtur als einer thailändischen Currypaste. Dafür werden in Vietnam – wie auch in Kambodscha und Thailand – würzige Salate aus unreifen Papayas und Mangos zubereitet.

      Trotz aller Einflüsse haben die Vietnamesen Gerichte, Lebensmittel oder Zubereitungsarten aus anderen Ländern nicht einfach übernommen, sondern diese kreativ in ihre heimische Küche integriert. Ein Beispiel dafür sind banh mi, lecker belegte Baguettes, die, mit landestypischen Saucen, Gewürzen und Kräutern verfeinert, mittlerweile weltweit als typisches vietnamesisches Streetfood bekannt sind.

      WILLKOMMEN IM STREET-FOOD-PARADIES

      Die Straßenstände und kleinen Ladenlokale mit ihren niedrigen Plastik-Höckerchen sind aus dem Stadtbild in Vietnam nicht wegzudenken. An fast jeder Straßenecke, aber auch auf den Märkten, in Bahnhöfen und an entlegenen Bushaltestellen duftet und dampft es aus diversen Garküchen. Viele Foodies bereisen das Land hauptsächlich wegen dieser ausgeprägten Streetfood-Kultur.

      Die häufig familiengeführten Straßenküchen konzentrieren sich meist auf nur ein Gericht oder höchstens eine Handvoll Speisen, die in technischer Perfektion zubereitet werden. Vor allem Einheimische suchen die kleinen Stände zu jeder Tageszeit auf – und wer keines der blauen, roten oder gelben Stühlchen ergattern kann, hockt sich meistens direkt dazu, verspeist sein Mahl auf dem geparkten Moped oder rollt mit Freunden und Familie eine Matte auf dem Bürgersteig aus.

      Viele Vietnamesen haben zu Hause keinen Kühlschrank und nur wenig Platz zum Kochen, daher sind die preiswerten Outdoor-Garküchen, wo mit frischen Zutaten gekocht wird, eine beliebte Anlaufstelle sowie sozialer Treffpunkt. Hier schlürft man morgens die warme Nudelsuppe, während auf dem Bürgersteig nebenan in Werkstätten gearbeitet wird und die Mopeds oft nur eine Handbreit entfernt vorbeibrausen. Es geht laut und wuselig zu, doch die Einheimischen genießen in aller Ruhe ihre Mahlzeit inmitten des Trubels.

      Wer als Tourist auf eigene Faust die Streetfood-Szene erkunden möchte und vegetarisch oder vegan lebt, sollte am besten einen lokalen Guide engagieren, da man die versteckten Veggie-Leckereien an den Ständen ohne Orts- und Sprachkenntnisse oft übersehen würde. Leider haben viele der mobilen Stände keine offizielle Genehmigung, ihre Speisen auf der Straße anzubieten, und werden manchmal von der Polizei vertrieben. Man findet


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