Seewölfe Paket 27. Roy Palmer
explodierte mit einem infernalischen Krach, als sie von einem der Kerle gezündet wurde. Der ganze schwenkbare Hinterlader flog auseinander und schleuderte seine verschiedenen Teile nach allen Seiten. Wohlgemerkt, das waren Teile aus Eisen, nicht aus Watte. Dementsprechend war die Wirkung, nämlich verheerend. Sie hatten auch ziemlich gedrängt da vorne gestanden. Fünf Kerle riß es von den Füßen, zwei taumelten nach achtern.
Einer kippte außenbords, wurde jedoch von der hinterhersegelnden Schaluppe wieder aus dem Wasser gefischt. Das Großsegel hatte einen Riß, der sich Sekunden später ratschend erweiterte.
In die Wuhling hinein setzte Al Conroy seinen nächsten Schuß, und der schlug haargenau in die Wasserlinie auf der Steuerbordseite. Sicher, das war nun wirklich ein Zufallstreffer, aber wenn Al Conroy selbst bescheiden bemerkte, auch ein blindes Huhn finde manchmal ein Korn, dann war das stark untertrieben. Schließlich war auch sein erster Schuß ein Treffer gewesen.
Fast augenblicklich begann die Schaluppe Schlagseite nach Steuerbord zu zeigen. Und da acht Kerle nahezu auf Anhieb ausgefallen waren – zwei waren tot, die anderen mehr oder weniger verletzt –, geschah in der Panik überhaupt nichts, um den Wassereinbruch noch abzudämmen. Es herrschte Zustand, und als drei Kerle einfach außenbords sprangen und zu der anderen Schaluppe schwammen, gab’s kein Halten mehr, auch wenn sich der Kapitän die Kehle heiser brüllte. Die Mijnheers meldeten sich von Bord, aber nicht vorschriftsmäßig: sie drehten ihrem Kapitän lediglich die Kehrseite zu, bevor sie hüpften.
Nun ja, das Zudrehen der Kehrseite bedeutete bildlich gesprochen: Du kannst mich mal!
Der Hackklotz schüttelte drohend die Faust, aber das konnte auch dem Gegner gelten. Dann folgte er seinen Mannen, denn er hatte nicht die heldische Absicht, mit seinem Schiff unterzugehen.
Hasard und Don Juan lagen mit ihren Schaluppen längst wieder im Wind, um den Gang der Ereignisse abzuwarten. Sie konnten sehr gelassen abwarten, denn auch diese Runde war an sie gegangen.
Sie wahrten das fair play und griffen nicht an, während die Schiffbrüchigen aus dem Wasser geborgen wurden. Mit seiner Ritterlichkeit warf Philip Hasard Killigrew Perlen vor die Säue, aber er konnte nicht aus seiner Haut.
8.
Der Waldschrat war aus dem Traumland zurück und glotzte. Da er mit dem Rücken zum Bug an den Mast gefesselt war, hatte er freie Aussicht auf den Achteraussektor, wo sich die eine Schaluppe schlicht auf die Steuerbordseite legte und abblubberte, während triefende Gestalten bei der anderen Schaluppe an Bord gehievt wurden. Da bekam er wieder seine glühenden Augen.
Nun hatte ihm der menschenfreundliche Carberry den Knebel abgenommen, um ihm ein besseres Atmen zu ermöglichen, denn sicher war der Kerl mächtig verschnupft. Er dankte es dem Profos mit einem Urschrei, der die Planken erzittern ließ, und einer rasselnden Folge holländischer Flüche, die gewiß nicht der Reinlichkeit heimatlicher Stuben entsprachen.
Vielleicht hatten die Mijnheers schon bei der Verfolgung der beiden Gegner festgestellt, wen die da eingefangen und an den Mast gebunden hatten. Aber jetzt brüllten sie gleichfalls auf der einen Schaluppe und schüttelten die Fäuste. Doch diese Drohgebärde galt wohl eher dem Gegner, der ihnen bisher so höllisch eingeheizt hatte.
Das war ganz klar keine Dankesbezeigung dafür, daß dieser Gegner keine Metzelei veranstaltet hatte, solange das Bergen der Schiffbrüchigen vonstatten ging.
Hasard nahm es gelassen hin.
Indessen tigerte der Profos zu dem Waldschrat und verklarte ihm, daß er das Maul zu halten habe, widrigenfalls sah er sich gezwungen, es ihm zu stopfen. Und er zeigte dem Waldschrat den Profoshammer, dieses Ding aus Eisen, das so spielerisch leicht durch die Luft fliegen konnte, aber beim Aufprall von zertrümmernder Gewalt und Wucht war.
Er hielt dem Waldschrat dieses Ding vor die Nase. Und was tat dieser Lümmel? Er spuckte drauf.
Carberry wischte die Spucke freundlich grinsend in den Pelzhut, streifte die Faust noch einmal am Hosenbein des Waldschrats ab, tunkte sie in eine Wasserpütz, um auch sicher zu sein, daß ihr keine Spucke mehr anhaftete, und dann war’s wieder mal soweit.
Es bumste zweimal. Beim ersten Mal, als Hammer und Kinn aufeinandertrafen, und das zweite Mal – einen Lidschlag später –, als der Schädel des Waldschrats an den Mast krachte.
Der Waldschrat schaute überkreuz, dann wurden seine Augen wieder glasig, und er nippelte ab – dies stehenden Fußes, da er ja fest an den Mast gewickelt war. Nur der Kopf sackte ihm nach vorn, wobei der Pelzhut auf die Planken fiel. Der Profos beförderte ihn mit einem Fußstoß, der wieder einmal eine Staubwolke erzeugte, außenbords.
„Schade“, sagte Hasard. „Ich hätte mich gern mit ihm verständigt, daß er seinen Leuten verklaren soll, hier ein für allemal abzuziehen.“
„Sir“, entgegnete der Profos, „dieser Mistkerl hätte dir was gehustet – oder er hätte dich auch angespuckt. Wetten?“
„Lieber nicht.“
Auf der Gegner-Schaluppe kletterte der letzte Schiffbrüchige an Bord – der Hackklotz. Das Bad hatte ihn keineswegs abgekühlt. Er brüllte deren Kapitän an, als sei der schuld, daß auf der Führer-Schaluppe die Drehbasse auseinandergeflogen war.
„Wir greifen an!“ rief Hasard zu Don Juan hinüber. „Aber von zwei Seiten! Ich gehe nach Westen!“
Don Juan zeigte verstanden, ließ die Fock bakhalten und fiel auf Südkurs ab. Hasard kreuzte nach Westen auf und ging dann ebenfalls auf Südkurs. Auch die Schaluppe segelte diesen Kurs. Die Kerle hatten wohl eingesehen, daß ihre Chancen, dem Gegner einzuheizen, mit dem Verlust einer Schaluppe erheblich vermindert waren. Die Situation hatte sich gewandelt. Jetzt waren sie nicht mehr Jäger, sondern Gejagte.
Hasard und Don Juan holten mit ihren Schaluppen auf, Hasard westwärts des Gegners, Don Juan ostwärts. Aber es war ein Rennen gegen den sinkenden Tag. Die Sonne stand über dem westlichen Horizont, in diesem Fall der Bergkette, die sich tiefer im Land von Süden nach Norden hinzog und bis nach oben zur Nordküste von Mindanao reichte.
Hasard erkannte, daß es ein totes Rennen werden würde. Sie würden erst auf Schußweite heran sein, wenn die Dunkelheit anbrach. Und dann wurde die Situation unübersichtlich. Er ging auf Südostkurs, kreuzte das Kielwasser der Gegner-Schaluppe und ließ Carberry einen Musketenschuß in die Luft abfeuern.
Don Juan wandte den Kopf, und Hasard stieß den Arm nach Osten, um anzudeuten, daß sie sich dort treffen sollten. Don Juan verstand und fiel vor den Wind ab.
Die Kerle grölten, und dieses Grölen drückte Erleichterung aus. Sie hatten schon mächtig geschwitzt.
Don Juan wartete, bis Hasard zu ihm aufgeschlossen hatte und längsseits glitt. Die Dämmerung lag jetzt über dem Golf von Davao. Die Bergkette im Westen schimmerte noch rot.
„Na?“ fragte Don Juan lächelnd. „Hatte keinen Zweck mehr, wie?“
Hasard nickte. „Ich wollte ein Nachtgefecht vermeiden und schlage folgendes vor: einer von uns bleibt hier und hält die Kerle ein bißchen in Trab – mit der gebotenen Vorsicht, versteht sich, aber so, daß sie keinen Spaß an der Nachtruhe und noch weniger am Bäumefällen haben. Der andere segelt nach Davao, alarmiert die Arwenacks und lotst die ‚Santa Barbara‘ hierher, das heißt, an einen Punkt nördlich des Lagers, wo der größte Teil der Mannen an Land gesetzt wird, um das Lager aufzurollen und den Kerlen Manieren beizubringen.“
„Einverstanden. Wer bleibt hier, wer segelt nach Davao?“
„Du hast unseren Scharfschützen an Bord“, erwiderte Hasard grinsend, „und sonst bist du ja auch ziemlich scharf.“
„Das heißt, ich bleibe hier?“
„Du mußt nicht, bewahre! Ich übernehme das genauso gern, mein Guter!“
„Nein, nein!“ sagte Don Juan hastig.
„Na also. Braucht ihr noch was? Essen oder