Bon - Der letzte Highway. Jesse Fink

Bon - Der letzte Highway - Jesse Fink


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man gerne um sich hatte. Das geben einem üblicherweise die Eltern und das Zuhause mit auf den Weg. Allerdings hatte er auch ein übles Alkoholproblem, das ganz sicher dazu beitrug, seine wilde Seite hervorzubringen.“

      Angus behauptete einmal, dass Bon in der Lage gewesen wäre, „das Gleichgewicht zu bewahren. Er konnte irgendwo hingehen, wo plötzlich ein Dämon erwachte und er selbst verschwand. Dann tauchte er aber wieder auf, um sich seiner Arbeit zu widmen. Er verpasste nie eine Show. Es kam oft vor, dass Leute schon auf heißen Kohlen saßen und sich fragten, ob dieser Typ überhaupt noch aufkreuzen würde. Dann, ein paar Minuten vor unserer Show, ging die Tür auf und er spazierte hinaus auf die Bühne. Man konnte sich stets darauf verlassen, dass er es auf die Bühne schaffte.“

      Tatsächlich? Angus räumte nämlich in einem anderen Interview ein: „Ich glaube, dass er in seiner Karriere nur drei Konzerte verpasste, weil seine Stimme nicht mitspielen wollte und wir absolut dagegen waren, dass er sang.“

      Das war ein seltener Versprecher vonseiten der Youngs, die ihre Geschichte sonst so hieb- und stichfest wie möglich präsentierten, sowie ein Einblick in die Probleme, die ihnen schon bald mit Bon blühten.

      5

      Dog Eat Dog

      Ihre Platten verkauften sich zwar eher schleppend, doch erhielten AC/DC – vier Wochen nach ihrem Gig in Austin – in Städten wie Columbus, Jacksonville und Fort Lauderdale nun reichlich Airplay. Im Südosten gehörte Let There Be Rock zusammen mit neuer Musik von Crosby Stills & Nash, James Taylor und dem Alan Parsons Project zu den gefragtesten Neuveröffentlichungen im Radio.

      John Rockwell von der New York Times zweifelte jedoch daran, dass Bon den Anforderungen an ihn gewachsen wäre: „Die Band spielt tight, aber ihr Sänger ist ziemlich gewöhnlich.“

      Bon muss diese sehr öffentliche Kritik von einer der einflussreichsten Zeitungen Amerikas schwer gegen den Strich gegangen sein, doch ließ er sich nichts anmerken. In Los Angeles stieg er am Sunset Boulevard 8401 gemeinsam mit Pattee Bishop im Continental Hyatt House ab, das damals als „Riot House“ bekannt war und heute Andaz West Hollywood heißt. In den Siebzigerjahren war es ein berüchtigter Unterschlupf für Bands wie The Who und Led Zeppelin. Das Whisky a Go Go, wo AC/DC vom 29. bis 31. August 1977 jeweils zwei Sets pro Abend absolvieren sollten, befand sich gerade mal eine Meile entfernt ebenfalls auf dem Sunset Strip.

      Die Rock-Journalistin Sylvie Simmons, die vor Ort im Hotel war, schrieb, dass Bon mit einer „Blondine von Seite drei“ unterwegs war. „Seinen Arm um die dralle Blonde gelegt, hielt er in der einen Hand eine Flasche Bourbon und in der anderen den üppigen Busen seiner Begleiterin.“ Sie bezog sich auf Pattee, die zwei Zimmer im Hotel organisiert hatte – eines für sich und Bon sowie noch ein weiteres für ihre Freundin Candy, die sich mit Cliff vergnügte.

      Ken Schaffer wurde aus New York eingeflogen, um Bon die Mikrofon-Version seines Schaffer-Vega Diversity System zu liefern. Mick Jagger verfügte bereits über ein Exemplar und Bon wollte auch eines.

      Doch so wie schon die Kritiker in New York gab sich auch Richard Cromelin von der Los Angeles Times wenig beeindruckt vom Leadsänger: „Bon Scott verfügt über eine kräftige Reibeisenstimme, schwankt aber leider zwischen einer Effizienz, die an den renommierten Sänger von Streetwalker, Roger Chapman, erinnert, und unerträglichem Gekreische in der Art von Slades Noddy Holder. Wenn AC/DC wenigstens über ein paar der Songs vom Kaliber der besten Pop-Rock-Nummern von Slade verfügen würden, würde die Show in Gang kommen, doch ihr eigenes Material verstrickt sich in banalen, einfachen Rock-Formeln, abgedroschenen Macho-Floskeln und einem Mangel an musikalischer Virtuosität.“

      Die Gleichgültigkeit und mitunter sogar Verachtung, mit denen das FM-Radio und die Großstadtpresse in L. A. und New York AC/DC im Allgemeinen und Bon im Speziellen begegneten, wuchsen sich zu einem ernsthaften Problem aus, weshalb Atlantic plante, die Band live aufzunehmen, um Promo-LPs an Radiosender zu verschicken.

      AC/DC benötigten außerdem ein paar neue Songs, wenn sie sich Hoffnungen machen wollten, noch einmal in die Vereinigten Staaten eingeladen zu werden. Sie dürften sich die Kritiken in L. A. zu Herzen genommen haben, da sie bei ihrer zweiten Show im Old Waldorf in San Franciscos Battery Street mit „Up To My Neck In You“ und „Kicked In The Teeth“ gleich zwei neue Songs performten, die schlussendlich 1978 auf Powerage erscheinen sollten. Angesichts des Materials, das letztlich auf ihrem Meilenstein-Album landete, erwies sich die Tour als wahrer Segen für Bons Songwriting. Nie sollte er bessere Beiträge liefern.

      Doch es war die letzte Show der Let There Be Rock-Sommertour, die sich als die heikelste Mission herausstellen sollte. Sie fand vor AC/DCs bis dahin schwierigstem Publikum statt, nämlich jenen Leuten, in deren Macht es stand, Karrieren in Schwung zu bringen – oder zu vernichten. Es handelte sich bei ihnen um eine Hundertschaft von Vertretern der Musikbranche, die eigens nach Miami gereist waren, um dem Warner-Elektra-Atlantic National Sales Meeting beizuwohnen.

      * * *

      Die WEA-Convention war die erste landesweite Zusammenkunft ihrer Art und wurde im Diplomat Hotel in Hollywood, Florida, vom 5. bis 11. September 1977 abgehalten. Es war bis dahin ein sehr gutes Jahr für die Plattenfirmen unter der Schirmherrschaft von WEA gewesen und Ahmet und Nesuhi Ertegun befanden sich ebenso unter den Besuchern wie auch Jerry Greenberg und David Glew, Präsident bzw. General Manager von Atlantic, sowie aktuelle Stars wie etwa Leo Sayer und Steve Martin. Ahmet Ertegun überreichte Foreigner persönlich ihre erste Goldene Schallplatte und Queen spielten ein Set.

      „1977, gerade einmal sechs Jahre nach der Geburtsstunde des Konglomerats, hatte man bei WEA das Gefühl, gut dazustehen“, schrieb der inzwischen verstorbene Stan Cornyn, Ressortleiter von Warner Bros Records. „Anstelle regionale Meetings auf Sparflamme abzuhalten, beschloss WEA, seine gesamte Infanterie – über 700 gab es von ihnen – zu einer großen Versammlung zusammenzutrommeln. Dort, in einem verdunkelten Auditorium im Diplomat Hotel nahe Miami, starrten die 700 auf die Bühne, wo ein Banner verkündete (und wer wusste schon, was dies bedeuten sollte): DIE ZUKUNFT IST JETZT.“

      Die Verkaufszahlen von WEA waren sechs Jahre in Folge die am schnellsten anwachsenden in der amerikanischen Musikbranche gewesen. Die dazugehörigen Labels hatten mehr Gold- und Platinschallplatten eingeheimst als irgendeine andere Plattenfirma. Fleetwood Macs Rumours und Hotel California der Eagles hatten sich beide etliche Millionen Mal verkauft. 1977 hatten laut Cornyn „über 70 Warner-Acts über eine Million Tonträger allein in den USA verkauft“. Ein Viertel aller in den USA verkauften Alben stammten von WEA. Columbia, das zu CBS gehörte, hatte demgegenüber einen Marktanteil von 17 Prozent. Tatsächlich belegten eine Woche nach dem Meeting vier Produkte aus dem Hause WEA die ersten Plätze der amerikanischen Albumcharts: Rumours von Fleetwood Mac, Simple Dreams von Linda Ronstadt, Foreigner von Foreigner und Love You Live von den Rolling Stones.

      „Wir hatten eine Menge Acts am Start“, erzählt Barry Freeman, der einstige regionale Promotion-Direktor für die amerikanische Westküste. „Wir hatten die Rolling Stones, Led Zeppelin, Bad Company, Foreigner, Crosby Stills & Nash … Die Liste ließe sich noch lange fortsetzen.“

      Wie sollten nun AC/DC, eine Band, deren Musik schwer einzuordnen war und deren Sänger es sich mit Zeitungskritikern an Ost- und Westküste verdorben hatte, einen Platz in Atlantics Plänen finden? Nun, tatsächlich fanden sie ihren Platz am buchstäblichen Arsch der Welt, dem 4 O’Clock Club, einer mit der Mafia verbandelten Kaschemme in einer unwirtlichen Ecke von Fort Lauderdale, das wiederum auf Postkarten als „Amerikas Venedig“ vermarktet wurde, aber in Wirklichkeit laut Sidney Drashin „ein Kleinkind von einer Stadt“ war. „Es war echt winzig.“

      Tickets für das Konzert wurden am Vortag am Strand verkauft, wodurch 4000 Dollar für eine Organisation, deren Kernanliegen das Thema Muskeldystrophie war, eingenommen werden konnten.

      „Diese Tickets waren so kostbar. Südflorida fährt verdammt noch mal auf diese Band ab. Die Leute haben so viel bezahlt, um dabei sein zu können!“, verkündete der leider inzwischen verstorbene Tom Judge, DJ von WSHE, vor einer angeheitert johlenden und pfeifenden Menge. „Und hier sind sie. Bitte bereitet ihnen einen typischen Südflorida-Empfang, unseren australischen


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