Im Gespräch mit Morrissey. Len Brown

Im Gespräch mit Morrissey - Len  Brown


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hat je den Text verstanden. Das war aber auch nicht wichtig. Ich bin mir sicher, er wusste selbst nicht, worüber er sang. Es klang ganz einfach gut, das lässt sich nicht erklären. Bei bestimmten Popkünstlern kann man eben nicht genau sagen, wie man sich fühlte oder warum man sie mochte. Ich glaube, in gewisser Weise verliebt man sich ein wenig in sie. Und wenn man sich in jemanden verliebt, lässt man sich davon leiten. Man weiß nicht, warum so etwas passiert, solange es nicht tatsächlich passiert. So war es auch bei Marc Bolan. Für mich war er ziemlich unerklärlich, er schien sehr einsam, verwirrt und durcheinander. So etwas hatte ich in der Popmusik noch nie zuvor gesehen.“

      War „Cosmic Dancer“ schon immer ihre Lieblingsnummer? Im Jahre 1991 spielten Sie das Stück gemeinsam mit David Bowie live im Forum in Los Angeles.

      „Ich hielt es immer für einen sehr traurigen Song. Ungefähr, als „Electric Warrior“ herauskam, fühlte ich mich sehr leer und traurig, daran kann ich mich gut erinnern. Natürlich hatten Sätze wie ‚Ich tanze mich selbst ins Grab‘ einiges Gewicht, denn genau das tat er ja schließlich. Kürzlich hörte ich eine ganz alte Platte aus den Fünfzigern, in denen dieselbe Zeile vorkommt. Das fand ich interessant.“

      War Marc der erste echte Glam-Rocker?

      „Das ist schwer zu sagen. Wenn man sich die ersten Alben von Alice Cooper anhört oder alte Fotos von Iggy Pop betrachtet … Er war vermutlich der Erste, der es in Make-up und Frauenschuhen usw. bis in den Mainstream schaffte. Andererseits hatten sich auch die Stones schon tuntig aufgetakelt und mit interessanten satanischen Dingen geflirtet. Bolan aber war der Erste, der Kinder und alte Leute gleichermaßen ansprach. Er hatte ein definitiv bisexuelles, wenn nicht sogar autosexuelles Image. Freilich weiß niemand, was autosexuell bedeutet. Für mich war es absolut faszinierend, wirklich faszinierend, aber ich werde nicht erklären, warum! “

      Waren Sie bis zum Ende ein ergebener Fan?

      „Naja … ich finde, er ist weitgehend in Vergessenheit geraten, und ich glaube, der Grund dafür ist, dass er so schnell abbaute. Es ging rasant mit ihm bergab. Er verlor einfach den Faden. Es ist schrecklich, so etwas über jemanden zu sagen, der einmal so großartig war, wo doch die meisten Leute in ihrem Leben niemals großartig sind. Wenn jemand ein paar Jahre lang ein Star für einen ist, sollte man damit zufrieden sein. Aber … tut mir leid, er war am Ende ziemlich verkifft und schrieb ein paar entsetzliche Songs.“

      Wo waren Sie, als Sie von seinem Tod erfuhren (im September 1977)?

      „Ich war in Manchester und hörte Radio. Sie spielten fünf Songs hintereinander. Ich dachte schon: ‚Das ist aber seltsam, ist er vielleicht gestorben? Warum sollten sie das sonst tun?‘ Dann kam eine Stimme und sagte: ‚Marc Bolan ist an diesem Vormittag verstorben.‘ Ich war nicht wirklich traurig oder schockiert. Ich nahm es ganz einfach hin, obwohl er ein so wichtiger Teil meines Lebens gewesen war. Ich dachte nur: ‚Nun, da geht er hin und tanzt sich selbst ins Grab.‘“

      Sind Sie zu dem Baum gepilgert, wo der Unfall passierte?

      „Ja, vor ein paar Jahren. Er ist immer noch mit ein paar alten Stücken Satin und Federboas geschmückt. Bedeutet das irgendetwas? Es ist wie ein Grabstein. Bedeutet der Grabstein irgendetwas? Ist die Person dort? Ich weiß nicht. Aber, ja, ich war schon in Barnes.“

      Dumme Frage, aber wenn wir gerade über Jugendidole sprechen – hat Sie der Tod von Marc Bolan oder der von Billy Fury mehr mitgenommen?

      „Man muss bedenken, dass zum Zeitpunkt ihres Todes für alle beide längst alles gelaufen war. Wäre Bolan zwei Jahre früher gestorben, wäre das extrem dramatisch und bedauernswert gewesen. Wenn man ein Popstar ist, dann gibt es eine richtige Zeit zum Sterben und eine falsche Zeit zum Sterben. Ich glaube, Marc war tatsächlich ein bisschen zu spät dran. Billy Fury ebenso. Er hatte sich ganz aus dem Geschäft zurückgezogen und lebte auf seiner Farm in Wales.“

      Neben David Bowie und Marc Bolan hatte noch eine Reihe anderer Künstler in Morrisseys Teenagerjahren großen Einfluss auf ihn, etwa Mott The Hoople. Als er im Mai 2006 im Opernhaus von Manchester auftrat, verkündete er, dass er Mott The Hoople dort im November 1973 gesehen hatte. Damals im Vorprogramm: Queen.

      „Ich habe Bolan und Mott The Hoople 1972 zum ersten Mal gesehen“, erzählte mir Morrissey. (Mott waren im Februar 1972 auch in der Free Trade Hall in Manchester aufgetreten.) „Außerdem noch Bowie vor Aladdin Sane. Diesem Album konnte ich nicht mehr so viel abgewinnen. Es gibt aber auch schon ein paar Stücke auf Ziggy Stardust, ohne die ich ganz gut leben kann. ‚Starman‘ gefiel mir noch ganz gut, und dann natürlich die älteren Sachen. Die drei Alben vor Ziggy Stardust fand ich jedoch wesentlich ansprechender.“

      Am meisten aber begeisterte sich Morrissey für die schrillen, tuntigen New York Dolls (deren Management für kurze Zeit der Sex-Pistols-Macher Malcolm McLaren übernahm). Er wurde sogar Präsident des britischen Fanclubs der Gruppe, die im November 1972 eigentlich im Hard Rock Café in Manchester hätte auftreten sollen, wenn nicht der Schlagzeuger Billy Murcia völlig unerwartet im Alter von 21 Jahren verstorben wäre. Somit hatte Morrissey zunächst keine Gelegenheit, seine neuen Helden zu bewundern. „Im Jahre 1973 waren die Dolls totale Außenseiter“, erinnerte er sich später.

      Obwohl er einmal betonte, er habe „sie stets als absolut männliche Gruppe betrachtet und nie auch nur im Entferntesten für effeminiert gehalten“, so beschrieb sein 1981 erschienenes Buch The New York Dolls die Band doch als „transsexuelle Junkies … heruntergekommene Halbstarke, die als bisexuelle Psychopathen posierten … Dass sie wie verhärmte Huren aus einem B-Movie der Fünfziger wirkten, tat aber nichts zur Sache. Nichts konnte einen von dieser Musik ablenken.“ In einer Dokumentation aus dem Jahre 2006 über Arthur „Killer“ Kane, den damals frisch ausgestiegenen Bassisten der Dolls, beschrieb er das Aussehen der Band mit den Worten „männliche Prostituierte“.

      Wenn Billy Fury eine tragische Figur unter den Solokünstlern war, dann gab es bei den Bands kaum jemanden, den es härter traf als die New York Dolls. Johnny Thunders und Jerry Nolan, die ausstiegen, um gemeinsam mit Richard Hell die Heartbreakers zu gründen, starben ebenfalls relativ jung. Anfang 1983 spielten die Smiths im Rafters Club in Manchester im Vorprogramm von Richard Hell.

      Zu den treibenden Kräften hinter Morrisseys eigener Karriere gehörte stets der missionarische Eifer, andere von der Wichtigkeit seiner persönlichen musikalischen Vorlieben zu überzeugen. Als sich der Erfolg einstellte, förderte er großzügig neue Talente von Phranc, Easterhouse und James bis hin zu den Killers, den Ordinary Boys und Kristeen Young. Er kann und will die wichtigsten Einflüsse auf seine eigene Musik nicht vergessen und bemühte sich, ihre Namen am Leben zu erhalten. Dies gilt besonders für die New York Dolls, die er 2004 eigens für das von ihm geleitete Meltdown Festival in der Londoner Royal Festival Hall wieder zusammenbrachte. Auf seiner Tournee im selben Sommer spielte die Band im Vorprogramm. In einer E-Mail, die er mir im Juli 2004 aus Chicago schickte, brachte er seine große Trauer über den Tod von Killer Kane zum Ausdruck.

      Morrissey hat stets die Bedeutung seines eklektischen Musikgeschmacks betont: „Wenn ich einfach nur ein begeisterter Fan der Stooges oder der Dolls wäre … würde ich wahrscheinlich bei The Alarm Bass spielen. Das tue ich aber nicht, weil mir auch Buffy Sainte-Marie ganz gut gefällt.“ In seiner Jugend jedoch spielten die


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