Seewölfe Paket 1. Roy Palmer

Seewölfe Paket 1 - Roy Palmer


Скачать книгу
Ärmel den Schweiß von der Stirn. „Das flutschte ja wie das Schweinezählen.“

      „Hab noch nie welche gezählt“, sagte Ben Brighton.

      Sie grinsten sich an, und die Männer grinsten mit.

      Hasard polterte vom Achterdeck hinunter und betrachtete die aufs Deck verstreuten Dons. Dann grinste er ebenfalls.

      „Gut, Männer“, sagte er, „sehr gut. Die erste Hälfte hat also geklappt, bleibt die zweite, und die wird verdammt schwieriger sein als das hier.“

      „Das regeln wir“, sagte Blacky.

      Hasard hob die Hand. „Moment. Ich weiß, wie viele Männer uns drüben auf der ‚Barcelona‘ gegenüberstehen werden. Ich nenne euch die Zahl, damit ihr euch darüber klar seid, was uns erwartet. Auf der ‚Barcelona‘ befinden sich noch achtzehn Männer, ihre Besatzung war dreißig Mann stark. Zehn Männer werden gegen achtzehn Männer kämpfen müssen – ein miserables Verhältnis. Wir haben nur einen einzigen Vorteil: wir stoßen auf einen nichtsahnenden Gegner. Diesen Vorteil müssen wir blitzschnell ausnutzen. Schlagt also sofort zu und schlagt vor allem hart zu. Wir stürmen das Achterkastell, weil wir uns dort – sollte es so kommen – auch am besten verteidigen können. Spart euch für diesen Fall die Schußwaffen auf. Beim Entern werden sie nicht eingesetzt. Ich will nicht, daß die Kerle drüben gleich auf Anhieb aufgescheucht werden. So, und jetzt fesselt und knebelt die Dons hier. Bringt sie ins Vorschiff. Wer wird sie später bewachen?“

      „Ich“, sagte der Kutscher. „Ferris wollte mich zum Entern nicht mitnehmen.“

      „Bist du so scharf darauf?“

      „Ja. Ich kann mit der Bratpfanne nicht nur braten, sondern auch zuschlagen, und – und die Bratpfanne ist aus Eisen, Sir.“

      Hasard verbiß sich ein Lächeln. „Um so besser. Dann schlag sie dem Don über den Schädel, der im Vorschiff irgendwelche Mucken anfängt. Aber davon abgesehen – ich weiß, warum Ferris dich nicht ausgesucht hat.“

      „Bin ich als Kämpfer zu schlecht?“ Der Kutscher geriet richtig in Hitze.

      „Aber nein“, erwiderte der Seewolf. „Du bist unser Doc, und damit ist alles gesagt. Du bist bei uns an Bord Sir Freemont, und deswegen bleibst du hier. Wer soll denn eventuelle Blessuren verbinden und heilen, he?“

      „Natürlich ich“, sagte der Kutscher und reckte die schmale Brust heraus.

      „Na also“, sagte Hasard, „dann sind wir uns ja einig.“

      „Aye, aye, Sir.“

      Hasard seufzte nur. Dieses verdammte „Aye, aye, Sir“ würde ihm wohl Zeit seines Lebens begleiten. Er würde sich damit abfinden müssen.

      Ferris Tucker räusperte sich. „Wann pullen wir rüber?“

      Hasard fuhr aus seinen Gedanken hoch und wischte sie beiseite.

      „Wann wohl?“ fragte er zurück.

      „Am liebsten sofort.“

      „Ferris“, sagte Hasard sanft. „Meinst du, daß die zwölf Dons unseren lecken Kasten so schnell leerpumpen?“

      „Ach so.“ Ferris Tucker fuhr herum. „Wollt ihr wohl pumpen, ihr Rübenschweine? Hopp, hopp! Noch saufen wir ab, und die Dons drüben hören sehr genau, ob hier eine Pumpe arbeitet.“

      Schlagartig setzte das Quietschen, Schmatzen und rhythmische Stoßen der Pumpe wieder ein.

      „Kannst du was bei den Dons erkennen?“ rief Hasard zu Dan im Großmars hoch.

      „Die dümpeln vor sich hin, haben achtern eine Laterne gesetzt und verhalten sich so ruhig wie ein Schaf, das zwei Stunden darüber nachdenkt, ob es weiterfressen oder schlafen soll.“

      Das paßte genau ins Bild.

      Die da drüben auf der „Barcelona“ dachten offensichtlich, daß ihre zwölf Männer auf der „Santa Barbara“ ausreichend und lange genug beschäftigt wären, um der übrigen Crew eine längere Pause zu gönnen. Die sollten mal ordentlich pumpen, sie selbst konnten inzwischen eine ordentliche Mütze voll Schlaf nehmen. Beigedreht spielte sich nichts ab. Man trieb etwas luvwärts, und luvwärts war so viel Raum, daß man einen Monat lang schlafen konnte, ohne irgendwo anzustoßen. Einen Monat? Zwei Monate, wenn der Wind so weiter wehte, sanft, beständig, gleichmäßig.

      Hasard lächelte vor sich hin. Wenn jemand ahnungslos war, dann waren es die achtzehn Männer dort drüben auf der „Barcelona“. Plötzlich war er davon überzeugt, daß er es schaffen würde. Er mußte es einfach schaffen. Sämtliche Bedingungen waren bisher erfüllt worden. Die Voraussetzungen für den zweiten Teil des Plans waren bereits Vergangenheit – erfüllte Vergangenheit.

      Hasard musterte seine Männer, die ihn erwartungsvoll umstanden. Sie hatten wieder jene Gesichter, mit denen sie dem Teufel mitten ins Maul springen würden.

      „Geduld“, sagte er. „Wir entern kurz vor Mitternacht. Haut euch hin und pennt. Jetzt den Kasten da drüben anzugehen, wäre sträflicher Leichtsinn. Von jetzt ab haben wir Zeit. Je müder und schläfriger die da drüben werden, desto besser für uns. Ben, jetzt muß deine Restbesatzung die Pumpe übernehmen. Die Entermannschaft hat drei Stunden Pause.“

      „Ob Capitan Descola das so lange hinnimmt?“ fragte Ben Brighton.

      „Versetz dich in seine Lage“, sagte Hasard. „Er weiß, daß seine Männer mit anpacken. Steht er unter irgendeinem Zeitdruck? Anscheinend doch nicht. Also gut. Um seinem Amigo de Pordenone zu helfen, läßt er vier gerade sein und wartet, bis seine Männer zurückkehren. Und die kehren um Mitternacht zurück.“

      „Aber nur zehn.“

      „Zwei helfen, das Leck abzudichten. Noch irgendwelche Bedenken?“

      Ben Brighton wiegte den Kopf. „Na ja, was ist, wenn sie dich beim Herranpullen anrufen? Sie werden dich vielleicht fragen, wo die restlichen zwei sind. Was weiß ich? Ich meine, ich sollte vielleicht doch mit euch entern.“

      Hasard überlegte nur einen kurzen Augenblick. Dann nickte er. „Du hast recht, verdammt, du hast recht. Wenn die Deckswache uns anruft, wüßte ich nicht, was die fragen. Und damit kann unser Überrumpelungseffekt zum Teufel gehen.“ Er wandte sich zu Ferris Tucker um. „Ist Smoky in der Entermannschaft?“

      „Ja.“

      „Smoky?“

      Smoky löste sich aus dem Kreis der wartenden Männer und sagte: „Weiß schon Bescheid. Ich soll also den Job des Bootsmanns übernehmen. Tu ich, tu ich glatt. Aber nur dieses einzige Mal. Ich bin ein Vordecksmann. Auf Achterdecks wird’s mir immer übel, verstehst du das – Sir?“

      „Ja.“ Hasard blickte Smoky fest an. „Das verstehe ich sogar sehr gut. Du meinst, du dürftest dir keinen Hut aufsetzen, der dir nicht paßt. Ist es das?“

      „Genau“, sagte Smoky.

      „Und wenn ich dir sage, daß dir der Hut paßt?“

      „Dann setze ich ihn auf.“

      Hasard grinste. „Für zwei Stunden?“

      „Auch für drei – Sir.“

      „Und wenn wir da drüben auf der ‚Barcelona‘ in die Pfanne gehauen werden?“

      Smoky, ein harter, ausgekochter, in vielen internen Decksschlachten um den Posten des Decksältesten bewährter Kämpfer, grinste geradezu teuflisch.

      „Dann, Sir“, sagte er, „nehme ich die alte Tante ‚Santa Barbara‘ an die Zügel und jage sie auf Rammkurs. Und wenn ich hier noch zwei Mann an Bord habe, die ‚Barcelona‘ nehm ich auf die Hörner und zeig ihr, woher bei Smoky der Wind weht, verdammt noch mal.“

      „Der Hut paßt“, sagte Hasard.

      „Aye, aye, Sir“, sagte Smoky. „Von hier bis in alle Ewigkeit. Auf Smoky kannst du dich verlassen. Scheiß Achterdeck.


Скачать книгу