Please Kill Me. Gillian McCain
Kontaktmikrofon angebracht haben, und auf dem schlug Jimmy Silver den einen durchgehenden Beat unseres besten Songs. Ich habe das Ding ganz allein die drei Stockwerke zum Grande Ballroom hinaufgeschleppt. Und dann haben wir festgestellt, dass unsere Verstärker nicht funktionierten. Und als wir auf die Bühne gegangen sind, schrie das Publikum: „Wir wollen Cream hören, wir wollen Cream hören, runter von der Bühne, wir wollen Cream!“
Ich stand da, hatte vorher zwei Trips gefressen und sagte: „Fuck you!“ Das war einer unserer beschissensten Gigs überhaupt.
Danach bin ich dann zu Dave Alexander mit nachhause gegangen. Ich war am Boden zerstört und dachte: „Und das an deinem einundzwanzigsten Geburtstag! Das war’s dann wohl. Das haut alles überhaupt nicht hin.“
Daves Mama servierte mir einen Cheeseburger mit einer Kerze in der Mitte. Es ging darum, die Dinge am Laufen zu halten, damit es besser werden kann. Bloß nicht aufgeben.
KAPITEL 3: THE MUSIC WE’VE BEEN WAITING TO HEAR
Steve Harris: Mit dem Erfolg der DoorsSingle „Light My Fire“ trat Elektra Records in einen regelrechten Wettbewerb ein, weil wir dadurch genügend Einfluss hatten, auch andere Bands unter Vertrag zu nehmen. Wir waren plötzlich nicht mehr das kleine feine Folklabel.
Danny Fields: Bob Rudnick und Dennis Frawley hatten im East Village Other eine „Kocaine Karma“ betitelte Kolumne, und die beiden überhäuften mich gnadenlos mit ihrer Werbung für diese Band aus Detroit, MC5, was „The Motor City Five“ bedeutete.
Rudnick und Frawley lagen mir ständig in den Ohren:„Du musst dir unbedingt diese Band anhören! Du musst diese Band unter Vertrag nehmen! Das ist die großartigste Band! Sie sind unglaublich populär! Die verkaufen den Grande Ballroom aus! Die verkaufen den gesamten Mittleren Westen aus! Das ist nicht einfach nur eine Band, das ist ein Lebensstil!“
Und MC5 wurden tatsächlich zur Legende, weil sie als einzige Band während der Ausschreitungen der Democratic National Convention in Chicago gespielt haben. Sogar Norman Mailer hat über sie geschrieben.
Wayne Kramer: Als die jungen Gauner, die wir damals waren, haben wir von MC5 schon sehr bald geschnallt, dass dieses Hippiezeug einiges bewegen würde. Und dass es was Großes würde, weil all diese Kids aus den Vorstädten nach Detroit kamen und angezogen waren wie Hippies auf einem Wochenendausflug. Uns war klar, dass wir es nur schaffen konnten, diese Hippies für uns zu begeistern, wenn es uns gelingen würde, auch den Oberhippie zu begeistern, und dieser Oberhippie war John Sinclair.
Sinclair hatte sechs Monate wegen Drogenbesitz in einer Besserungsanstalt in Detroit abgesessen, und seine Knastentlassungsparty wurde das kulturelle Sommerereignis schlechthin. Wir waren auch eingeladen und mussten den ganzen Tag auf unseren Auftritt warten. Zuerst waren diese ganzen dichtenden Dichter und tanzenden Tänzer dran, deshalb konnten wir erst um vier Uhr morgens auftreten. Und dann drehten wir unsere EinhundertWattVerstärker auf volle Lautstärke und dröhnten all diese Hippies und Beatniks voll. Denen war es scheißegal, was man gespielt hat – die Hippies tanzten zu was auch immer. Und dann, mitten in einem Set, als wir einen Song zu Ehren von John Sinclair gespielt haben, kam seine Frau und stellte uns einfach den Saft ab.
Unsere Beziehung zu John hatte also auf einer üblen Note begonnen. Er hatte eine Kolumne in einer lokalen UndergroundZeitschrift und schrieb in seinem Artikel über uns:„Was ist bloß los mit diesen JiveRock ’n’Rollern? Wieso hören die keine vernünftige Musik? Zum Beispiel von Sun Ra oder John Coltrane?“ Das habe ich mir entschieden verbeten. Ich bin zu ihm nachhause gegangen und hab ihm gesagt: „Hey, Mann, was soll dieser Blödsinn? Wir gehören auch zu dieser Gemeinschaft, und wir wissen sehr wohl, wer John Coltrane ist, und wir brauchen einen Platz zum Üben. Können wir den Artist Workshop nicht auch benutzen?“ Also rauchten wir einen Joint, und die Sache war geritzt.
Danny Fields: 1968 hatte sich die Stimmung im Land sehr verändert. Ich habe meinen Ohren nicht getraut, als Präsident Lyndon B. Johnson am Abend verkündete: „Ich will nicht suchen, ich will nicht weglaufen.“ Ich meine, wen sollte man denn jetzt noch hassen? Klar, danach formierte sich die Chicago Democratic National Convention …
John Sinclair: Wir haben darauf bestanden, dass wir 1968 beim Festival of Life während der Democratic Convention in Chicago auftreten konnten. Wir waren diese erfolgshungrige Band aus Detroit – wir wollten bekannt werden, wir wollten Aufmerksamkeit, wir wollten einen Schallplattenvertrag, um es auf den Punkt zu bringen.
Gleichzeitig wollten wir aber dazugehören, weil sich all das absolut mit unserer eigenen Weltsicht deckte. Um zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, sagten wir uns: Wenn wir dort auftreten, können wir Teil des Festival of Life sein und treffen sogar möglicherweise noch irgendwelche Journalisten, die über uns schreiben. Vielleicht wird ja sogar Norman Mailer auf uns aufmerksam!
Wayne Kramer: Ungefähr eine Stunde vor unserem Auftritt kamen ein paar Typen auf uns zu und boten uns Haschischplätzchen an: „Esst aber bitte nur eines, sie sind nämlich sehr stark.“ Deshalb aßen wir natürlich jeder nur eines, aber irgendwann haben wir uns alle vier oder fünf von diesen Dingern geteilt: „O ja, lass mich auch noch mal abbeißen, ich merke nämlich überhaupt nichts, merkst du was? Nein, überhaupt nichts. Ich brauch noch mehr.“
Als es dann Zeit für unseren Auftritt war, merkte ich plötzlich, wie mir das Zeug einfuhr. Ich war total stoned. Ich glaube, wir spielten gerade unseren Song „Starship“ und waren mitten in dieser Spacemusik drin und redeten über den Krieg und den menschlichen Rasenmäher und so weiter, und auf einmal ratterten die Chicagoer Polizeihubschrauber über unseren Köpfen.
Sie kamen immer tiefer, direkt auf uns zu, und das Geräusch der Hubschrauber passte perfekt zu meinem Gitarrenspiel – ja, Mann, das war wirklich perfekt, waaaaahhhhh!
Im Publikum gab es jede Menge Agents provocateurs von der Polizei, und die fingen plötzlich an, Schlägereien anzuzetteln und die Leute rumzuschubsen – Typen in diesen Armyjacken mit kahl rasierten Schädeln und Sonnenbrillen. Das sorgte sofort für schlechte Vibes. Und diese ganze Aktion machte für mich absolut Sinn.
Stoned, wie ich war, machte es für mich absolut Sinn. Das passte perfekt ins Bild.
Dennis Thompson: Als ich all diese Bullen sah, ging mir nur ein einziger Gedanke durch den Kopf: Herr im Himmel, wenn das hier die Revolution sein soll, sind wir aber verloren. Ich dachte, das war’s jetzt wohl. Ich schaute über meine Schulter und sah keinen einzigen Bus von den anderen Bands.„Hey, John Sinclair, wo sind denn all die anderen?“
Das war wie Custer und die Indianer – „Wo ist die Kavallerie?“ Es war keiner da! Ich dachte, außer uns wären noch andere Bands hier! Wo ist Janis Joplin? Sie sollte doch auch hier sein, sie wollte uns doch das Bier mitbringen … Au, Scheiße!
Es müssen an die vieroder fünftausend Kids gewesen sein, die da im LincolnPark rumsaßen. Wir haben ungefähr fünf oder sechs Songs gespielt, und plötzlich kam berittene Polizei mit Schlagstöcken in den Park gestürmt. Der gesamte Park war von Polizisten umstellt. Im wahrsten Sinn des Worts umstellt – mit Helikoptern und allem, was dazugehört.
John Sinclair: Abbie Hoffman stieg auf die Bühne, schnappte sich das Mikrofon und stimmte eine Art Rapgesang an über „die Schweine“ und „die Belagerung Chicagos“.
Ich sagte: „Nein, meine Lieben, das verheißt nichts Gutes“, und irgendwie versuchte ich den anderen zu signalisieren:„Lasst uns verdammt noch mal zusehen, dass wir hier wegkommen.“
Die Roadies begannen fieberhaft, alles einzupacken, alles, außer dem Mikrofon, das Abbie benutzte. Schließlich sagten sie: „Also, Abbie, tut uns leid, aber es geht leider nicht anders … wir sollten ganz schnell von hier verschwinden.“
Wayne Kramer: Wir sind mit unserem Transporter einfach direkt an die Bühne gefahren und haben die ganze Scheiße hineingeschmissen. Ich war total bekifft und wusste, dass in der Minute, in der wir zu spielen aufhören würden, die Krawalle losgehen würden. Das hatten wir bereits mehr als einmal beobachten können – wir