Backstagepass. Peter O. Bischoff
Uher-Tonbandgerät machte ich davon einen Mitschnitt. Chris berichtete von den Aufnahmen des Albums, bei dem sie Nick Mason, den Drummer von Pink Floyd, als Produzenten dazu holten, aber bald wieder nach Hause schickten, weil es sie nicht wirklich weiterbrachte.
In der Toilette traf ich Georg Danzer, der hatte auf dem Spiegel mit Filzstift „Danzer was here“ hinterlassen und grinste mich beim Rausgehen triumphierend an. Der Studiobesitzer Jörg verriet mir einiges über die Aufnahmen, die David Bowie dort gemacht hatte, bevor er ins Hansa Studio wechselte:
„Let‘s make a hit tonight“ soll Bowie gesagt haben. Dort entstanden also die ersten Demos zu Heroes.
Danach in unserem Jugendheim war ich regelmäßig bei der Band A 33 (Buslinie in Berlin), später Firma 33, im Übungsraum und guckte mir die ersten Tricks am Schlagzeug ab. Die spielte überwiegend Titel nach und war perfekt im Beatles nachsingen. Der Schlagzeuger Rüdiger Selle besaß eine Stimme wie Paul und John zusammen. Ich half bei einigen Auftritten beim Aufbau, war also schon Roadie, bevor ich wusste was das bedeutete.
Später machte ich eine Zeitlang den Aushilfsroadie bei Tangerine Dream, transportierte die riesigen Synthesizertürme durch Berlin, Peter Baumanns amerikanischen Straßenkreuzer LTD, bei dem der Auspuff fehlte und der wie ein Panzer klang, durfte ich in die Werkstatt fahren (zur Sicherheit fuhr der Truck hinter mir), man ließ mich Edgar Froeses‘ Garage ausmisten usw. Ich machte das, was für‘ n Aushilfsroadie eben so anfiel.
Bei dem Garagenjob machte ich einen Fehler, den ich heute noch bereue. Da standen ein alter Sessel und ein paar Lautsprecherboxen aus dem Besitz von John Lennon, die mir Chefroadie Roli anbot. Weshalb ich da nicht zuschlug, weiß ich bis heute nicht. Wahrscheinlich fehlte mir das nötige Kleingeld.
Bei einem Auftritt von Tangerine Dream in der Philharmonie fotografierte ich den kompletten Aufbau der beindruckenden Anlage.
Peter Baumann 1978
Where Are We Now? (David Bowie)
Einige Tage später kam der Auftrag, Equipment aus Bowies Wohnung in der Hauptstraße 155 in Berlin Schöneberg abzuholen und zum Übungsraum von TD nach Tempelhof zu transportieren. Roli und ich fuhren hin und klingelten unten.
Coco Schwab und David Bowie – Hauptstraße Berlin
David Bowie – Hauptstraße Berlin
Ein leicht angetrunkener Ami öffnete und stellte sich als Jimmy vor. Es war Iggy Pop (James Osterberg). Der wohnte bei Bowie. Später hatte er eine eigene Wohnung im Hinterhaus.
Im 1. Stock begrüßte uns ein blonder Engländer mit Schnauzbart: „Hello, I‘m David“. Er trug blaue Jeanshose und schwarze Lederjacke, schwarze Clogs und eine graue Schiebermütze. Sah überhaupt nicht aus wie ein Popstar. David war sehr nett und zeigte uns die Anlage, die wir mitnehmen sollten. Wir luden seine Sachen aus der 6-Zimmer-Wohnung in den Truck und fuhren Richtung Übungsraum nach Tempelhof. Übungsraum ist leicht untertrieben: Es handelte sich um einen Saal von ca. 1000 qm. Heute befindet sich an dieser Stelle ein Teil der UFA Fabrik. Später probte Iggy hier mit seiner Band für die Welttournee mit Bowie am Piano. Später kam dann noch Brian Eno dazu. Bei der Session mit ihm war ich leider nicht mehr dabei. Hatte ‘nen Termin beim Zahnarzt. Auch schöne Musik.
Da ich nun wusste, wo Bowie wohnte, lauerte ich ihm eines Tages so lange vor der Haustür auf, bis es mir gelang, nachfolgende Schnappschüsse zu machen. Ich postierte meinen VW Bus gegenüber des Hauseingangs und hatte das Glück, dass Bowie bald mit seiner Assistentin Coco Schwab, die heute noch für ihn arbeitet, herauskam und geradewegs auf mich zulief. Meine Canon AE1 mit Winder ratterte los. Sie gingen dicht an meinem Auto vorbei und kamen kurze Zeit später auf der anderen Straßenseite zurück. Beide trugen fast die gleichen Klamotten: blaue Jeans, schwarze Clogs und graue Schiebermütze. Bowie in kurzer schwarzer Lederjacke und hellem Hemd. Unauffälliger gings nicht.
Coco Schwab und David Bowie
Die Fotos verkaufte ich später an den Musik Joker, um mein eigenes kleines Fotolabor zu finanzieren. Als das publik wurde, nannten einige mich nur noch Lokalmafia.
Natürlich besuchte ich auch Bowies Konzerte in der Berliner Deutschlandhalle. Mit Gratistickets von der Plattenfirma, dank meiner Tätigkeit in der Schallplattenabteilung bei Montanus am Kurfürstendamm. Es war die Station to Station Tour, wo Bowie, angestrahlt von weißem Neonlicht, auf der Bühne stand, bei dem es einen kleinen Zwischenfall gab.
David Bowie – Deutschlandhalle Berlin 1976
Während eines Gedrängels vor der Bühne unterbrach Bowie das Konzert. Nachdem sich alles beruhigt hatte, setzte er den Song noch mal an, brach dann abermals ab, kam nicht mehr rein. Dieser Zwischenfall hatte ihn aus der gewohnten coolen Fassung gebracht. Mit „Rebel Rebel“ gings dann weiter.
Riesig das Interesse an Bowie hier in Berlin. Eines Tages erhielt ich sogar einen Anruf aus London vom Melody Maker, die alles Mögliche über ihn von mir wissen wollten. Der Musik Joker hatte meine Fotos geschickt. Sogar Bowie-Edel-Groupie Sarah aus Berlin rief bei mir an, um mich auszuquetschen.
David Bowie 1978
Ich erlebte Bowie dann noch mal Backstage bei einem Zappa-Konzert in der Deutschlandhalle, wo er und Iggy Pop die ganze Zeit hinter der Bühne saßen, während vorne Zappa sich in einem Song über den „white english popstar“ ausliess und Bowie kräftig durch den Kakao zog. Niemand vorne wusste, dass Bowie anwesend war.
David Bowie und Iggy Pop Backstage beim Zappa-Konzert
Dieses Foto hatte ich mit meiner kleinen Agenten-Kamera gemacht: die Neu-Berliner Iggy und Bowie auf der Hinterbühne. Nach dem Konzert standen sie vor Zappas Garderobe: Presse, Freunde, Bowie, Iggy warteten darauf ins Allerheiligste gebeten zu werden. Kurze Zeit später linste John Smuthers – Zappas glatzköpfiger Leibwächter – durch die Tür und winkte Iggy rein. In Bowies Gesicht war die Enttäuschung geschrieben. Ich weiß nicht, ob das vielleicht der Grund dafür war, weshalb er Zappas Gitarristen Adrian Belew für seine nächste Tour abwarb.
John Smuthers hatte während des Konzerts jemanden zusammengeschissen, weil der seinen Backstage-Pass nicht sichtbar trug. Er zeigte auf mich und sagte, dass man das Ding so zu tragen hätte. Ich hatte ihn professionell, wie es sich gehört, gut sichtbar auf den Oberschenkel meiner Jeans geklebt und fühlte mich jetzt außerordentlich gebauchpinselt.
Ich hatte Zappa mit Supergroupie Sarah am Flughafen abgeholt und mir bei der Gelegenheit ein Autogramm geben lassen. Er kam als erster durch das Gate, links eine aufgeschlagene Illustrierte, rechts das Handgepäck. Seine Band dackelte hinter ihm her. Dann ins Hotel – Sarah und ich im VW Variant vorne weg. Er mit Band im Kleinbus hinterher.
Frank Zappa 1978
Ein Soundcheck ist für alle Beteiligten und auch für Nicht-Beteiligte das Langweiligste und zuweilen Nervigste, was man sich vorstellen kann. OK, es gibt Ausnahmen. Beim Zappa-Konzert wurde der Saal für das Publikum schon beim Soundcheck geöffnet, und das platzte mitten hinein.
„Welcome to the Mothers of Invention Soundcheck“ begrüßte er alle. Nach ca. 20 Minuten verließen er und Band die Bühne, um dann präzise 20 Uhr mit dem Konzert loszulegen.
Lust For Life (Iggy Pop)
Das nächste Konzertereignis ließ nicht lange auf sich warten. Beim Konzert von Iggy Pop in der Hochschule Der Künste stand der erste Punk Berlins vor mir, Jäki, der Iggy vor Begeisterung ins Bein biss.
Jäki Eldorado (Jochen Hildisch) sollte ich Jahre später in Hamburg, ein wenig disziplinierter, als Tourneeleiter von diversen Bands (Die Toten Hosen, Robbie Williams etc.) wiedertreffen.
Fotos von Iggy vor seinem Übungsraum gemacht – Schnappschüsse, wie er mit seiner Band ankam – ließ ich wie auch andere