Beyond price. Svea Lundberg

Beyond price - Svea Lundberg


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… Nun, Sie wollten doch über problematische Testergebnisse informiert werden …«

      Zur Hölle, musste es dieser Kerl so spannend machen?

      »Ja!«, herrschte Steve ins Telefon. Sein Blick streifte kurz über den Bildschirm, über Angels herrlich verzerrtes Gesicht bis hin zur Bürotür. Geschlossen. Wie immer. Trotzdem lauschte Steve für einen Moment und hakte erst nach, als er keinerlei Geräusche von draußen vernahm: »Worum geht es?«

      »Nun … einer der Exklusiv-Darsteller von Black Tail wurde positiv auf das HI-Virus getestet. Die Ergebnisse der letzten Routinetestung werden heute noch in PASS eingetragen, daher dachte ich …«

      Jesus, der Kerl sollte nicht denken, sondern reden!

      »Wer?«

      »Moment, ich … muss nachsehen …«

      In der Verbindung knackte es leicht, als würde Calvin in einem Unterlagenstapel herumwühlen. Genervt verdrehte Steve die Augen und tastete mit der freien Hand nach der Maus. Was er am allerwenigsten brauchen konnte, war irgendein HIV-Skandal und was er gerade ebenfalls nicht benötigte, war Angels Gesicht auf dem Bildschirm. Der Anblick erschwerte das Denken.

      Abgelenkt vom Geraschel in der Leitung klickte Steve aus Versehen auf den Play-Button. Die Filmsequenz lief wenige Sekunden weiter. Der erste Spritzer Sperma landete auf Angels Wange. Dann klickte Steve das Fenster weg.

      »Angel Rough.«

      In Calvins Stimme mischte sich ein leises, schabendes Geräusch.

      Steve blinzelte. Auch auf dem Desktop prangte Angel als Hintergrundbild. Allerdings nicht sein Gesicht, sondern sein nackter Arsch im Jockstrap. »Was?«

      »Der Name des positiv getesteten Darstellers ist Angel Rough.«

      Irgendwo glitt eine Tür ins Schloss.

      »Hi, stör ich? Ich dachte, ich bringe dir was zum Mittag …«

      »RAUS!« Steve fuhr so schnell Richtung Bürotür herum, dass die Wirbel in seinem Nacken gefahrverheißend knackten. Schmerz spürte er jedoch keinen. Nicht im Nacken zumindest.

      Durch den Telefonhörer, den er noch immer ans Ohr gepresst hielt, vernahm er Calvins Murmeln, jedoch nicht dessen Worte. Sein Blick, sein Sehen, sein Denken, alles Sein schien sich in diesem Moment auf den Mann zu konzentrieren, der mit einer Tüte einer Sandwichkette in der Hand an der Tür stand und ihn aus großen Augen schockiert anstarrte.

      Schockiert …

      Wenn er nur ahnte, wie schnell er gerade sehenden Auges auf die Wand zuraste.

      In diesem Moment wollte Steve aufspringen. Zu Angel laufen und ihn in seine Arme ziehen. Ihn auf diese Weise davor beschützen, aufzuprallen und zerschmettert zu werden.

      Ein Engel zerbrochen am Boden.

      Doch Steve wusste, er würde nicht die Kraft haben, Angel dabei zu helfen, sich Stück für Stück wieder zusammenzusetzen. Also blieb ihm nur, vollständig zu zerbrechen, was ein anderer vielleicht noch hätte retten können.

      Fast schon behutsam legte er den Telefonhörer beiseite. Vergewisserte sich, aufgelegt zu haben.

      »Das Labor hat angerufen. Dein letztes Testergebnis war positiv. Glückwunsch, Engelchen, du hast dich mit HIV infiziert. Du weißt, was das bedeutet: Du hast bis heute Abend Zeit, deine Sachen zu packen. Du wirst die Black Tail Studios nie wieder betreten, ebenso wenig wie mein Haus. Und ich schwöre dir, wenn du irgendjemandem davon erzählst, dass du zu dumm warst, auf dich aufzupassen, mach ich dich fertig.«

      Die Worte rannen beißend wie flüssiges Arsen über Steves Lippen, doch er spie sie allesamt aus, ehe sie sein Innerstes verätzen konnten. Er hasste sich für seine Worte, aber im selben Moment wünschte er sich nichts sehnlicher, als dass sie ausreichen würden, um Angel Rough auszulöschen. Von ihm würde nichts bleiben. Kein einziger Splitter des zerbrochenen Engels.

      Kapitel 1 – Elliot

      ~~~ Juli 2019 ~~~

      Mit spitzen Fingern fischte ich das leere Longdrinkglas aus der Lache auf dem Rasen, von der ich mir nicht sicher war, ob sie direkt aus dem Glas geflossen oder doch bereits in einem Magen gewesen war. Ich persönlich hatte eigentlich gedacht, das CC Cocks-Barbecue und die anschließende Poolparty wären in Sachen Alkohol verhältnismäßig gesittet abgelaufen. Zumindest hatte ich in der vergangenen Nacht weder einen der Darsteller noch einen der anderen Gäste auffällig über den akkurat geschorenen Rasen torkeln sehen. Die Stimmung war ausgelassen gewesen, keine Frage. Fröhlich, unbeschwert und aufgeladen mit sexueller Energie – eben so, wie es sich für ein Sommerfest eines der bekanntesten Gay-Porn-Labels der USA und damit vermutlich der ganzen Welt gehörte. Statt auf Sex, Drugs and Rock’n’roll setzten wir CC Cocks-Jungs auf Sex, Schirmchendrinks und Sommerhits.

      Zugegeben, Schirmchendrinks beinhalteten Alkohol. Und wenn ich mir die Lache auf dem Boden so ansah, vermutete ich stark, dass mindestens ein Partygast seinen Drink rückwärts genossen hatte. Widerlich!

      Mit dem Glas in der Hand, stets darauf bedacht, keine allzu klebrige Stelle zu berühren, sah ich mich nach der Kiste um, in die ich die benutzten Gläser stellen konnte. Der Cateringservice würde das schmutzige Geschirr am kommenden Tag abholen. Einsammeln mussten wir es aber leider selbst.

      Warum genau hatte ich mich dazu bereit erklärt, am Tag nach der Feier beim Aufräumen zu helfen?

      »Elliot, mach keinen Staatsakt draus. Stell das verdammte Glas einfach da rein.« Mit einem resoluten Kopfnicken deutete Leroy auf besagte Kiste und beobachtete stirnrunzelnd, wie ich das Glas dort hineindrapierte.

      »Was ist los? Glasphobie oder was?«

      »Witzig.« Ich feuerte einen gespielt genervten Blick auf Leroy ab, aber der kleine Scheißkerl wusste sowieso nur zu gut, dass man einem wie ihm für einen frechen Spruch kaum böse sein konnte. Zierlich, strohblond, blaue Augen und süße Grübchen in den Mundwinkeln, dazu ein wunderschöner Schwanz und ein Knackarsch, der gerade nur in einer knappen Speedo steckte. Quasi als Sahnehäubchen obendrauf ein bezaubernder Charakter: aufgeschlossen, direkt, zuverlässig. Würde ich auf Twinks stehen, wäre ich sicher bis über beide Ohren in Leroy verschossen. Tat ich aber nicht. Leroy war ein guter Freund. Einer, mit dem ich bereits die eine oder andere Szene gedreht hatte, mit dem ich außerhalb des Sets aber sicher nie in der Kiste landen würde – was zum Glück auf Gegenseitigkeit beruhte.

      »Wir brauchen einen Wasserschlauch«, verkündete ich an Leroy gewandt und lenkte mich damit selbst von meinen Gedanken ab. »Da hinten hat jemand hingekotzt.«

      »Uaah, wo?«

      »Da, neben den Pool.« Ich deutete in besagte Richtung.

      »Okay, ich schau mal, ob ich einen Schlauch auftreiben kann. Aber wegputzen tust du es.«

      »Ach, Kotzphobie oder was?« Lachend wich ich Leroys Faust aus, die er spaßhaft in Richtung meines Oberarms schwang.

      »Speichel, Sperma, wenn’s sein muss auch Blut … Ohne Spaß, gib mir sämtliche Körperflüssigkeiten, aber wenn was schon mal im Magen war, bin ich raus.« Als sei dies sein wirkungsvolles Schlussplädoyer gewesen, wandte Leroy sich um und stolzierte über den Rasen hinüber zur Terrasse und hinein in die Mansion. Wo er recht hatte …

      Suchend sah ich mich um und entdeckte auf einem der Stehtische noch zwei Longdrinkgläser, die mir bei meinem ersten Gang durch den oberen Teil der weitläufigen Gartenanlage der CC Cocks-Mansion wohl entgangen waren. Rasch schnappte ich mir beide, stellte sie in der Kiste ab und wollte mich mit dieser ebenfalls in Richtung Terrasse bewegen, als ich Jay erspähte.

      Vollbepackt mit einer Vielzahl von Gläsern, die er sich in den unmöglichsten Winkeln unter die Arme und vor die Brust geklemmt hatte, stieg er die wenigen Steintreppenstufen vom unteren Teil der Anlage herauf. Ich wäre ihm ja gern mit der Kiste entgegengeeilt, aber die war voll. Also beschränkte ich mich darauf, auf der Terrasse auf Jay zu warten und ihm ein paar der Gläser aus seiner umständlichen Umklammerung herauszupflücken


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