Bon - Der letzte Highway. Jesse Fink

Bon - Der letzte Highway - Jesse Fink


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Stewart, The Sweet … kaum ein großer Name der Siebzigerjahre-Popwelt war sicher vor dem Zorn von AC/DC, der sich in unzähligen Interviews entlud.

      Zwar sträubten sich AC/DC voller Entsetzen gegen das Etikett „Punk“, doch ihre Plattenfirma war nicht abgeneigt, sie unter genau diesem Label anzupreisen, woraufhin die Band einen schmalen Grat zu beschreiten versuchte, dem auch gerecht zu werden. Ein gutes Exempel hierfür bietet ein Interview mit dem Magazin Punk von 1978, das John Holmstrom mit ihnen führte. Dieser bekleckerte sich dabei nicht unbedingt mit Ruhm.

      HOLMSTROM: Was für Mädchen magst du?

      ANGUS: Schmutzige.

      HOLMSTROM: Girls, die sich nicht waschen?

      ANGUS: Nein, einfach schmutzige Kühe.

      BON: Ein nette gewaschene Schmutzige. Saubere Fotze. Schmutzige Gedanken.

      HOLMSTROM: Du bist nicht verheiratet, oder?

      BON: Nö, geschieden. Und du verstehst auch warum!

      HOLMSTROM: Warum denn?

      BON: Ich bin geschieden.

      HOLMSTROM: Oh. Was ist das Verdorbenste, das du je getan hast?

      BON: Ich habe eine Abo in die Nase gevögelt. Hab eine Aborigine in die Nase gefickt. Große, flache Nase.

      Im weiteren Verlauf des Interviews wird Bon gefragt, was er so in der Nacht zuvor getrieben hatte.

      BON: Ach, ich war aus. Ich hatte einen fantastischen Traum. Ich habe mich richtig volllaufen lassen. Du hast mich doch gesehen, gestern Nachmittag. Ich hin dann schlafen gegangen. Und dann habe ich geträumt, dass mir diese zwei New Yorker Groupies meinen Schwanz, meinen Arsch und meine Eier ablutschen. Das volle Programm. Eine davon war Linda Lovelace. Sie hat sich um den – na, du weißt schon.

      ANGUS: Und dann bist du aufgewacht und es war alles wahr.

      BON: Das war das erste Mal, dass ich jemanden durch den Mund bis in die Lunge gefickt habe – und es war alles andere als langweilig. Nun, als ich aufwachte, war niemand da. Vielleicht ist es ja tatsächlich passiert.

      Das war Humor der unreiferen Sorte und Bon spielte seine Rolle. Auch wenn sich die Großstadtkritiker angesichts seiner Darbietungen auf der Bühne unbeeindruckt gaben und AC/DCs Plattenfirma an seinem kommerziellen Potenzial zweifelte: Wie konnte irgendjemand auch nur einen Gedanken daran verschwenden, sich seiner zu entledigen? Bon hob AC/DC auf einen ganz anderen Level: sowohl textlich als auch live – und vor allem in puncto Spirit. Trotz all seiner Derbheit konnte man ihm unmöglich seinen schurkenhaften Charme absprechen. Selbst die für ihre Schonungslosigkeit berüchtigten Brüder Young hätten es ohne Bon nicht so weit geschafft. Das muss ihnen instinktiv klar gewesen sein und sie haben dies in Interviews, die sie seit Bons Tod gaben, auch wiederholt klargestellt.

      Ohne Bon hätte es die Band 1979 schlicht und einfach nicht mehr gegeben. Atlantic hätte AC/DC in die Wüste geschickt, hätte ihnen Highway To Hell nicht zum Durchbruch verholfen. Wir würden dann heute wohl auf den Seiten von Classic Rock über sie lesen – und zwar als eine Art historischer Kuriosität nicht unähnlich der Band Brownsville Station aus Michigan. Bon war jedenfalls das Beste, was AC/DC jemals passieren konnte. Das gilt bis heute. Er verlieh der Band die nötige Schärfe – auf und abseits der Bühne.

      Aber wie der Roadie der Band Barry Taylor weise erklärte, hatte Bon auch Glück, die Youngs getroffen zu haben: „Die Aussage der Musik liegt nicht alleine in ihren Lyrics.“ Bei AC/DC, so sagte er, „tobt nämlich ein Krieg zwischen der Leadgitarre und dem Sänger. Es herrscht ein temperiertes Spannungsklima … Die Sprache des Rocks basiert nämlich auf Emotionen und nicht auf Diskurs. Du erfühlst die Bedeutung der Rockmusik. Das ist der Grund, warum sich diese Bedeutung so schwer isolieren lässt. Du kannst sie nicht alleine aufgrund der Lyrics bestimmen.“

      All dies war natürlich höchst nebensächlich, wenn der Sänger der Band fest entschlossen war, sich selbst auszulöschen.

      „Angus und Malcolm waren überzeugt, dass niemand auch nur den Dreck unter ihren Schuhen wert wäre“, erzählt Grahame Harrison. „Sie hielten sich in allen Belangen für überlegen. Malcolm führte die Band zwar an, doch musste man sich gut mit Angus stellen, um überhaupt mitmachen zu dürfen. Und um seine Position in der Band zu festigen, musste man sowohl Angus als auch Malcolm glücklich machen. Angus glich einem altklugen Kind.“

      Die beiden Brüder mussten eine wichtige Entscheidung treffen.

      7

      Hell Ain’t A Bad Place To Be

      „Master Ronald Belford“, wie Bon in den Unterlagen bezeichnet wurde, war sechs Jahre alt. Sein Bruder Derek war zwei. (Ihr älterer Bruder Alexander war noch vor seinem ersten Geburtstag gestorben.) In ihrem medizinischen Attest wurde Bon als „gut“ und Derek als „durchschnittlich“ eingestuft. Bons jüngster Bruder Graeme sollte ein Jahr später in Australien zur Welt kommen.

      Die Scotts wohnten vorübergehend in der Couch Street 89 in Sunshine. Es war das Zuhause von Eleanor Laing, Isas jüngerer Schwester. Dies war derselbe Melbourner Vorort, in dem 1976 der Filmclip für die AC/DC-Single „Jailbreak“ gefilmt werden sollte.

      Die Familie lebte vier Jahre lang in Sunshine, wo Bon die örtliche Grundschule besuchte. Nachdem bei Graeme Asthma diagnostiziert wurde, wurde die Familie Scott 1956 dauerhaft im Bundesstaat Western Australia sesshaft. Ihre Adresse lautete von nun an Harvest Road 54, Fremantle. Im Wählerverzeichnis von 1963 gab Chick seinen Beruf als „Installateur“ an.

      Als Bon 1977 Amerika unsicher machte, wohnten die Scotts inzwischen in der Rockingham Road 306a in Spearwood – eine so typisch australische Arbeitergegend, wie man sich das nur vorstellen kann. Während seine beiden Brüder durch die Weltgeschichte tingelten, begnügte sich Derek – Glaser von Beruf – damit, mit seiner Ehefrau Valarie ein bescheidenes Zuhause am nahegelegenen Dion


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