Inseln der Macht. Frank Westermann

Inseln der Macht - Frank Westermann


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Gesprächsthema zu sein.

      Es klingelte und Beppo eilte diensteifrig zur Tür. Er brachte Hancos mit, einen Typ spanischer Abstammung, der sich zwischen den braunen bis schwarzen Gruppenmitgliedern aber längst nicht mehr unwohl fühlte. Er war sowieso ein fröhlicher Typ und die Stimmung wurde gleich etwas lockerer.

      Er kraulte Lerc hinterm Ohr und setzte sich neben Veila.

      »Na, wie sieht's aus? Hat Tinni einen Herzanfall gekriegt vom vielen Fressen.«

      Veila lachte. »Wenn das unsere einzige Chance ist, den Diktator zu beseitigen …«

      »Wir werden sehen«, knurrte Christer.

      Zum Glück kamen jetzt auch Big Kid und Jenka. Damit waren sie vollzählig.

      »Es ist wohl am besten, wenn Beppo erzählt«, fing Christer an. »Wegen ihm sind wir schließlich hier.«

      Beppo sah ihn dankbar an. Lerc schüttelte angewidert den Kopf. Beppo also, der Speichellecker von Christer. Aber es musste wohl etwas Wichtiges sein, denn Beppo arbeitete in der Zentralverwaltung und konnte ab und zu über Umwege und kleine Bestechungen Zugang zum peripheren Rechner bekommen, der direkt an Head Control angeschlossen war. So erhielten sie die besten Informationen. Denn alles lief über Head Control. Das Militär vertraute dem Computer mehr als den Menschen.

      »Ich merkte eigentlich schon am Verhalten einiger Techniker, dass etwas im Gange war«, begann Beppo. »Erst mal liefen mehr rum als gewöhnlich und dann hörte ich von Entlassungen. Und zwar waren alles Leute betroffen, die dem Head Control Service angehörten. Es ist völlig ungewöhnlich, dass Head Control-Leute gefeuert werden, weil sie ja direkten Zugang zum Computer haben und ihn bedienen. Sie sind also allesamt Geheimnisträger und tausendmal durchgetestet, bevor sie den Job bekamen.«

      »Und dann entlässt man sie einfach so,« hakte Veila ein. »Das ist doch ein viel zu hohes Risiko. Die Leute sitzen ja dann auf der Straße und erzählen jedem, der ihnen etwas Kohle gibt, was er wissen will.«

      »Zwei Möglichkeiten«, antwortete Elfes. »Entweder sie kriegen eine Gehirnwäsche oder sie werden alle umgelegt. Und eine dicke Rente ist ihnen eh sicher.«

      »Na, egal«, fuhr Beppo fort.«Auf jeden Fall flüsterte mein Chef dauernd mit den hohen Angestellten rum, dass irgendwas am Computer im Gange sei. Und die Techniker richteten sich bei uns häuslich ein und übernachteten sogar in der Verwaltung.«

      »Und trotzdem bist du zum Rechner gegangen.« fragte Christer ungläubig.

      »Es war gerade eine günstige Gelegenheit. Ich kriegte einen Auftrag vom Chef für die Datenstelle und ein Anschluss für den Peripherie-Rechner ist gleich nebenan. Als Erlaubnis braucht man eine gelbe Karte. Der Chef war gerade zu Mittag und da hab ich mir eine Karte aus seinem Schreibtisch geholt. Wenn sie mich erwischt hätten, konnte ich immer noch sagen, dass ich glaubte, ich müsste den Rechner für das Problem benutzen, und er hätte vergessen, mir die Karte zu geben.«

      »Klingt ganz schön kompliziert«, meinte Jenka.

      »Nee, ist es nicht. Schließlich bin ich schon fünf Jahre da und blicke einigermaßen durch. Ich ging also ganz offen zum Anschluss vom Rechner und wie erwartet lungerten einige Techniker rum. Als sie sahen, dass ich eine Erlaubnis hatte und der Computer mir grünes Licht gab, beachteten sie mich nicht weiter. Ich zog den Scheiß, den ich zu bearbeiten hatte, etwas in die Länge und stellte auch nur eine Frage dazwischen. Das war das einzige Risiko¡ denn es konnte sein, dass die Information so geheim war, dass sie nur an besonders autorisierte Personen abgegeben wurde. Vielleicht hätte in so einem Fall der Rechner sogar meine Frage gespeichert und gleich an die Kontrolle weitergeleitet. Dann wäre sofort Alarm gegeben worden und alles aufgeflogen.«

      »Mensch, das war doch viel zu riskant.« entfuhr es Big Kid.

      »Er wird schon wissen, worauf er sich eingelassen hat«, entgegnete Lerc.

      Beppo sah erstaunt hoch. Seit wann verteidigte Lerc ihn? Er schluckte trocken und erzählte dann weiter:

      »Nun, wie sich rausstellte, war's in dieser Hinsicht recht harmlos. Die Information soll sowieso an die gesamte Bevölkerung gegeben werden. Nur eben jetzt noch nicht.«

      »Also, mach's nicht so spannend!«, fuhr Christer ihn an. »Einen Orden kriegste von uns nicht.«

      »Also, Scheiße noch mal …,« Lerc verstummte wieder. Christers Tonfall brachte ihn auf 180. Aber es hatte keinen Zweck, jetzt eine Debatte über Personen ins Spiel zu bringen.

      »Unterbrecht mich nicht immer, dann geht's auch schneller«, sagte Beppo gereizt. »Also, ich fragte, was mit Head Control passiert, und erhielt als Antwort zwei ganz kurze Infobits: Head Control Überwachung, Erweiterung und neue Kontrollmarken.«

      »Was ist los.«

      »Blöde Computersprache.«

      »Mensch, damit kann doch keiner was anfangen.«

      Alle redeten durcheinander. Lerc wechselte einen kurzen Blick mit Christer. Dann wusste er Bescheid. Es war nicht allzu schwer zu verstehen. Und langsam kamen auch die anderen dahinter.

      »Du meinst, sie stellen neue Marken aus«, fragte Hanne entsetzt.

      Beppo nickte.«Es sieht nach einer groß angelegten Aktion aus. Wahrscheinlich bringen sie an alle möglichen Straßen und Orten Kontrollgeräte an - natürlich unsichtbar für uns. Und die neuen Marken werden so beschaffen sein, dass die Kontrollgeräte sie aus der Entfernung überprüfen können.«

      »Aber dann fällt der ganze Plan mit Bergotos in sich zusammen«, rief Hancos erschüttert.

      Genau das war es, dachte Lerc. Das war die direkte Auswirkung. Die Konsequenzen dieser Maßnahme waren denkbar schlecht. Niemand, der gesucht wurde, konnte sich noch irgendwo blicken lassen. Die Kontrollgeräte würden ihn sofort registrieren.

      Und ohne Marke war man sowieso verloren. Man brauchte sie zu allem: zum Einkaufen, als Eintrittsbeleg, als Ausweis … Und wahrscheinlich würden die Geräte auch Personen ohne Marke erkennen.

      »Wie weit sind sie mit den Marken?«, erkundigte sich Christer.

      »Ich weiß nicht.«

      »Es dauert bestimmt noch zwei Wochen«, schätzte Latraa. »Immerhin brauchen sie Zeit, um alles umzustellen.«

      »Nehmen wir vorsichtshalber eine Woche«, sagte Jenka. »Damit wäre schon alles hinfällig.«

      »Und die drei können in Bergotos verfaulen, was.« regte sich Veila auf.

      »Mensch, um das zu verhindern, sitzen wir ja hier«, schnappte Big Kid.

      »Wie soll denn das Ganze überhaupt ablaufen?«, fragte Elfes. »Machen sie eine große Umtauschaktion.«

      »So ähnlich stelle ich es mir vor«, warf Lerc ein. »Dabei können sie gleich alle noch mal überprüfen. Man gibt die alte Marke zurück und kriegt eine neue. Das wird sich auch eine Zeit hinziehen.«

      »Klar, aber im Organisieren sind sie Meister«, gab Jenka zu bedenken.

      »Okay, wir haben also rund eine Woche Zeit«, vermutete Big Kid. »Bis dahin sind die Marken nicht fertig.«

      »Auf keinen Fall«, bekräftigte Latran, der die Verbindung zu den Fälschern hatte.

      »Außerdem ist es wohl der Sinn dieses Markentausches, endlich fälschungssichere Marken auszugeben«, fügte Elfes einen weiteren Grund hinzu.

      »Es ist also klar, dass wir die drei in ein paar Tagen rausholen müssen«, sagte Christer bestimmt. »Und zwar ohne Marken.«

      Er hat sich schon alles zurechtgelegt, dachte Lerc. Natürlich war Beppo mit der Nachricht gleich zu Christer gelaufen und sie hatten hier eine Show abgezogen. Und jetzt wird er uns allen gleich einen wunderhübschen Plan servieren, wie wir alles managen können.

      »Wir brauchen gar nicht viel an dem alten Plan zu ändern«, fuhr Christer


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