Kinderärztin Dr. Martens Staffel 3 – Arztroman. Britta Frey

Kinderärztin Dr. Martens Staffel 3 – Arztroman - Britta Frey


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Ordnung«, sagte Schwester Elli knapp und beugte sich wieder über ihre Arbeit.

      Nachdenklich verließ Hanna nun das Schwesternzimmer. Kays Stimme hatte sehr ernst geklungen. Was mochte er bei dem Jungen festgestellt haben?

      Während sie die Treppe hinunterging, mußte sie an die Mutter des Dreizehnjährigen denken. Diese Madlon van Enken war ja wirklich eine wunderschöne Frau. Sie konnte Kay gut verstehen, daß er sich ausgerechnet in sie verliebt hatte. Außerdem schien Kay eine Vorliebe für rotes Haar zu haben, denn es war schon das zweite Mal, daß eine rothaarige Frau seine besondere Aufmerksamkeit erregt hatte. Nur schien es dieses Mal ausgesprochen ernster Natur zu sein. Zudem war Madlon van Enken überaus sympathisch. Sie würde Kay von ganzem Herzen gönnen, daß er an der Seite dieser Frau sein Lebensglück fand.

      Augenblicke später betrat Hanna das Sprechzimmer ihres Bruders.

      »Da bin ich, Kay. Was gibt es? Deine Stimme hat gerade am Telefon

      so ernst geklungen. Du hast keine guten Ergebnisse erhalten, nicht wahr?«

      »Wie gut du mich kennst. Nein, es ist wirklich kein gutes Ergebnis, worüber ich mir dir sprechen möchte. Mich interessiert dazu sehr dein fachliches Urteil.«

      »Dann laß mich mal sehen.«

      Kay spannte ein paar Röntgenaufnahmen in die Bildplatte. Hanna betrachtete sie intensiv und mit Betroffenheit sagte sie:

      »O nein, das ist doch nicht möglich!«

      »Denkst du das, was mir auch schon die ganze Zeit nicht aus dem Kopf geht?«

      »Möglich, Kay. Es könnte sich um ein osteogenes Sarkom oder ein Spindelzellensarkom handeln. Aber nach den Anzeichen hier auf den Röntgenbildern würde ich eher sagen, daß es ein Spindelzellensarkom ist. Außerdem verursacht ein osteogenes Sarkom zeitweise heftige Schmerzen, die Nils ja nicht hat. Oh, mein Gott! Was wirst du jetzt machen?«

      Kay fuhr sich mit einer Hand durch das dichte Haar.

      »Was würdest du tun, Hanna?«

      »Wenn du eine hundertprozentige Diagnose stellen willst, mußt du zuerst eine Probeexzision vornehmen.

      Wie gefährlich es in diesem Fall sein könnte, muß ich dir ja nicht sagen. Mich würde nur interessieren, wie der Junge daran gekommen ist. Es muß doch eine Ursache dafür geben.«

      »Klar, Hanna. Ich glaube, daß die Ursache in dem Unfall am Millstätter See zu suchen ist. Wahrscheinlich ist Nils beim Sturz aus dem Boot mit dem Knie angeschlagen, und die Verletzung ist übersehen worden. Manchmal passiert das ja leider. Ich hatte gleich ein ungutes Gefühl, als ich von Nils schlechtem Allgemeinbefinden hörte.«

      »Und wenn du das Bein nicht mehr retten kannst und es amputieren mußt?«

      »Daran denke ich jetzt lieber noch nicht. Der Junge ist erst dreizehn, er hat das ganze Leben noch vor sich. Es ist aber auch oft wirklich zum Verzweifeln. Wenn man persönlich betroffen ist, fällt es einem noch mal so schwer, es einem lieben Menschen beizubringen. Ich weiß gar nicht, wie ich es Madlon sagen soll.«

      »Vielleicht sehen wir beide zu schwarz, und es handelt sich um eine gutartige Geschwulst. Du mußt nur schnell entscheiden, was du jetzt tun willst.«

      »Zuerst werde ich mit Madlon reden, wenn sie nachher zur Klinik kommt. Wie sie mir gestern sagte, kommt sie so gegen elf Uhr.«

      »Hast du Martin schon gesagt, daß er sie zuerst zu dir schicken soll?«

      »Nein, ich glaube, das ist nicht nötig. Madlon wird sowieso zuerst zu mir kommen, um nach den Untersuchungsergebnissen zu fragen.«

      »Du liebst sie sehr, nicht wahr?«

      »Ja, ich liebe sie sehr. Da ist

      nur immer noch die Ungewißheit,

      ob sie dasselbe fühlt wie ich. Ich hätte so gern schon die Antwort darauf. Nur, so wie es im Augenblick mit dem Jungen ausschaut, kann ich sie nicht auch noch bedrängen. Ich muß wohl, ob es mir gefällt oder nicht, im Moment noch damit warten. Lassen wir unsere privaten Dinge jetzt beiseite, Hanna. Wenn du nichts dagegen hast, möchte ich noch ein paar Minuten allein sein, bis Madlon kommt. Ich muß mir überlegen, wie ich ihr diese neue Hiobsbotschaft

      so schonend wie möglich beibringe. Das verstehst du doch sicher, nicht wahr?«

      »Ja, Kay, natürlich. Doch wie auch immer, sag ihr am besten die Wahrheit. Sie ist vielleicht stärker, als du glaubst.«

      »Ich hoffe es. Ich sage dir später, wie das Gespräch verlaufen ist.«

      »Gut, bis nachher.«

      Hanna verließ mit ernstem Gesicht das Sprechzimmer ihres Bruders. Sie wußte aus vielen Erfahrungen, daß es keine leichte Aufgabe war, die da vor Kay lag.

      *

      Bevor Madlon das Haus verließ, um nach Ögela zu fahren, klingelte das Telefon.

      Es wird doch wohl nicht die Klinik mit einer unangenehmen Nachricht sein? dachte sie erschrocken und eilte zum Telefon.

      Mit wild pochendem Herzen hob sie den Hörer ab.

      »Van Enken«, meldete sie sich, und sie konnte nicht verhindern, daß ihre Stimme vor Aufregung rauh und heiser klang.

      »Hier ist Guido. Du hattest doch versprochen, daß du mich sofort anrufst, wenn du mit Nils vom Arzt kommst. Ich habe gestern den ganzen Nachmittag vergeblich versucht, dich zu erreichen. Was ist los? Deine Stimme klingt auch so eigenartig.«

      »Es ist nichts, Guido, ich bin nur außer Atem, weil ich gerade das Haus verlassen wollte. Tut mir leid, daß du mich gestern nachmittag nicht erreichen konntest. Ich bin gestern mit Nils zur Kinderklinik Birkenhain nach Ögela gefahren, um ihn dort von einem mir gut bekannten Arzt gründlich untersuchen zu lassen. Bis zu diesem Zeitpunkt weiß ich aber noch nicht, was Nils fehlt. Man behält ihn ein paar Tage dort, um ihn gründlich zu untersuchen. Ich werde gleich hinfahren und hoffe, daß ich heute schon mehr erfahren kann. Sobald ich zurückkomme und mehr weiß, werde ich es dich wissen lassen. Du mußt dich also noch etwas gedulden.«

      »Ich verlasse mich darauf, denn ich mache mir große Sorgen um unseren Jungen. Bitte, vergiß nicht, mich zu informieren. Ich werde auf deinen Anruf warten.«

      »Ja, ja, ich werde schon dran denken. Jetzt laß uns Schluß machen, ich will endlich fahren.«

      Kurz darauf verließ Madlon das Haus.

      Unwillig über sich selbst schüttelte sie den Kopf, denn sie verstand nicht, daß sich ihre Gedanken mehr mit Guido beschäftigten, als sie vor sich selbst zugeben wollte.

      Warum mußte er sich auch neuerdings wieder in ihr Leben einmischen? Dadurch, daß Nils so sehr an ihm hing, konnte sie selbst auch nicht den nötigen Abstand gewinnen, um die Jahre mit Guido zu vergessen. Aber – sie wollte sie vergessen. Die letzten davon waren zu schmerzhaft gewesen. Schmerzhaft dadurch, daß sie erkennen mußte, daß es in seinem Leben noch eine andere Frau gegeben hatte.

      Oh, wie sehr hatte sie sich damals gedemütigt gefühlt. Eine ganze Welt war vor zwei Jahren in ihr zerbrochen. Zwei Jahre, in denen so viel geschehen war, bis sie sich endlich dazu durchgerungen hatte, die Scheidung einzureichen. Wenn auch Guido ihr immer und immer wieder versichert hatte, daß alles mit dieser anderen Frau vorbei war und sie ständig gebeten hatte, ihm doch zu verzeihen, hatte sie nicht mehr das Vertrauen zu ihm aufbringen können, das für sie die Voraussetzung für eine gute Ehe war. Sie war fertig mit ihm, wollte ihn für immer vergessen. Als sie dann im vergangenen Urlaub Kay kennengelernt hatte, sich zu ihm hingezogen gefühlt hatte, hatte sie fest geglaubt, eine neue und schöne Zukunft vor sich zu haben. Doch seit einigen Tagen war ihr klargeworden, daß sie sich geirrt hatte. Sie konnte die Zeit mit Guido nicht abschütteln. Und dann war da auch noch Nils, der die Erinnerung an Guido wachhielt. Und er liebte seinen Vater wohl unauslöschlich.

      Du bist eine dumme Gans, Madlon, schalt sie sich ärgerlich. Auf diese Weise wirst du dich nie von ihm lösen können. Schalte ab und bemühe dich,


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