Backstagepass. Peter O. Bischoff

Backstagepass - Peter O. Bischoff


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Revolver von den Beatles. Ein Schulfreund fragte mich, wie denn das Titelstück „Revolver“ sei. Es war ungewöhnlich, ein Album nicht nach einem darauf enthaltenen Song zu nennen (einen Song namens „Revolver“ von den Beatles gibt es nicht).

      Im christlichen Gemeindehaus befand sich neben dem Tischtennisraum ein Raum zum Abhängen. Ein Plattenspieler stand da mit genau einer einzigen LP: „Abbey Road“. Jeder, der reinkam, sagte: „Oh schön, „Abbey Road!“ und wenn die Platte abgespielt war, legte man die Nadel wieder rauf. Das ging den ganzen Abend so.

      Die Konzerte waren vergleichsweise billig, wenn man die heutigen Eintrittspreise als Vergleich nimmt. Die ersten Konzertbesuche kosteten um die 10,- DM. Trotzdem ließen wir uns öfters was einfallen, um günstig reinzukommen.

      Bei John Mayall sammelten wir die Kartenabschnitte vor der Kasse ein und versuchten, sie wieder zusammen zukleben. Mit dem bloßem Auge nicht zu erkennen, aber wenn man mit der Hand rüberstrich, fühlte man das mitunter schon. Einer von uns hatte die Technik wirklich perfekt raus. Bald aber wurden die Tickets fälschungssicherer, die Abreißer aufmerksamer, sodass der Aufwand sich nicht mehr lohnte.

      Eine geklebte Karte von 1971 habe ich noch. Am 13.6. spielten MAN, Alexis Korner, Atomic Rooster und Status Quo im Sportpalast. Einer von unserer Gang kannte jemandem vom Einlass, weshalb wir schnell durchgewunken wurden. Jedenfalls brauchten wir unsere Fake-Karten nicht.

      Crosstown Traffic (Jimi Hendrix)

      Beim völlig ausverkauften Jimi Hendrix Konzert, half nur noch Bestechung. Der Ordner bekam 20,- DM und ließ uns drei Schnorrer durch einen Seiteneingang rein. Oben im Rang waren noch Plätze frei. Wer ahnte da schon, dass es Jimis vorletztes Konzert sein würde. Danach noch ein Gig auf Fehmarn. Und zwei Wochen später finito.

      Seinen Tourneebetreuer damals, Gerd Augustin, lernte ich Jahre später durch seinen Cousin Hans Riebe kennen. Wir besuchten ihn in seinem Haus in Bremen.

      Gerd wusste ‘ne Menge über Hendrix zu erzählen und über Patrick Gammon, (Pianist von Ike & Tina Turner, Duopartner von Tommy Fuchsberger bei PATTO), da hatte er eine ganze Kammer voll mit Stücken der Erinnerung, Fotos etc. Interessant auch Geschichten über die Arbeit mit Amon Düül. Sein Buch „Der Pate des Krautrock“ ist sehr empfehlenswert. Und „Klartext/Voll daneben“ von ihm und Olaf Kübler. Das von ihm handsignierte Buch habe ich blöderweise verbummelt bzw. verliehen und nie wiederbekommen.

      Später schenkte es mir Mike Wrage. Und wieder war es kurze Zeit später verschwunden.

      Dann ersteigerte ich es bei Ebay. Witzigerweise von Birte, der Frau Joja Wendts. Eben gucke ich ins Regal und kann es wieder nicht finden. Müsste aber eigentlich da sein. Geht die Suche schon wieder los.

      Olaf Kübler war als Saxophonist lange bei Udo Lindenberg. Später hat er Udo verklagt, weil der ihm wohl all die coolen Sprüche geklaut hatte, wie „Alles klar auf der Andrea Doria“. Etwas hat der verrückte Olaf wohl bekommen, nur 500.000 DM, seine anfängliche Forderung, waren es nicht.

      Gypsy Queen (Uriah Heep)

      Uriah Heep und Edgar Broughton Band auf Tournee?! Das konnte ich mir nicht entgehen lassen. Im Vorverkauf hatte ich mir einen Gutschein für eine Konzertkarte bei der Neuen Welt in der Hasenheide Berlin gesichert. Und schon war ich drin.

      Die Berliner Band The Twangy Gang war die Vorgruppe. Mit Hübi an den Drums. Ihm sollte ich später mal mein Becken-Set für einen Auftritt leihen.

      Lange Pause nach The Twangy Gang. Erst Ratlosigkeit, dann kribblige Ungeduld im Publikum. Probleme mit den englischen Bands? Endlich brachte die Edgar Broughton Band eine Acapella Nummer und verschwand gleich wieder. Feierabend. Grund: die Anlage war nicht rechtzeitig in Berlin angekommen, Uriah Heep tauchte erst gar nicht auf. Sowas passierte früher öfters mal, dass Bands Probleme hatten, sich und ihren Kram über die Grenze durch die DDR zu kriegen. Gewaltiger Unmut. Lautstark machten wir unserem Ärger Luft, bis einige Catcher auf der Bühne auftauchten und uns mit ihren Muskelspielen klar machten, dass die Veranstaltung jetzt beendet sei. Ich ging enttäuscht nach Hause und wusste, dass mir das mit dem Gutschein nicht noch einmal passieren würde.

      Wenn ich den gegen ein Ticket eingetauscht hätte, wäre eine Reklamation verbunden mit Rückerstattung möglich gewesen. Mein Lehrlingsgehalt war nämlich nicht so üppig, was man nicht oft genug wiederholen kann.

      Als Uriah Heep Jahrhunderte später in Stuttgart spielten und der kleinwüchsige Stuttgarter Tourveranstalter Henning Tögel sie zuvor besuchen wollte, klopfte er an die Garderobentür. Tür ging auf und nach einigen Sekunden wieder zu. Henning Tögel, abgehärtet durch jahrelange Tourerfahrung, klopfte erneut und wieder wurde geöffnet. Diesmal nahm man ihn zum Glück wahr, der Gitarrist Mick Box meinte allerdings nur „Oh, I‘m sorry, but snowwhite is not in“ und schloß prustend die Tür wieder zu. Uriah Heep fanden das witzig, Henning, mit dem ich später einige Male zu tun hatte, weniger.

      In den Sechzigern und frühen Siebzigern gab es nicht annähernd so viele Informationsmöglichkeiten über Musik wie heute. Im Radio nur wenige Sendungen zum Thema Pop/Rock. Im TV nur den Beatclub und dann war da natürlich die Bravo. Erst in den 70er kamen mehr Zeitschriften wie Sounds, Musikexpress, Pop u.a., Riebes Fachblatt sei hier gerne mit erwähnt. Im TV war später nur noch der WDR Rockpalast mit seinen Live-Sendungen innovativ. Unvergessen, wie Albrecht Metzger der Moderator, in der Garderobe nach kurzem beeindruckenden Gekniedel auf der Slidegitarre von Lowell George, dem Gitarristen von Little Feat, diesen fragte, ob das Instrument schwer zu spielen sei. (sic). Albrecht Metzger war auch Kunde bei Montanus Aktuell am Kudamm, wo ich ihn mal mit „Mr. Rockpalast“ ansprach, was er genervt überhörte.

      Immer wieder Überraschungen! Auch in Discos spielten damals Bands wie The Pretty Things (Big Eden) und in der Dachluke waren Ash Ra Tempel (noch mit Klaus Schulze am Schlagzeug) ohne Technikchikimicki. In den kleineren Discos gab es progressivere Musik von Platte oder Band zu hören.In der Tube brachten sie mal das komplette Pink Floyd Konzert vom gleichen Abend aus der Deutschlandhalle ein zweites Mal über die megagroßen Boxen. Im Milli Vanilli u.a.Titel von Alan Parsons „Tales of Mystery and Imagination“ und progressive Songs wie „In A Gadda Da Vida“ auf die Ohren. Bevor ich ins Schwärmen gerate, beende ich das jetzt. Ich selbst legte dann im Softrock Cafe auf.

      Vier Mal die Woche. Immer ab 22 Uhr, gegen 4 Uhr wurde es nochmal richtig voll, weil alle anderen Discos Feierabend machten. Teilweise ging‘s bis morgens um 9 Uhr, dann übernahm ein anderer DJ bis mittags. Frühclubs gab es schon in den 70ern.

      Als ich schon in Hamburg lebte, ging ich wieder mal hin, und klingelte. Neuer Name, anderes Personal. Die Türsteherin blickte meinen Kumpel und mich kurz an: „Heute ist geschlossene Gesellschaft“ und schloss die Tür. Ich klingelte noch mal und fragte nach Anette. Die kam auch. „Du kannst doch nicht unseren alten DJ einfach abweisen“ sagte sie zu der konsternierten Tante.

      Geh Zu Ihr (Puhdys)

      Mein damaliger Bandkollege und frischgebackener Anwalt Ulrich Schulze-Rossbach berichtete mir, die Fabrik in Hamburg sei auf der Suche nach einem Programmmacher. Das machte mich hellhörig.

      Ulrich arbeitete als Syndikus für die neugegründete Berliner Plattenfirma Pool, die DDR-Bands wie Puhdys und Karat im Westen rausbrachte. Der Chef hieß Franz Hamann, war außerdem Steuerberater der Hamburger Fabrik und fuhr einen frechen kleinen Porsche, der am Hamburger Flughafen immer bereit stand. Den konnte er sich schon leisten, bevor Karat mit „Über sieben Brücken“ ihren ersten West-Erfolg haben sollte und lange bevor Peter Maffay diesen Titel coverte. Hamann war nebenbei auch noch Inhaber vom Musikverlag, Geschäftsführer war der legendäre Peter Schimmelpfennig. Übrigens fuhr damals jeder leitende Fabrik-Angestellte Porsche, inklusive Chef Horst Dietrich. Den traf ich und wurde nach kurzem Gespräch für die Fabrik, Hamburgs Kulturzentrum, engagiert. Die nervenaufreibende Tätigkeit als DJ in der In-Disco Softrock Cafe in Berlin kündigte ich, machte erst mal verdientermaßen Urlaub in Kalifornien und fing Mitte September


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