Traumberuf Schauspieler. Ulrike Boldt
die zu alt sind, um noch eine Schauspielschule zu besuchen, die aber gerne als Laie einmal Theater- oder Fernsehluft schnuppern möchten, können in freien Theatergruppen, an Volkshochschulen oder in der Komparserie am Theater oder bei Film und Fernsehen ihr Talent erproben.
Für Erwachsene gibt es keine rechtliche Begrenzung, wie oft sie als Statist auf der Bühne oder vor der Kamera stehen dürfen. Allerdings muss, wer im Theater als Komparse arbeiten möchte, zeitlich flexibel und zuverlässig sein, darüber hinaus braucht er eine Menge Geduld. Die Theaterproben erstrecken sich in der Regel über fünf bis sechs Wochen; sie finden tagsüber zwischen 10 und 15 Uhr sowie abends wieder ab 17 Uhr statt. Der Regisseur und der Statistenleiter müssen sich darauf verlassen können, dass die Komparsen immer Zeit haben, wenn ihre Szene geprobt wird.
Wer mehr an der Arbeit vor der Kamera interessiert ist, der kann sein Glück als Komparse bei Film und TV versuchen. Bei vielen Firmen kann man sich im Internet ein Anmeldeformular für Komparsen und Kleindarsteller herunterladen. Zusätzlich benötigen die Vermittler ein Porträt- und ein Ganzkörperfoto. Je aussagekräftiger das Foto ist, umso besser sind die Aussichten, vermittelt zu werden. Auch Angaben über äußerliche Besonderheiten oder spezielle Fähigkeiten sind interessant. Männer zwischen Anfang 30 und Mitte 50 haben immer eine gute Chance, als Komparse einen Job zu bekommen.
Bei Agenturen, die erst einmal Geld für die Aufnahme verlangen, sollte man vorsichtig sein. So ein Vorgehen ist unseriös, da Komparsenvermittler ihr Honorar direkt von der Produktion erhalten, die sie beauftragt hat.
Beim Fernsehen werden Komparsen in der Regel nur tageweise engagiert. Aber auch hier muss der Statist Geduld mitbringen, denn er muss sehr früh am Drehort sein und meist stundenlang warten, bis er einmal durchs Bild laufen darf. Zeitliche Flexibilität ist nötig, da die Vermittlung sehr kurzfristig erfolgt. Dafür erlebt man die Stimmung am Set und lernt nette Leute kennen. Die Tagesgrundgage für Film und Fernsehen liegt bei circa 50 bis 60 Euro.
Eine weitere Möglichkeit, im Fernsehen als Laiendarsteller aufzutreten, ist die Teilnahme an Gerichts-TV-Formaten. Produktions- und Castingfirmen wie zum Beispiel die Kölner Firma Filmpool benötigen wöchentlich mehrere hundert Laiendarsteller für ihre Serien. Bei offenen deutschlandweiten Castings werden Textsicherheit, Überzeugungskraft und individuelle Emotionalität getestet. Für Bewerber unter 16 Jahren werden speziell ausgewiesene Kindercastings veranstaltet.
»Unsere Castingtermine kann man im Internet oder in der Tageszeitung erfahren. Man meldet sich dann telefonisch für den Castingtag an, bringt Fotos mit und füllt einen Fragebogen aus. Beim Vorcasting wird geprüft, ob man hinsichtlich Optik, Sprache und Lockerheit für unsere Formate in Frage kommt. Schafft man das Vorcasting, bekommt man eine Rolle in einem fiktiven Fall, wird gebrieft, muss seinen Text lernen und wird dann mit der Videokamera aufgenommen. Unser Castingteam bewertet später alle Bewerber, und wer uns überzeugt hat, wird in unser Archiv aufgenommen. Wichtig für uns sind eine gute Präsenz, Spontaneität, Improvisationstalent, Textsicherheit und Offenheit. Wenn eine Rolle zum Bewerber passt, schlagen wir ihn der Redaktion vor, die dann entscheidet, wer zum Drehen nach Köln kommen darf. Übernachtung und Reisekosten zahlen wir natürlich beim Drehen, die Gage richtet sich nach der Größe der Rolle.«
Margret van Oepen, Leiterin Besetzung Casting, Filmpool, Köln
Übernachtungs- und Reisekosten zahlt die Produktion, die Gage richtet sich nach der Größe der Rolle, liegt aber in der Regel bei 80 bis 200 Euro.
Zwar ist es schön, sich selbst einmal im Fernsehen zu sehen, aber man sollte sich keinen Illusionen hingeben: Ein Auftritt in den Gerichts-TV-Formaten der Privatsender oder in der Komparserie beim Theater oder Fernsehen macht aus dem Laien noch keinen Schauspieler, und er wird dabei auch nicht entdeckt. Wer also als professioneller Schauspieler arbeiten will, braucht zwingend eine fundierte Ausbildung.
Schauspielschulen
Was ist der Unterschied zwischen einer privaten und einer staatlichen Schauspielschule?
Zwischen einer staatlichen und einer privaten Schauspielschule gibt es große Unterschiede, der bedeutendste ist, dass an den staatlichen deutschen Schauspielschule nur die reguläre Studiengebühr pro Semester gezahlt werden muss, während bei einer privaten Schauspielschule zwischen 300 – 500 Euro Schulgeld pro Monat anfallen. Die staatlichen Schauspielschulen in Österreich und der Schweiz verlangen ebenfalls eine Semestergebühr.
Bei den privaten Schauspielschulen muss differenziert werden zwischen Schulen, die BAföG-berechtigt sind, und Schulen, an denen die Studenten keine Ausbildungsförderung durch den Staat erhalten. Wenn das Schulgeld so teuer ist, dass die Schüler viel Zeit damit verbringen müssen, Geld zu verdienen, und darum nicht richtig zum Studieren kommen, stimmt etwas nicht. Deshalb sollte die geeignete Schauspielschule mit Bedacht gewählt werden, denn auch bezüglich Qualität und Quantität des Unterrichts unterscheiden sie sich sehr.
Was macht eine gute Schauspielschule aus?
Beim Vergleich der Schulen sollten immer folgende Punkte berücksichtigt werden:
Eine gute Schauspielschule bietet:
ein breites Unterrichtsangebot, das außer Rollenunterricht auch Sprechen, Improvisation, Stimmbildung, Körpertraining, Tanz, Fechten, Pantomime, Theatertheorie, Arbeitsrecht und mehr umfasst
einen garantierten Ausbildungsvertrag mit vielen Unterrichtsstunden pro Woche
ausreichend Einzelunterricht
überwiegend Lehrer, die erfolgreich in der Praxis gearbeitet haben und es wenigstens in Gastengagements immer noch tun
geeignete, große und zahlreiche Räumlichkeiten
die Möglichkeit, regelmäßige Aufführungen unter professionellen Umständen auf einer richtigen Bühne zu veranstalten
die BAföG-Berechtigung
Kooperationen mit Theatern und Filmhochschulen
ein Abschlussvorsprechen, zu dem die ZAV(früher ZBF) erscheint
ein ausgewogenes Zahlenverhältnis von Schülern zu Lehrern
langjährige Erfahrung in der Ausbildung
Absolventen, die Engagements gefunden haben
die Möglichkeit eines Vorgesprächs oder einen Tag der offenen Tür, an dem man sich einen Eindruck über die Arbeit der Schule verschaffen kann
»Ich war zuerst auf einer privaten Schauspielschule in Köln und bin dann auf die staatliche nach Stuttgart gewechselt. Der größte Unterschied beim Wechsel von einer privaten zur staatlichen Schauspielschule? Also erst mal ist da natürlich der finanzielle Aspekt. Aber davon abgesehen, ist es ein Wahnsinnsluxus, wie viel Einzelunterricht einem an einer staatlichen Schule zusteht, besonders Rollenarbeit, bei richtig guten Lehrern, die fast alle selber auf der Bühne stehen oder inszenieren. An der Privatschule hab’ ich immer rumkritisiert und wollte für mein Geld so viel wie möglich rausholen, auf der staatlichen Schule konnte ich wesentlich entspannter arbeiten. Außerdem ist das Angebot an Fächern vielseitiger, die Stundenzahl größer und es stehen mehr Lehrer zur Verfügung.
Ich habe in dem Jahr an der Privatschule viel gelernt und Eindrücke gesammelt, die ich nicht missen möchte, aber ich bin doch sehr froh, dass ich meine Ausbildung an einer staatlichen Schauspielschule machen kann.«
Sophie C. Lutz, Absolventin, Hochschule für Musik und Darstellende Kunst, Stuttgart
Da die staatlichen Schauspielschulen kostenlos sind und wesentlich mehr Unterricht garantieren können als die privaten Schulen, ist es auf jeden Fall ra5tsam und sinnvoll, erst einmal zu versuchen, dort aufgenommen zu werden. Viele Theater laden Absolventen von privaten Hochschulen nämlich gar nicht erst zu einem Vorsprechen ein.
»Schüler von staatlichen Hochschule haben es auch später bei der Suche