Seewölfe Paket 27. Roy Palmer

Seewölfe Paket 27 - Roy Palmer


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der Bugdrehbasse stand Al Conroy. Die drei anderen Waffen bedienten Gary Andrews, Bob Grey und Don Juan. Mac O’Higgins – „Higgy“ – war für die Schoten zuständig. Notfalls konnte er an die achtere Drehbasse springen, die wie alle anderen Waffen feuerbereit war.

      Sie passierten die Stelle, wo die entwurzelte Kokospalme lag. Der Kerl war kaum zu erkennen, zumal ihn Don Juan und Gary fast unter den Stamm geschoben hatten. Aber er war noch da und rührte sich nicht. Jetzt hätte er seine Horde alarmieren müssen.

      Bei den Kerlen, die den Mast setzten, brannten ebenfalls Fackeln sowie Schiffslaternen. Somit war der Schauplatz illuminiert – ein nützlicher Effekt für die Arbeit, aber auch für die sich anpirschenden Wölfe, dies um so mehr, weil für die Mijnheers außerhalb des Lichtkreises nichts weiter als Schwärze war. Was das betraf, waren sie blind.

      Von den Muskatnußbäumen drangen Axtschläge herüber. Sie hatten ihr schändliches Werk begonnen. Don Juan biß die Zähne zusammen. Gehackte Ladungen waren genau die richtige Antwort auf das, was diese Hundesöhne betrieben.

      Pete Ballie ließ Higgy etwas die Schoten schricken, um die Fahrt zu verlangsamen und den Mannen an den Drehbassen das Zielen und Schießen zu erleichtern.

      Von der Vorposten-Schaluppe war nichts zu sehen.

      Don Juan gab keinen Feuerbefehl – jeder sollte nach eigenem Ermessen feuern, wenn er sein Ziel erfaßt hatte.

      Al Conroy zündete. Der Lauf seiner Drehbasse hatte eine nahezu waagerechte Position – Kernschußweite! Die anderen Läufe mußten angekippt werden.

      Don Juan schloß die Augen, um sich von dem Schußblitz nicht blenden zu lassen.

      Ein schmetternder Krach – und unmittelbar darauf die Geräusche der Zerstörung, jener typische Laut des Aufpralls von Eisen auf Holz, Bersten, Brechen, Splittern, Zerreißen.

      Aus schmalen Augen spähte Don Juan hinüber. Ja, Treffer, das Heck war zertrümmert! Don Juan atmete auf und nickte Al Conroy lachend zu.

      Wutgebrüll an Land.

      Gary Andrews zündete, dann Bob Grey. Zwei Feuerblitze, die gehackten Ladungen jaulten davon und rasten zwischen die Stämme der Muskatnußbäume. Es prasselte, als fege ein Hagelschauer durchs Gehölz. Die gellenden Schreie verrieten, daß Kerle getroffen worden waren. Einige taumelten zum Strand. Dann folgte Don Juans Schuß, der das Inferno verstärkte.

      Pete Ballie fiel ab.

      Al Conroy sprang nach achtern, richtete die Drehbasse auf die Zelte und feuerte. Die leichten Behausungen flogen davon, als habe sie ein Sturmwind gepackt. Die Aststützen brachen weg, der Kessel kippte ins Feuer.

      Die Schaluppe Don Juans lief nach Osten ab und wurde von der Dunkelheit geschluckt. Aber auch an Land wurde es duster, denn dort löschten sie Fackeln und Laternen. Don Juan ging wieder auf Südkurs und steuerte erneut die kleine Bucht an, um von dort aus abzuwarten, ob die Vorposten-Schaluppe aufkreuzte. Denn die Kerle auf ihr mußten die Drehbassenschüsse gehört haben. Möglicherweise hatten sie auch die Schußblitze gesehen.

      Don Juan und Gary Andrews tigerten wieder an Land, um nach den Mijnheers zu spähen und auch den Schnarcher zu besuchen. Der lag immer noch an derselben Stelle und war bewußtlos. Daß der Kerl als Ausguckposten versagt hatte, mußte dem Hackklotz eigentlich klar sein. Aber offenbar hatte er noch nichts unternommen, um ihn ablösen zu lassen und zur Rede zu stellen – wie das so seine Art war.

      Doch etwas anderes passierte, und da begriff Don Juan, warum man sich um den Posten noch nicht gekümmert hatte.

      Die Kerle waren alle in Deckung gegangen – und lauerten auf den nächsten Überfall der Gegner-Schaluppe. Sie hatten sogar Drehbassen ausgebaut und die Zapfen des Gabelgestells in umgelegte Baumstämme gerammt.

      Außerdem waren sie wieder blind vor Wut, und so nahm ein weiteres Verhängnis seinen Lauf, das absurd genug war.

      Als der Schatten einer Schaluppe aus Nordosten auf den Lagerplatz zuglitt, brüllte der Hackklotz einen Feuerbefehl, und schlagartig war die Hölle los. Die Kerle feuerten aus allen Läufen mit Musketen und Drehbassen. Ein Bleihagel raste der Schaluppe entgegen, deckte sie ein und takelte sie ab, daß es nur so splitterte, krachte und barst.

      Die Kerle versenkten ihre letzte Schaluppe!

      Sie soff auf ebenem Kiel ab, nur ihre Aufbauten ragten noch aus dem Wasser – und ein halber Mast.

      Was sich dann abspielte, war eine Schau aus dem Irrenhaus. Denn als die Kerle erkannten, was sie sich da geleistet hatten, sprangen sie auf und hüpften kreischend, zeternd und fluchend herum und führten eine Art Veitstanz auf, als seien sie alle vom wilden Affen gebissen.

      „Du meine Güte“, murmelte Don Juan. „Ist das noch zu fassen?“

      Gary Andrews grinste und sagte: „Jetzt sitzen sie hier fest und können nicht vor und zurück. Sie müssen aufgeben.“

      Doch das Spektakel setzte sich fort. Es war noch nicht zu Ende. Von Bord des Wracks sprangen Gestalten und wateten an Land. Sie glichen kampfwütigen Stieren, obwohl einige verletzt waren, aber das kümmerte sie nicht. Sie barsten vor Wut, und sie schwangen, was sie sich gerade hatten schnappen können oder greifbar gewesen war: Spaken, Riemen oder Bruchstücke von Planken.

      Mit diesen Prügeln fielen sie über ihre Kumpane her, die auf sie geschossen hatten. Gleich, drei droschen den Hackklotz zusammen, der den Irrsinnsbefehl zum Feuern gegeben hatte, ohne abzuwarten, ob es sich um die eigene Schaluppe handelte.

      Und dann blitzten Äxte, Messer und Degen.

      Der Wahnsinn nahm erst sein Ende, als zwei Todesschreie über den Strand gellten und zwei Kerle röchelnd zusammensackten. Da brach die Ernüchterung über sie herein. Sie ließen voneinander ab und senkten die Waffen. Und sie stierten sich an, als seien sie Fremde, die sich noch nie gesehen hatten.

      Einige setzten sich hin und ließen den Kopf hängen. Andere wateten ins Wasser und wuschen sich Schweiß, Blut und Dreck ab. Wieder andere gingen mit schleppenden Schritten zu den Kisten, wo ihre Vorräte lagerten, griffen sich Flaschen, schlugen die Hälse ab und soffen.

      Zur Zeit waren sie nichts weiter als eine marode, verkommene und verluderte Horde, die sich selbst zerfleischt hatte. Wenn es überhaupt in ihren dumpfen Hirnen dämmerte, dann mußten sie erkennen, daß sie sich wie Irre aufgeführt und auch so gehandelt hatten.

      Einer der Kerle bei den Kisten hatte seine Flasche ausgesoffen, schleuderte sie gegen einen Baum, wo sie zersplitterte, warf den Kopf in den Nacken – und lachte. Er lachte wie einer, dem gerade ein Witz eingefallen ist, ein zotiger, ordinärer Witz. Er fand das, was passiert war, unerhört witzig. Und er schüttete sich aus vor Lachen.

      Es wirkte wie ein Funke. Plötzlich begannen auch die anderen zu lachen. Sie schlugen sich auf die Schenkel oder dem nächsten auf die Schulter. Sie wieherten und lachten, lachten, lachten.

      Nur die beiden Toten konnten nicht lachen.

      Gut drei Stunden nach Mitternacht kreuzte Don Juans Schaluppe etwa sieben Meilen nördlich des Lagers den Kurs der nach Süden segelnden „Santa Barbara“ und der anderen Schaluppe aus Davao, die jetzt Dan O’Flynn führte.

      Hasard auf der „Santa Barbara“ ließ die Segel aufgeien und in den Wind gehen. Die beiden Schaluppen schoren längsseits und vertäuten an der „Santa Barbara“. Don Juan und Dan enterten an Bord. Don Juan berichtete, was sich ereignet hatte.

      Sie hörten alle schweigend zu. Und als Don Juan endete, standen sie staunend da und konnten nur die Köpfe schütteln.

      „Mein lieber Mann“, sagte Hasard und war nun doch erschüttert. „Soviel Irrsinn hätte ich den Kerlen weiß Gott nicht zugetraut. Die müssen von allen guten Geistern verlassen gewesen sein.“

      „Von allen guten Geistern?“ fragte Don Juan. „Hatten sie die je?“

      „Du hast recht“, meinte Hasard. „Wer so handelt wie die Mijnheers, dem fehlen die guten Geister. Was taten sie bei Abbruch eurer Beobachtungen?“


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