Seewölfe Paket 27. Roy Palmer

Seewölfe Paket 27 - Roy Palmer


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„die haben wahrhaftig einen Hai abgeknallt, die Burschen.“

      „Ihr braucht ihn nur noch anzuleinen, dann hieven wir ihn hoch!“ rief Blacky.

      Tampen und Leinen flogen ihnen entgegen, aber der Profos war vorsichtig. Mit Haien hatten sie schon recht üble Erfahrungen gesammelt.

      Er pullte näher heran und vergewisserte sich, daß der Hai wirklich tot war und sich auch nicht mehr bewegte. Er war etwa drei Yards lang.

      „Beeilt euch“, rief Blacky ungeduldig, „sonst geht der Bursche auf Tiefe und verschwindet!“

      Das Boot wurde noch näher herangepullt. Carberry nahm einen langen Tampen und ließ die Schlinge ins Wasser gleiten. Eine zweite Leine wurde am Schwanz des Haies befestigt und straff gezogen.

      Oben begannen sie mit aller Kraft, den Burschen aufzuhieven. Sie mußten kräftig zulangen, bis sie ihn an Deck hatten.

      „Noch ein Hai!“ brüllte der Ire Higgy. „Da, nicht weit von euch entfernt!“

      Anscheinend von dem Zappeln und dem Blutgeruch angelockt, näherte sich ein zweiter Hai der Blutwolke im Wasser. Er war etwa gleich lang wie der andere. Er raste in die Wolke hinein, begann dann wie wild darin zu kreisen und wurde immer aufgeregter und aggressiver.

      Am Schanzkleid standen sie wieder mit Musketen in den Fäusten und zielten ins Wasser. Aber der Hai tobte völlig unberechenbar herum und war vorerst nicht zu treffen.

      Der Profos pullte mit seinen Mannen vorsichtshalber außerhalb der Reichweite des tobenden Fisches, der fast das Boot rammte in seiner grenzenlosen Freßgier.

      Etwas später knallten mehrere Schüsse hintereinander. Diesmal wurde der Hai erwischt, und als Batuti ihm einen Pulverpfeil in den Schädel schoß, riß es dem Hai fast den halben Schädel weg.

      Kurz danach befand auch er sich an Deck, wo die Arwenacks jetzt mit Entermessern bereit standen.

      Der Kutscher und Mac Pellew waren ebenfalls eifrig bei der Sache, als die Haie in Stücke zerlegt wurden.

      „Das reicht für eine Weile“, stellte der Kutscher zufrieden fest. „Das Fleisch wird auch nicht verderben. Wir trocknen es einfach nach Art des Kabeljaus. Wir müssen es nur in dünnere Streifen schneiden.“

      „Und einen Teil legen wir in Salz ein“, sagte Mac. „Dann haben wir auf der Reise immer einen Notvorrat.“

      „Wir könnten auch ein paar Stücke räuchern“, schlug Big Old Shane vor. „Was bei Heringen geht, müßte auch bei Haien möglich sein. Auf diese Art haben wir wenigstens Abwechslung.“

      „Versuchen sollten wir es jedenfalls“, meinte der Kutscher.

      Nach knapp zwei Stunden, während das Beiboot hin und her fuhr, um Kokosnüsse an Bord zu bringen, waren die Haie restlos zerlegt. Ein Teil des Fleisches war in faustgroße Stücke geschnitten worden.

      Jetzt waren sie dabei, einiges von dem Fleisch in Fässern einzulegen. Die anderen schnitten Fischfleisch in hauchdünne Streifen.

      Der Abfall wurde über Bord geworfen. Gleich darauf war wieder die Hölle los.

      Im relativ flachen Wasser erschienen weitere Haie, und es gab einen verbissenen Kampf um die blutigen Überreste.

      Inzwischen sah es auf der „Santa Barbara“ lustig aus. Die Galeone hatte sich verwandelt. An allen nur möglichen Plätzen und Stellen hatten sie Kabelgarn gespannt und daran dünne Fleischscheiben gehängt, die sich bei jedem Luftzug bewegten.

      Sie hatten über die Toppen geflaggt, wie Carberry das ausdrückte.

      An diesem Tag erlegten sie insgesamt fünf Haie, nahmen sie aus und schnitten sie in handliche Portionen. Unter der anfallenden Arbeit begannen alle zu schwitzen.

      Außenbords hingen mittlerweile zwei größere Netze, in denen es wimmelte und krabbelte. Darin befanden sich Krebse, Langusten und ein paar Seegurken – Notreserve, die im Wasser lange Zeit frisch blieb.

      Am Abend wurde dann kräftig zugelangt. Der Kutscher, Mac und die Zwillinge hatten stundenlang in der Kombüse geschuftet, aber was jetzt auf die Back kam, ließ allen das Wasser im Munde zusammenlaufen.

      Stark gewürzte Haifischsteaks gab es mit den Resten vom Gemüse und eingekochter Tomatensoße. Kokosnüsse wurden aufgeschlagen, die Milch in Humpen gegossen.

      „So’n Hai hat doch auch was Gutes“, meinte der Profos mampfend. „Er schmeckt vorzüglich. Außerdem ist es viel gesünder, wenn wir über ihn herfallen, statt umgekehrt. Obwohl wir ihm natürlich auch gut schmecken würden.“

      Zur Krönung des Tages gab es wieder Rum für alle, aber für jeden nur eine Muck voll, denn auch der Rum nahm langsam ab.

      Am Morgen darauf wurden noch weitere der Inselchen besucht und erneut Unmengen an Kokosnüssen herangeschafft und in den Laderaum verfrachtet.

      „Damit können wir in China lebhaften Handel treiben“, sagte Batuti. „Das reicht aus, um das ganze Land zu versorgen.“

      „Abwarten“, meinte der Kutscher. „Die sind schneller verputzt als wir uns vorstellen. Wir können gar nicht genug davon haben.“

      Auch die eine Jolle wurde zweckentfremdet. Sie war an Deck festgezurrt und halb mit Wasser gefüllt worden. Darin tummelten sich große Langusten und ein paar Hummer. Allerdings passierte es in der nächsten Nacht, daß die Viecher über die Planken krochen und die Männer unsanft zwackten, die an Deck schliefen.

      Ferris Tucker spannte kurzerhand ein Netz über die Jolle, und von da an herrschte Ruhe.

      Nach zwei Tagen nahm die „Santa Barbara“ erneut Kurs auf das Land des Großen Chan. Vor ihnen lag noch eine sehr weite Strecke.

       5.

      Wasser, Wasser, Wasser, soweit das Auge blickte.

      Sie segelten, hart über Steuerbordbug liegend, mit Backbordhalsen. Der Wind stand nicht mehr so günstig wie noch vor ein paar Tagen, aber sie liefen trotzdem gute Fahrt.

      An Backbord wurde Tage später wieder ein feiner Landstrich gesichtet aber da sie noch alles hatten, was sie brauchten, ließ Hasard auf demselben Kurs weitersegeln. Er rechnete damit, noch auf viele andere Inseln zu stoßen, aber die Rechnung ging nicht so glatt auf, wie er gehofft hatte.

      Ein Tag nach dem anderen verging, ohne daß sie erneut Land sichteten. Auch Schiffe waren ihnen nicht begegnet.

      Die „Santa Barbara“ bewegte sich auf westnordwestlichem Kurs nördlich des Äquators. Das war gleichzeitig der Generalkurs, der sie ins Reich der Mitte bringen sollte. Auf dieser Route, so hoffte Hasard, würden sie auch auf weitere Inseln stoßen.

      „Zeit wird es ja wieder mal“, meinte der Kutscher. „Wir haben zwar noch eine Menge Kokosnüsse und das eingelegte und teilweise geräucherte Fischfleisch, aber die leidigste Angelegenheit ist und bleibt nun mal das Trinkwasser. Es regnet hier einfach zu wenig.“

      „Das wird sich bald ändern“, versprach der Seewolf. „Wir geraten in die Zonen des Nordostpassates. Dort ist das Klima milder und nicht mehr so heiß. Es regnet dort auch öfter. Außerdem werden wir da auf einige Inselgruppen stoßen.“

      Schon ein paar Tage später trat das ein, was Hasard gesagt hatte. Das Klima wurde unmerklich milder, und der Nordostpassat begann sanft zu wehen.

      Mitte Juli 1596 ertönte die erlösende Meldung aus dem Großmars.

      „Nebelbänke voraus! Vermutlich ein kleiner Landstrich!“

      Im Nu war alles auf den Beinen.

      „Wie vor ein paar Wochen“, sagte Matt Davies. „Das sieht fast genauso aus, als wir die Marquesas erreichten.“

      Sie blickten zu einem in noch weiter Ferne wabernden Gebilde, das wie Watte an der Kimm hing. Was es war, ließ sich noch nicht einwandfrei erkennen.


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