Seewölfe Paket 27. Roy Palmer

Seewölfe Paket 27 - Roy Palmer


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      Und so wurde Hasards Schaluppe um das Gewünschte geleichtert, und Carberry reichte Al Conroy eine Buddel „Zielwasser“ übers Schanzkleid, da kannte er nichts, da war er heroisch.

      „Sag mal, Ed“, fragte Hasard, „wie viele Rumbuddeln hast du hier eigentlich an Bord geschleppt?“

      „Ich?“ Der Profos tat sehr erstaunt. „Das war Mac Pellew, Sir, mein Freund und Blutsbruder.“

      „Wie viele?“ bohrte Hasard.

      „Äh!“ Der Profos kratzte sich im Genick. „Ich glaube, es sind sechs für jeden von uns eine, nicht? Und jetzt verzichte ich auf meine und hab sie Al gegeben, damit er sich etwas Gutes antun kann, und weil die Nächte immer so lausig sind, nicht?“

      Hasard seufzte nur. Carberry war das Salz dieser Erde – und zugleich der letzte Sargnagel. Sechs Flaschen Rum für eine nachmittägliche Trimm- und Spähfahrt! Na ja, jetzt ging es in die Nacht.

      „Habe ich nicht gut vorgesorgt, Sir?“ tönte prompt der Profos. „Denn wir werden uns ja auch die Nacht um die Ohren schlagen müssen, was, wie?“

      „Das konntest du aber vorher nicht wissen, Ed“, sagte Hasard sanft. „Oder trittst du jetzt in Konkurrenz zu Old Donegal?“

      „Das bestimmt nicht, Sir“, versicherte der Profos. „Aber schau mal, der Mister Tucker braucht immer leere Flaschen für seine Flaschenbomben, nicht? Und er hat mich gebeten, ihm zuzuarbeiten, was bedeutet, ihm leere Flaschen zu besorgen. Und ich ersehe es als meine Pflicht, seine Bitte getreulich zu erfüllen, woraus folgert, daß ich mich um das Leeren von Flaschen kümmern muß. Je schneller wir sie austrinken, desto früher kann Mister Tucker einen Vorrat an Flaschenbomben anlegen. Ist doch logisch, nicht?“

      Da seufzte Hasard ein zweites Mal.

      Carberry faßte das als Zustimmung auf, strahlte und sagte: „Siehst du, Sir, es hat alles seine Richtigkeit. Und was mein Zuarbeiten für Mister Tucker betrifft, da kannst du dich voll und ganz auf mich verlassen.“

      „Das glaube ich“, sagte Hasard aus tiefster Überzeugung und mit dem gewissen Ton, den auch Carberry kannte, nämlich als Warnung, seinen Kapitän nicht für dumm zu verkaufen.

      So wurde dieses Thema nicht weiter ausgesponnen. Die Dunkelheit war da, es wurde Zeit, sich zu trennen. Von der Küste drüben im Westen war nichts mehr zu sehen – nur ein roter Lichtpunkt, der andeutete, daß dort wieder ein Feuerchen brannte. Aber die Kerle würden nicht merken, daß eine Schaluppe nordwärts segelte und die andere zunächst weiter im Wind liegen blieb.

      Hasard und Don Juan sprachen sich noch kurz ab, dann löste sich Hasards Schaluppe von der anderen und ging auf Nordkurs. Minuten später wurde ihr Schatten von der Dunkelheit verschluckt.

      Don Juan war sich sicher, daß die Kerle nach allem, was bisher passiert war, scharf aufpassen und ihr Lager nach allen Seiten abschirmen würden, also auch zur See hin. Es gehörte nicht viel Scharfsinn dazu, davon auszugehen, daß sie ihr besonderes Augenmerk nach Norden richten würden, wo Davao lag und von wo die beiden Gegner-Schaluppen herangesegelt waren.

      Daher ging er jetzt auf Südkurs in der Absicht, sich dann auch von Süden her an das Lager heranzupirschen und von Land her die Lage zu peilen, bevor er – nach einer Formulierung des Siri-Tong-Steuermanns Barba – „die Kuh fliegen ließ“. Er mußte wissen, ob sich südlich des Lagers ein Posten befand.

      Als Gary Andrews vom Bug der Schaluppe aus weit voraus an Backbord den roten Lichtpunkt des Feuers sah und meldete, drehte Don Juan auf Land zu und ließ die Schaluppe in einer kleinen geschützten Bucht auf den Sand laufen. Sie warteten ab und lauerten. Der Küstendschungel wirkte wie eine dunkle schweigende Wand. Nur vom Lagerplatz her ertönten gedämpfte Geräusche – Männerstimmen, Klopfen und Hämmern. Es konnte sein, daß die Kerle den Mast der am Heck beschädigten Schaluppe auf die andere Schaluppe ummontierten und dort aufriggten. In unmittelbarer Nähe der kleinen Bucht tat sich nichts. Nur auf dem schmalen Sandstrand krabbelten hurtig ein paar Krebse mit rundem Rückenschild herum und verschwanden in winzigen Löchern.

      Don Juan nickte Gary Andrews zu. Über den Bug stiegen sie an Land und schlichen nordwärts, wobei sie dicht am Strandbuschwerk blieben, das ihnen jederzeit Deckung bot, aber auch mit seinem Schlagschatten abschirmte. Sie gelangten lautlos voran, denn der Sand schluckte ihre Schritte. Dennoch verhielten sie immer wieder, lauschend und spähend.

      Als sie sich bis auf etwa fünfhundert Schritte dem Lager genähert hatten, entdeckten sie den Kerl. Er saß auf einer vom Sturm entwurzelten Kokospalme, die schräg zum Strandverlauf lag. Er spielte Sitzdenkmal – bis auf den Kopf, der ihm ständig nach vorn fiel. Wenn ihn der Hackklotz kontrollierte, würde es Mord und Totschlag geben. Sich auf Wache hinzusetzen, war eine Einladung fürs Sandmännchen, aktiv zu werden.

      Die Muskete hatte der Kerl neben sich an den Stamm gelehnt. Er saß so, daß er einen Überblick über den Sektor von Osten nach Süden hatte. Ohne seinen Kampf mit dem Sandmännchen hätte er die heransegelnde Schaluppe möglicherweise entdecken können, ganz bestimmt aber hätte er sie gesichtet, wenn sie an ihm vorbeigesegelt wäre – vorausgesetzt, er paßte auf.

      Don Juan hatte richtig getippt. Die Kerle schirmten ihr Lager ab. Im vorliegenden Fall allerdings mit einer ziemlich trüben Tasse. Zwischenzeitlich schnarchte der Kerl sogar und erschreckte sich vor seiner eigenen Schnarche, wie an seinem Zusammenzucken zu bemerken war. Vom Lager her konnte er nicht gesehen werden. Da stand Buschwerk dazwischen.

      Ein trautes Plätzchen hatte er sich ausgesucht.

      Don Juan und Gary Andrews umgingen ihn und nahmen ihn von hinten an. Gary angelte sich die Muskete, Don Juan klopfte ihm den Pistolengriff aufs Haupt. Es war nicht pelzbemützt und so eisern wie beim Waldschrat. Der Kerl schnaufte nur schwach und kippte nach vorn in den Sand.

      Gary und Don Juan flankten über den Stamm. Kurz darauf war der Kerl gefesselt und geknebelt. Die Fesseln brachten sie so an, daß er mit dem Stamm verbunden war und nicht wegkriechen konnte, es sei denn, er schleppte die Palme mit. Aber das brachte allenfalls der Waldschrat fertig.

      Don Juan und Gary Andrews schlichen noch weiter auf das Lager zu und gingen unter einem Busch in Deckung. Überrascht stellten sie fest, daß nur die entmastete Schaluppe am Strand lag sowie jene, deren Heck zertrümmert war. Und deren Mast wurde tatsächlich der entmasteten Schaluppe verpaßt.

      Die dritte Schaluppe fehlte. Und damit war klar, daß man sie als Vorpostenboot eingesetzt hatte. Wahrscheinlich hatte sie den Auftrag, das Lager von der Seeseite her nach Norden abzusichern.

      Die Zelte waren inzwischen wieder aufgerichtet worden. Über dem Feuer, aber jetzt auf Astgabeln, hing ein anderer Kessel, kleiner als der durchgeschossene.

      Was Gary und Don Juan jedoch mit Grimm konstatierten, das war die Tatsache, daß die Kerle ihre Lust auf das Roden von Muskatnußbäumen noch lange nicht verloren hatten. Denn gerade setzte sich ein Trupp mit Fackeln und geschulterten Äxten zu den Bäumen hin in Marsch. Der Hackklotz war dabei.

      Gary und Don Juan hatten genug gesehen. Sie traten den Rückweg an, überprüften noch einmal den gefesselten und geknebelten Kerl und eilten zu ihrer Bucht zurück.

      Nach kurzer Beratung beschlossen sie, zuerst dem Lager einen eisernen Gruß zu entbieten, speziell jener Schaluppe, die neu bemastet wurde. Das war Al Conroys Aufgabe, mit gehackten Ladungen sollten die Baumfäller bedacht werden. Bei der Streuung dieser Ladungen waren Treffer nicht auszuschließen.

      Danach würde man sich der Vorposten-Schaluppe widmen. Da hieß es aber, scharf aufzupassen und sich keine Blöße zu geben. Notfalls würde man ausreißen, um eine günstigere Situation herbeizuführen. Daß ihre Schaluppe schneller segelte als die der Mijnheers, hatten auch Don Juan und seine Mannen erkannt. Und diesen Vorteil würden sie zu nutzen wissen.

      Sie schoben die Schaluppe zurück ins Wasser, enterten auf und verließen die Bucht. Pete Ballie stand am Ruder. Bei halbem Wind über Steuerbordbug lief der Einmaster wieder gute Fahrt. Pete steuerte die Schaluppe so weit an den Strand heran, daß sie noch im Windbereich blieb und die Segel nicht abgedeckt wurden.


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