Sophienlust - Die nächste Generation Staffel 1 – Familienroman. Karina Kaiser

Sophienlust - Die nächste Generation Staffel 1 – Familienroman - Karina Kaiser


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später nach den Pferden fragte, war Angelika sofort bereit, ihr die Vierbeiner zu zeigen, und wanderte mit Kira zu den Ställen und der großen Weide. Dort stießen sie auf den zwölfjährigen Martin Felder, der gerade damit beschäftigt war, sein Lieblingspferd zu putzen. Der Junge, der Tiere über alles liebte, mit Feuereifer alles über sie lernte und später unbedingt einmal Tierarzt werden wollte, begrüßte Kira freundlich, nachdem Angelika ihm das Mädchen vorgestellt hatte.

      »Das ist aber ein schönes Pferd«, stellte Kira anerkennend fest. »Gehört es dir?«

      »Nein«, erwiderte Martin lachend. »Keiner von uns hat ein eigenes Pferd. Alle Pferde gehören uns allen zusammen. Das heißt, jedem gehört von jedem Pferd ein kleines Stück. Aber natürlich hat auch jeder sein Lieblingspferd. Ich mag diese Stute ganz besonders. Sie heißt Mirana und ist neun Jahre alt.«

      Sanft strich Kira der Stute mit einer Hand über das weiche Maul. »Neun Jahre bist du alt? Dann bist du genauso alt wie ich.«

      Martin wunderte sich darüber, wie viel Vertrauen Kira zu dem Pferd hatte. Viele andere Kinder hätten respektvoll erst einmal Abstand zu der Stute gehalten. Das aber tat Kira nicht. Ruhig, aber ohne jede Scheu ging sie mit dem Pferd um, und das gefiel Martin.

      Hast du zu Hause selbst ein Pferd oder andere große Tiere?«, erkundigte der Junge sich.

      Kira kicherte vergnügt. »Tiere habe ich schon, aber groß kann man sie eigentlich nicht nennen. Rosi und Robbi sind zwei Kanarienvögel. Robbi ist gelb und Rosi ein bisschen orange und grau. Aber auch wenn es nur kleine Tiere sind, habe ich sie trotzdem sehr lieb.«

      »Das ist auch richtig so«, erwiderte Martin. »Kleine Tiere haben dieselben Rechte wie große, und man muss sie genauso gut versorgen und mögen. Ich dachte nur, dass du vielleicht große Tiere hast, weil du richtig gut mit Pferden umgehen kannst.«

      «Ach, das ist doch nicht weiter schwer. Pferde sind zwar groß, aber meistens ganz lieb. Sie erschrecken oft nur sehr leicht. Das hat mir meine Mutti erzählt. Deshalb solle man sich nicht hektisch bewegen, wenn man nahe bei einem Pferd ist.«

      Martin war von Kira richtig begeistert. Kinder, die ein besonderes Verständnis für Tiere hatten, gefielen ihm immer, und dieses Mädchen war so ganz nach seinem Geschmack. Aber auch Vicky und Angelika und all die anderen Kinder, die an diesem Tag noch auf Kira stießen, fanden die Neunjährige richtig nett.

      Nick, der in Sophienlust ein eigenes Zimmer hatte und von dort aus in den letzten Tagen damit beschäftigt war, nach einer passenden Universität für sein geplantes Studium zu suchen, begegnete Kira und Vicky zufällig auf dem Flur, als er gerade auf dem Weg in die Küche war, um sich eine Tasse Kakao zu holen.

      »Nanu, ein neues Gesicht in Sophienlust«, stellte der Achtzehnjährige fest und reichte Kira die Hand. »Herzlich willkommen. Ich bin Nick, und wie heißt du?«

      Das Mädchen ergriff Nicks Hand. »Ich bin Kira Eichhöfer. Aber ich bleibe nicht für immer in Sophienlust, sondern bin nur heute mit Tante Ellen hier. Die kennt sich mit Gärten aus und soll eure Köchin wegen des Gemüsegartens beraten. Aber wenn du Nick bist, dann bist du doch der, dem Sophienlust gehört, nicht wahr?«

      »Ja, das stimmt, und seitdem ich volljährig bin, darf ich auch ganz offiziell bei allen Dingen, die Sophienlust betreffen, mitreden.«

      »Wieso mitreden?« Kira zog die Stirn in Falten. »Wenn du jetzt erwachsen bist, kannst du doch ganz allein über alles bestimmen.«

      Nick lächelte. »Ja, das dürfte ich schon. Aber es sind meistens recht schwere Entscheidungen, die getroffen werden müssen, und da lasse ich mich doch noch lieber von meiner Mutter beraten. Die hat schließlich viel mehr Erfahrung als ich, weil sie Sophienlust schon seit vielen Jahren für mich verwaltet. Entscheiden muss ich aber am Ende selbst. Darauf besteht meine Mutter. Trotzdem berät sie mich gern, und darüber bin ich sehr froh.«

      Kira nickte verstehend. »Stimmt, es ist immer gut, wenn man eine Mutter hat, die man um Rat fragen kann. Das mache ich auch oft so. Mir gehört zwar kein Kinderheim, aber es kommt trotzdem oft vor, dass ich allein nicht so richtig weiß, was ich am besten tun sollte.«

      In Sophienlust gab es so viel zu sehen und zu erleben, dass Kira überhaupt nicht merkte, wie schnell die Zeit verging. Als Ellen plötzlich vor ihr stand und ihr sagte, dass sie beide nun wieder nach Hause fahren würden, war das Mädchen sichtlich erstaunt.

      »Bist du mit deiner Arbeit denn schon fertig? Das ging aber unheimlich schnell. Wir sind doch noch gar nicht so lange hier.«

      »Ich finde, dass man drei Stunden durchaus eine lange Zeit nennen kann«, entgegnete Ellen mit einem Blick auf die Uhr. »Aber ich freue mich, dass du offensichtlich keine Langeweile hattest. Sonst wäre dir die Zeit nicht so kurz vorgekommen. Außerdem freue ich mich darüber, dass ich für Magda die ideale Lösung für ihren Gemüsegarten gefunden habe. Ihre Pflanzen werden in Zukunft genug Sonne bekommen, und die Hecke kann trotzdem erhalten werden, wenn auch teilweise an einem anderen Standort. Jetzt musst du dich leider von deinen neuen Freunden verabschieden. Aber wir sind übermorgen wieder hier. Dann sollen nämlich die Arbeiten im Gemüsegarten beginnen, und dabei wäre ich gerne vor Ort.«

      Über die Aussicht, am übernächsten Tag wieder in Sophienlust sein zu können, freute sich Kira. Der Abschied fiel ihr deshalb nicht ganz so schwer.

      Ellen und Kira wurden von einigen Kindern zum Auto begleitet, die dem davonfahrenden Wagen wenig später nachwinkten.

      »Kira ist wirklich ein richtig nettes Mädchen«, stellte die kleine Heidi fest. »Schade, dass sie nicht für immer bei uns bleiben kann.«

      »Ich finde Kira auch nett«, gestand Pünktchen. »Aber es ist gut, dass sie nicht für immer in Sophienlust bleibt. Das würde schließlich bedeuten, dass sie keine Mutter mehr hätte, und darüber wäre Kira mit Sicherheit sehr traurig.«

      »Aber sie nicht lange wäre traurig«, bemerkte Kim. »Ich auch gehabt habe Mutter. Aber dann kam ich nach Sophienlust. War erst alles fremd hier. Aber ich ganz schnell habe gemerkt, dass Sophienlust so gut ist wie zu haben eine Mutter. Vielleicht ist sogar noch besser als Mutter.«

      Die Kinder, die mit Kim vor dem Haus standen, widersprachen dem kleinen Jungen nicht, obwohl sie noch einiges dazu zu sagen gehabt hätten. Kim war noch sehr klein gewesen, als seine Eltern ums Leben kamen. Deshalb war es für ihn nicht ganz so schwer gewesen, diesen Schicksalsschlag zu verarbeiten. Aber es hätte keinen Sinn gehabt, ihm diesen Unterschied zu erklären. Er hatte sich wunderbar in Sophienlust eingelebt, und das war schließlich die Hauptsache.

      *

      Für ihre Fahrt nach Kärnten hatte Liane sich Zeit genommen. Weil sie nicht abgehetzt ankommen wollte, hatte sie unterwegs in einem kleinen Waldhotel übernachtet. Das Zimmer war nicht übermäßig luxuriös, aber gemütlich und sauber gewesen. Auch mit dem Frühstück war Liane mehr als zufrieden gewesen. An einem hübsch dekorierten Buffet hatte sie alles gefunden, was ihr Herz begehrte. Gut ausgeruht war sie dann in ihr Auto gestiegen und hatte ihren Weg fortgesetzt.

      In einem beschaulichen kleinen Ort in Kärnten wurde Liane von ihrem Auftraggeber bereits erwartet. Alex Landhuber zeigte ihr das Hotel, in dem sie während ihres Aufenthaltes wohnen sollte. Mit dem kleinen Waldhotel war dieses Haus allerdings nicht vergleichbar. Hier war jeder nur erdenkliche Luxus zu finden. Liane konnte sich in ihren geräumigen Zimmern in aller Ruhe einrichten und hatte auch noch Zeit, um sich etwas zu entspannen, bevor Landhuber sie abholte.

      »Ich schlage vor, dass wir zunächst zur Ferienanlage fahren, damit Sie wissen, was Sie eigentlich fotografieren sollen«, sagte er. »Anschließend zeige ich Ihnen den Flugplatz, von dem aus Sie starten werden.«

      »Ich hoffe, dass Sie das nicht wörtlich meinen und davon ausgehen, dass ich persönlich starten werde«, erwiderte Liane mit gespieltem Entsetzen. »Ich besitze keinen Flugschein und kann mit so einer Maschine überhaupt nicht umgehen.«

      »Das müssen Sie auch nicht. Dafür ist der Pilot da. Sie können sich ganz auf Ihre Aufnahmen konzentrieren und bringen sicher sehr schöne Bilder von der Ferienanlage mit. Das Flugzeug hat übrigens Platz für drei Passagiere,


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