Seewölfe Paket 27. Roy Palmer

Seewölfe Paket 27 - Roy Palmer


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sieht es mit dem Proviant aus?“ forschte Hasard weiter.

      „Die Vorräte reichen noch knapp zwölf bis vierzehn Tage, dann müssen wir rationieren, falls wir nicht auf Land stoßen.“

      „Darauf verlassen wir uns vorerst lieber nicht. Wir werden uns also einschränken müssen. Vorerst ist jedoch das Wasser am wichtigsten.“

      „Ich werde mich sofort darum kümmern, Sir.“

      Hasard sah dem Kutscher nachdenklich hinterher, als er wieder nach vorn zur Kombüse ging.

      Die ersten kleinen Probleme tauchen bereits auf, dachte er. Aber jetzt gab es kein Zurück mehr. Sie mußten durch und konnten nur hoffen, bald auf eine Insel zu stoßen. Die Reise stand nicht gerade unter einem günstigen Stern. Aber sie waren ja auch völlig unvorbereitet aufgebrochen.

      In der Kombüse begann der Kutscher unverzüglich damit, in einem großen eisernen Kessel das Wasser abzukochen. Faulte es weiter, dann war es nicht nur ungenießbar, sondern auch gefährlich für die Männer. So weit durfte es erst gar nicht kommen.

      Luke, Stenmark, Batuti und Sam Roskill brachten die Wasserfässer vom Laderaum zur Kombüse und überprüften sie. Zwei Fässer waren mit langen grünlichen Schlieren und Algen so durchsetzt, daß der Kutscher sich angeekelt schüttelte, als er an dem Zeug roch.

      Mac Pellew mußte natürlich ebenfalls an dem Zeug riechen. Er fuhr zurück, als hätte ihn eine giftige Natter gebissen. Sein Gesicht wurde noch galliger.

      „Das ist doch niemals Wasser gewesen“, behauptete er. „Das ist stinkende Jauche.“

      „Das war Wasser“, sagte der Kutscher. „Es wird nur wesentlich länger herumgestanden haben als das andere. Wenn wir jetzt nicht schleunigst etwas unternehmen, sieht das andere Wasser auch bald so aus und wird ungenießbar. Was das angesichts des großen Meeres bedeutet, brauche ich wohl nicht extra zu betonen.“

      „Werft das Zeug über Bord“, sagte Carberry naserümpfend. „Den Geruch kriegen wir niemals mehr aus den Fässern heraus.“

      Er packte selbst mit an und hievte eins der Fässer auf das Schanzkleid. Aus dem Spundloch gluckerte grünlicher zäher Schleim heraus. Ganze Klumpen von Algen hatten sich im Faß gebildet.

      Luke Morgan mußte schluckend an sich halten, als er das schmierige Zeug ins Wasser laufen sah. Er gab dem Faß einen Stoß, daß es ins Wasser fiel und an der Bordwand vorbeitrieb.

      Später behauptete er, das Kielwasser sei stundenlang giftgrün gewesen.

      Auch das zweite Faß wurde über Bord geworfen und versank. Der Inhalt roch noch fauliger als der des anderen Fasses.

      „Torfkahn!“ schimpfte Mac wieder. „Überhaupt nichts ist in Ordnung. Jeden Tag entdecken wir etwas anderes, nur nie was Gutes. Wird uns noch unterm Hintern zusammenbrechen, der Schlorren.“

      „Mal bloß den Teufel nicht an die Wand!“ fauchte Stenmark. „Du siehst sowieso immer nur die schlechten Seiten.“

      „Sind ja auch nur schlechte Seiten“, nörgelte Mac, „oder hast du vielleicht schon ein paar gute entdeckt?“

      „Immerhin sind wir vorerst in Sicherheit. Ohne dieses Schiff wären wir vermutlich nicht mehr am Leben und ein Opfer des Vulkanausbruches geworden. Oder die Dons hätten uns noch im letzten Augenblick alle umgelegt.“

      „Ich seh das trotzdem mit anderen Augen.“

      Mit Mac war nicht zu reden. Er wußte alles besser als die anderen, beschwerte sich, nörgelte, nölte und meckerte an allem herum.

      Inzwischen war einer der großen Kessel gefüllt worden und stand jetzt auf dem Herd. Darunter bullerte ein Holzkohlenfeuer. Da hatte Mac schon wieder was zu knurren.

      „Immer Wasser kochen, Wasser, Wasser und nochmals Wasser. Ich bin doch schließlich kein Wasserkoch. Wo gibt’s denn so was, daß auf einem Schiff immer und ewig nur Wasser gekocht wird?“

      „Hier gibt’s das schon“, sagte der Kutscher biestig, dem Mac allmählich immer mehr auf die Nerven ging. „Hier wird jetzt Wasser gekocht, damit wir überleben können. Und wenn dir das nicht paßt, dann lernst du mich einmal von meiner üblen Seite kennen, Mister Pellew. Ich kann deinen dämlichen Scheiß nämlich nicht mehr hören. Kapiert, oder brauchst du erst was aufs Maul?“

      Mac Pellew wich fassungslos zurück, als der Kutscher ihn wild anblickte und offenbar tatsächlich entschlossen war, ihm „was aufs Maul“ zu hauen. Perplex starrte er den hageren Mann an.

      „So, so – äh – so hast du noch nie mit mir gesprochen“, hauchte er.

      „Dann wird es jetzt höchste Zeit, mein Lieber. Ich will, verflucht noch mal, kein Gemecker mehr hören.“

      „Ist ja schon gut“, murmelte Mac erschrocken. Er ging vorsichtig weiter rückwärts, weil der Kutscher immer noch so ein wildes Gesicht zog. Als er nach dem Handlauf des schmalen Niedergangs griff, zuckte er erschreckt zusammen, nahm die Hand weg und besah sie sich.

      Aus seinem Handballen ragte ein Holzsplitter, den er sich beim Zugreifen eingezogen hatte.

      Der Kutscher sah diesen Holzsplitter auch – und ebenfalls das bestürzte Gesicht von Mac. Der wollte gerade wieder lauthals losfluchen.

      „Sag bloß noch, daß es etwas Ähnliches auf der ‚Isabella‘ nie gegeben hätte“, erklärte der Kutscher gefährlich leise. „Darauf warte ich jetzt nur noch. Wenn du das jetzt sagst, dann tue ich mit dir das, was ich vor langen Jahren schon einmal mit einem getan habe.“

      „Ich hab’ nichts gesagt, überhaupt nichts“, versicherte Mac. „Klar, auf der ‚Isabella‘ habe ich mir auch schon mal einen Holzsplitter eingehandelt. Ist ja auch nicht weiter schlimm, nicht?“

      Das Gesicht des Kutschers blieb völlig ausdruckslos. Er sah zu, wie Mac sich den Splitter aus der Hand zog. Mac Pellew wirkte in diesem Augenblick total eingeschüchtert.

      „Äh, was hast du damals eigentlich mit dem Kerl getan?“ fragte er.

      „Ich hab ihn ignoriert, einfach ignoriert“, erwiderte der Kutscher. „Das hat mächtig weh getan.“

      „Kann ich mir vorstellen“, sagte Mac beeindruckt. „Der konnte wohl tagelang nicht mehr richtig laufen, was?“

      „Was hat das damit zu tun?“

      „Na, ich meine, wenn du ihn so richtig – äh – na eben so richtig mit der Bratpfanne und so, dann hat es ihm auch weh getan.“

      „Ah ja, natürlich“, sagte der Kutscher abwinkend. Soll Mac bei diesem Glauben bleiben, dachte er, der kapiert heute überhaupt nichts und hat seinen begriffsstutzigen Tag.

      Nach einer Weile nahmen sie den Wasserkessel vom Herd, damit er abkühlen konnte. Später sollte dann Rum dazugegossen werden. Während sie den nächsten Kessel aufsetzten, reinigten die anderen an Deck die Wasserfässer und säuberten sie, so gut es eben ging.

      „Trotz allem werden wir bald rationieren müssen“, prophezeite der Kutscher düster. „Es sei denn, es regnet kräftig. Doch damit ist wohl vorerst nicht zu rechnen.“

      Mit einem gewissen Unbehagen blickten die Seewölfe der nächsten Zeit entgegen. Sie sah keineswegs rosig aus. Sie hatten immer noch das Gefühl, mutterseelenallein auf der Weite des Pazifiks zu sein.

      Noch immer war kein einziger Vogel zu sehen.

       6.

      Die Zeit lief dahin, ein Tag nach dem anderen verging, ohne daß eine Änderung eintrat.

      Sie hatten einen mittelprächtigen Sturm abgeritten, gut überstanden und eine zwei Tage währende Flaute hinter sich.

      Auf den Decks waren Sonnensegel gespannt worden. Sie sollten auch gleichzeitig dazu dienen, Regenwasser einzufangen, das jetzt immer dringender gebraucht


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