Werte wahren - Gesellschaft gestalten. Franz-Peter Tebartz-van Elst

Werte wahren - Gesellschaft gestalten - Franz-Peter Tebartz-van Elst


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       III.Nachhaltigkeit und Stiftungen

       1.Empathie und Sympathie

       2.Kreativität und Spiritualität

       3.Solidarität und Subsidiarität

       Fünftes Kapitel: Konkretionen Wertebildung aus Glaubensverantwortung

       I.Christliche Bildungsarbeit als ethische Profilschärfung

       1. Konsensualität

       2. Katholizität

       3. Komplementarität

       II. Christliche Anwaltschaft für den Lebensschutz

       1.Biomedizin und Menschenbild

       2.Potenzial und Manipulation

       3.Ethik und Humanisierung

       III.Krankenpflege als Leib- und Seelsorge

       1.Bandbreite des Lebens

       2.Widerspruch im Glauben

       3.Sensibilität aus Mitgefühl

       4.Annahme des Todes

       5.Bekenntnis zum Leben

       Sechstes Kapitel: Korrekturen Gerechtigkeit als Gabe des Glaubens

       I.Wirtschaftskrise als Wertekrise

       1.Phänomene und Indikatoren

       2.Katholische Soziallehre und Soziale Marktwirtschaft

       3.Orientierung und Regulierung

       II. Veränderungsbereitschaft und Zukunftsfähigkeit

       1.Mensch und Zeit

       2.Gesellschaft und Geschwisterlichkeit

       3.Ziel und Zukunft

       III.Medien und Moral

       1.Gesellschaft prägt Medien

       2.Medien brauchen Moral

       3.Moral formt Profil

       Siebtes Kapitel: Konspirationen Kirche und Gesellschaft im Zeichen des Kreuzes

       Bild: Walsdorfer Kreuz

       I. Christliches Bekenntnis in säkularer Umwelt

       1. Verlust der Mitte

       2. Bewährung in Bedärngnis

       3. Gefährtenschaft aus Leidenschaft

       II. Christliches Ethos als Vernunft der Liebe

       1. Säkularisierung als Verlust der Religion

       2. ,fides et ratio' als Prinzip der Humanisierung

       3. Glaube als Licht der Vernunft

       III. Christliche Wurzeln als Wachstum Europas

       1. Ökonomie des Marktes

       2. Krise des Kontinents

       3. Ökologie des Menschen

       Ausblick: Mit Werten Wege kreuzen – ein Bild als Botschaft

       Anmerkungen

      Unter den bewegenden Ansprachen,die Papst Benedikt XVI. während seines Besuches in Deutschland vom 22. bis 25. September 2011 gehalten hat,ist seine Rede vor dem Bundestag im Berliner Reichstagsgebäude zu einem besonderen und bleibenden Referenztext geworden, wenn es darum geht, Werte zu wahren und Gesellschaft zu gestalten. Dass die Erde und der Mensch von Gott her eine Würde in sich tragen, die es zu wahren gilt, hat Papst Benedikt XVI. eindrucksvoll vermittelt, indem er das Verhältnis von Natur und Vernunft aus christlicher Sicht als Quelle einer Erkenntnisorientierung zu erschließen vermochte. Er hat dabei die gängige, fast absolutistische Sichtweise eines positivistischen Konzeptes von Natur und Vernunft infrage gestellt, das nur gelten lässt, was sich der Mensch mittels seines Verstandes erschlossen hat und als allein gültig betrachtet. Ohne die damit verbundenen Leistungen des Menschen in seiner Bedeutung zu schmälern oder zu verachten, weist Papst Benedikt aber darauf hin, dass nachhaltige Wertebildung und -bindung in Staat und Gesellschaft einen darüber hinausgehenden Erkenntnishorizont brauchen: „Das positivistische Verhältnis von Natur und Vernunft, die positivistische Weltsicht als Ganze ist ein großartiger Teil menschlichen Erkennens und menschlichen Könnens, auf die wir keinesfalls verzichten dürfen. Aber es ist nicht selbst als Ganzes eine dem Menschen in seiner Weite entsprechende und genügende Kultur.Wo die positivistische Vernunft sich allein als die genügende Kultur ansieht und alle anderen kulturellen Realitäten in den Status der Subkultur verbannt, da verkleinert sie den Menschen;ja,sie bedroht seine Menschlichkeit. (…)“1

      Diese Wahrnehmung bewegt Christen, die sich mit allen Menschen, Gruppen und Vereinigungen in unserem Land um eine gemeinsame Zukunft in Gerechtigkeit, Frieden und Solidarität sorgen. Wie sehr die Politik in ihrer Verantwortung auf Wertebildung und -wahrung angewiesen ist, wird umso bedrängender bewusst, wo sich verbindende und tragende Überzeugungen nicht mehr so selbstverständlich generieren, wie die Mütter und Väter des Grundgesetzes dies aus bitteren Lernerfahrungen der Geschichte und mit Weitsicht verfassungsrechtlich verankert wissen wollten.

      Unsere Gesellschaft ist im Umbruch. In diesen vielfältigen Veränderungen, die alle Institutionen erfassen,stellt sich die bange Frage: Sind auch die Werte, die bislang Orientierung und Zusammenhalt gewahrt haben,im Abbruch?

      Bereits kurz vor seiner Wahl zum Nachfolger des Apostels Petrus hat Papst Benedikt XVI. In seiner Predigt vor dem Kardinalskollegium eine zutreffende Zeitdiagnose gegeben, wenn er von einer vorherrschenden „Diktatur des Relativismus“ spricht: „Einen klaren Glauben nach dem Credo der Kirche zu haben wird oft als Fundamentalismus abgestempelt, wohingegen der Relativismus, das sich ,vom Windstoß irgendeiner Lehrmeinung Hin-und-hertreiben-Lassen', als die heutzutage einzige zeitgemäße Haltung erscheint. Es entsteht eine Diktatur des Relativismus, die nichts als endgültig anerkennt und als letztes Maß nur das eigene Ich und seine Gelüste gelten lässt.“ 2

      Es gibt Grund zur Sorge, dass die Werte relativiert oder marginalisiert werden, die das Menschenbild prägen, auf dem unsere Verfassung und Rechtsprechung, unsere Ethik (Medizin) und Kultur aufbauen. Schon vor zwanzig Jahren hat der damalige bayerische Kultusminister Hans Maier selbstkritisch reflektiert, wieweit das Christentum insofern Opfer seines eigenen Erfolgs geworden ist, als genuin christliche Werte so sehr in das Allgemeinbewusstsein übergegangen sind, dass sie nicht mehr als spezifisch christliche Errungenschaften identifiziert werden.

      Heute ist aber auch diese scheinbare Selbstverständlichkeit christlicher Imprägnierung immer weniger gegeben. Fortschreitende Säkularisierung und Individualisierung des Lebens bewirken eine Relativierung und Marginalisierung der Glaubenssubstanz, die Werte hervorbringt und so Voraussetzungen für ein gesellschaftliches Zusammenleben schafft, die Staat und Politik nicht aus sich selbst schaffen können. Relativierung christlicher Werte hat dementsprechend eine Schwächung ethischer Verbindlichkeit und sozialer Verbundenheit zur Folge.

      In seinem Diskussionsbeitrag „Ein Bewusstsein von dem, was fehlt“ 3 nennt der Philosoph Jürgen Habermas vier Desiderate der Gegenwart: den Verlust der eschatologischen Dimension; den Verlust von Solidarität und Motivation zum gemeinwohlorientierten Handeln; den Verlust an Überzeugungsgemeinschaften, die Politik und Staat aus bindenden Werten mittragen, sowie den Verlust an religiös begründeten Stellungnahmen in der politischen Öffentlichkeit. Diktatur der Diesseitigkeit bewirken einen Smog der Säkularisierung des Lebens, in dem die Wurzeln und Wirkung christlicher Werte nicht


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