Der Televisionär. Группа авторов

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insgesamt überdurchschnittlich – konnten Motzki ebenso wenig retten wie das positive internationale Echo. Die ARD-Verwalter hatten schon vor der Ausstrahlung versucht, das Schlimmste zu verhindern:

      Wenn die opportunistische Reaktion ›seines‹ Senders auf den ungeliebten Erfolg von Motzki Wolfgang Menge auch nicht gleichgültig ließ und durchaus ein wenig verbitterte – überraschen konnte sie ihn nicht. Denn bereits in den Auseinandersetzungen um Ein Herz und eine Seele Mitte der siebziger Jahre hatte er erfahren müssen, dass die Gremien, die über die ARD wachten, seine Sehnsucht nach TV-gemäßer liveness primär als unnötiges Risiko wahrnahmen und seinen kabarettistisch-respektlosen Witz als Gefährdung der gewünschten Unverbindlichkeit des Programms. In der Konsequenz opponierte er damals nicht nur frontal, indem er mit dem Fernsehspiel Ein Mann von gestern den unheilvollen Einfluss der Politik auf das Fernsehen als Ende journalistischer Freiheit thematisierte. Gleichzeitig erschloss er sich, da liveness einzig im neuen Freiraum der Talkshow, nicht aber in den Genres des Fernsehspiels oder der Sitcom zu haben war, auch mit einer gewissen List ein komplett neues Arbeits- und Themenfeld, für das sich liveness ohnehin nur simulieren ließ: die deutsche Geschichte. Diese erneute künstlerische Wende korrelierte zeitlich mit einer grundsätzlichen Veränderung des Fernsehens selbst, zu der es um 1980 kam.

      3 Spiel mit der Geschichte: Von Was wären wir ohne uns zu Ende der Unschuld

      Technisch wie organisatorisch veränderte sich die Television seit ihrer massenhaften Einführung in Großbritannien und den USA während der späten 1940er Jahre kontinuierlich bis in die 1970er Jahre hinein. So wurden Aufzeichnungsverfahren zur asynchronen Versendung entwickelt, die Bildschirme der Empfangsgeräte vergrößerten und verbesserten sich, sie wurden farbig, die Tonqualität steigerte sich von Mono über Stereo auf HiFi, neue Sender und Kanäle erweiterten das Unterhaltungs- und Informationsangebot. Um 1980 jedoch kulminierte eine Vielzahl grundlegender technischer, sozialer und politischer Entwicklungen. Aus ihnen resultierte eine tiefgehende Neuorganisation des medialen Dispositivs Rundfunk und speziell Fernsehen: eine erste, noch analoge Disruption.

      Im Zusammenwirken von technischen Neuerungen, einem Wandel sozialer Bedürfnisse und der politisch gewollten Einführung des dualen Systems vollzog sich so zwischen Mitte der 1980er und Mitte der 1990er Jahre erst in der Bundesrepublik, dann in Gesamtdeutschland eine Disruption des medialen Dispositivs Rundfunk. Ihr zentrales Kennzeichen war eine radikale Ausdifferenzierung des monolithischen Leitmediums Fernsehen: Die Vervielfachung des Programmangebots durch Privatisierung und Internationalisierung bewirkte eine Zersplitterung des Publikums – der einstigen Fern­sehnation – und zugleich auch seine Aktivierung durch gesteigerte Wahlmöglichkeiten. An die Stelle der bis dato vorherrschenden programmierten Gleichzeitigkeit eines rein passiven Konsums von Audiovisionen trat – mehr als ein Jahrzehnt vor der Durchsetzung digitaler Audiovisualität – zunehmend die Freiheit vom Programm und damit die Notwendigkeit zu mehr oder weniger bewussten Rezeptions-Entscheidungen.

      Relativ zeitgleich mit dem Beginn dieser analogen Disruption des Fernseh-Dispositivs beschloss Wolfgang Menge, sich als TV-Autor von spekulativ-zukunftsorientierten Faktionen ab- und historischen Rekonstruktionen zuzuwenden. Damit teilte sich seine Arbeit für das Fernsehen in zwei gegensätzliche Teile: in die kommentierende Live-Begleitung des bundesrepublikanischen Zeitgeschehens als Talkshow-Host und als Komplement zu dieser absoluten Gegenwärtigkeit die narrative Rekonstruktion deutscher Vergangenheit als Fernsehspielautor.


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