Der Immun-Code. Dr. Dorothea Schleicher-Brückl

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äußeren Einflüssen, aber auch von unserem Lebensstil ab. Der Grundstein für ein gesundes Immunsystem wird im Kindesalter gelegt. Viele Eltern lassen heute die Infekte ihrer Kinder, die von Fieber begleitet sind, nicht mehr auf natürlichem Wege ablaufen. Dabei steht Fieber auf der Seite der Immunabwehr und ist evolutionsbiologisch ein sehr alter und ausgeklügelter Mechanismus der Krankheitsbekämpfung. Die erhöhte Körpertemperatur ist ein Zeichen dafür, dass im Körper die Bildung von Antikörpern und Immunzellen angeregt wird. Fieber ist also ein Schutzmechanismus, der die Körpertemperatur hochregelt, damit das Immunsystem die Erreger aktiver und wirkungsvoller bekämpfen kann. Kinder haben häufiger Fieber als Erwachsene, weil ihr Immunsystem noch trainiert werden muss, um Antikörper sowie Gedächtniszellen gegen die verschiedenen Erreger zu bilden. Daher ist es bei eher harmlosen Infektionen grundsätzlich nicht von Vorteil, das Fieber sofort zu bekämpfen.

      Ein zweiter ganz wesentlicher Punkt im Kindes- wie im Erwachsenenalter ist die Zunahme von übersteigerter Hygiene. Wer es mit der Sauberkeit übertreibt, tut seiner Gesundheit nicht etwa Gutes, sondern schadet ihr. Desinfektionsmittel beispielsweise vernichten vielmehr die für unser Leben nützlichen Mikroorganismen, führen zu Resistenzen bei krankheitsverursachenden Bakterien und können damit das menschliche Immunsystem schwächen, da es ohne Bakterien nicht ausreichend stimuliert wird. Die Auseinandersetzung mit Bakterien, Viren und Pilzen stärkt nämlich unsere Abwehr, sie braucht diesen ständigen Lernprozess – vor allem in jungen Jahren. Kinder sollten daher möglichst viel Kontakt zur Natur und allen damit verbundenen Herausforderungen haben, damit sie daran ihr Immunsystem trainieren und ein starkes immunologisches Gedächtnis bilden können.

      Erschwerend kommt hinzu, dass sich unser Leben in den letzten 40 Jahren sehr gewandelt hat. Wir sind so unzählig vielen Einflüssen und Mehrfachbelastungen ausgesetzt, dass unser Körper und vor allem unser Geist vollkommen überfrachtet sind. Für mich sind die sozialen Medien (die Medien überhaupt), Elektrosmog und Strahlung, zunehmender Stress, unnatürlicher Lebensstil, psychosoziale Konflikte, traumatische Erlebnisse, aber auch vermehrte Umweltbelastungen, zum Beispiel durch Giftstoffe, Schwermetalle, schlechtere Qualität unserer Böden und Nahrungsmittel, wichtige Gründe, warum Krankheiten scheinbar die Oberhand gewinnen.

       Das Gesetz der Harmonie

      All diese Faktoren beeinflussen unsere körpereigene Abwehr negativ: Unser Immunsystem ist ein fein abgestimmtes System, das dem Gesetz der Harmonie folgt. Es reagiert, wenn Gefahr droht, und schwingt zurück, wenn die Gefahr vorüber ist. Krankheitserreger abzuwehren ist für dieses System überhaupt kein Problem. Das Immunsystem ist sogar so ausgeklügelt, dass es ein Gedächtnis entwickeln und sich beim Zweitkontakt mit einem gleichen oder ähnlichen Erreger sofort noch besser und schneller wehren kann.

      Ebenso ist es mit Gefahren aus dem Inneren. Zum Beispiel entarteten Zellen. Normalerweise werden derartige Zellen jeden Tag entdeckt und sofort an Ort und Stelle unschädlich gemacht. Das System verfügt über sogenannte Killerzellen, die durch den Körper patrouillieren und sofort handeln, wenn sie etwas Auffälliges entdecken.

      Solange das Immunsystem in einer harmonischen Verteilung jeden Angriff abwehren kann, verschleißt es sich nicht und gewährt ein langes Leben auf hohem Gesundheitsniveau. Probleme entstehen immer dann, wenn das Immunsystem irritiert wird, z. B. durch die gerade angesprochenen Giftstoffe, durch Strahlung, Mehrfachimpfungen, Hormonverstellungen oder Stress – dann ist es diesem perfekt abgestimmten System nicht mehr möglich, effektiv zu arbeiten. Es verliert seine Mitte und die harmonische Schwingung, so entstehen krank machende Endprodukte, sogenannte Immunkomplexe (Komplexe aus einem Antigen und einem Antikörper). Sie können sich an der Innenseite der Gefäßwand festlegen und lösen damit eine Entzündung an der Gefäßauskleidung aus, wie wir gerade bei Infekten mit Coronaviren beobachten konnten.

      Wie eingangs erwähnt, liegen bei mehr als der Hälfte der Bevölkerung Grunderkrankungen vor. Das bedeutet: Zu über 50 Prozent funktioniert die Immunantwort nicht richtig, die Harmonie des organischen Abwehrsystems ist gestört. Die wachsende immunologische Disharmonie macht deutlich, weshalb sich die gesundheitliche Verfassung in den letzten Jahrzehnten so drastisch verschlechtert hat.

      Wie kommt es aber zu diesem Ungleichgewicht unserer Abwehr? Die folgende Grafik zeigt die unterschiedlichen Einflussfaktoren, die ich hier nur kurz beschreiben und später genauer analysieren möchte.

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      Sind die Regulationsmechanismen zwischen Immunologie, Endokrinium und Emotion gestört oder aufgehoben, folgen eine pathologene Immunantwort und Krankheit.

      nach Dr. Peter Schleicher

       Was zeigt uns die Pyramide?

      In der Grafik sind die Einflussfaktoren aufgelistet und gegenübergestellt, die unser Immunsystem stören und die es wieder ins Lot und zur Harmonie bringen können.

      Auf der linken Seite stehen die Positiv-Einflüsse, die unsere Gesundheit unterstützen, auf der rechten Seite finden wir die Krankmacher, die uns auf ganz unterschiedlichen Ebenen herausfordern. Hierzu sind an der Spitze Faktoren wie Stress, Ängste und Verluste aufgeführt, die unser psychisches System oder die emotionale Ebene fordern, in der Mitte falsche Ernährung und Bewegungsmangel, die unser körperliches System, unsere Organe, Gefäße und Nerven, schädigen, und am Ende dann Schadstoffe wie Toxine, Schwermetalle oder Strahlung, die direkt auf unser Immunsystem einwirken.

      Ich werde mich an dieser Stelle auf fünf dieser Einflüsse beschränken: Ernährung, Pharmaka, Toxine, Strahlung und Stress, um Ihnen eine Vorstellung zu geben, wie gravierend deren Auswirkungen auf den Menschen sind. Fangen wir mit der Ernährung an.

       Zu fett, zu süß, zu viel

      Unsere Ernährung wurde mit der Zeit immer einseitiger und unausgewogener, fett- und zuckerhaltiger. Statt frischer Ware kommen heute zumeist industrielle Fertigprodukte mit einer Vielzahl an Zusatzstoffen auf den Tisch, oftmals sind diese Lebensmittel auch noch mit Hormonen belastet. Und vor allem wird zu viel gegessen. Ein Übermaß an Nahrung entspricht nicht der Funktionsweise unseres Körpers, der daran gewöhnt ist, sich viel zu bewegen und über längere Zeit ohne Nahrung auszukommen. Die Jäger der Steinzeit gingen erst einmal jagen und legten dabei schnell laufend mehrere Kilometer zurück, bevor sie dann das erlegte Wild aßen. Wir verbringen die meiste Zeit unseres Lebens sitzend und haben dadurch einen wesentlich geringeren Kalorienverbrauch als unsere Vorfahren. Trotzdem sind die Portionen und die Energiedichte im Laufe der Jahre immer größer geworden.

      Um dieses »zu viel« in der Ernährung und die dramatischen Folgen zu verdeutlichen, möchte ich kurz einige aktuelle Daten vorstellen: Laut dem letzten Bericht der DGE (Deutschen Gesellschaft für Ernährung) von 2017 sind 59 Prozent der Männer und 37 Prozent der Frauen hierzulande übergewichtig. In der Altersklasse der Berufstätigen ist Übergewicht heutzutage so weit verbreitet, dass es keine Ausnahme mehr darstellt, sondern der Normalzustand ist. Männer sind besonders häufig zu dick: Am Ende ihres Berufslebens sind 74,2 Prozent übergewichtig. Bei den Frauen im gleichen Alter sind es 56,3 Prozent.

       Moderne Ernährung mit Mängeln

      Viel Fleisch und Pommes, dafür immer weniger Obst und Ballaststoffe – so sieht es auf den Tellern der westlichen Industrienationen aus. Nährstoffmängel, Verdauungsprobleme sowie eine regelrechte Epidemie der sogenannten Zivilisations- bzw. Wohlstandskrankheiten sind die Folge. Studien mit Naturvölkern, die neben einer oft pflanzenbasierten Nahrung auch einen sehr aktiven Tagesablauf haben, belegen die nahezu vollkommene Abwesenheit ernährungsbedingter Erkrankungen wie Adipositas, Diabetes Typ 2 und Folgeerkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Alzheimer-Demenz und stoffwechselbedingte Krebsarten. Auch bei uns häufige Leiden wie beispielsweise die »Gicht« findet man bei keinem der Naturvölker – diese Stoffwechselkrankheit ist eine pure »Wohlstandserkrankung«. Eine im renommierten Fachblatt The Lancet veröffentlichten Studie von 2017 kam zu dem Ergebnis, dass die Blutgefäße eines 80-jährigen


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