Seewölfe Paket 27. Roy Palmer

Seewölfe Paket 27 - Roy Palmer


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noch nicht auf unsere Kahlschläge reagiert haben, dann sollten wir jetzt davon abgehen, unsere Unternehmungen nachts durchzuführen. Wenn wir bei Tageslicht mit der Axt arbeiten, schaffen wir die Kahlschläge in kürzerer Zeit als nachts. Ist doch klar. Oder etwa nicht?“

      „Du gehst mir auf den Nerv mit deiner Sachlichkeit“, knurrte Don Juan.

      Hasard und Dan O’Flynn grinsten sich an. Der gute Don Juan war wohl doch noch etwas empfindlich, wenn es um eine spanische Sache ging, die wie in diesem Fall seitens seiner Landsleute absolut sauber und nicht leicht zu beanstanden war. Denn gegen das Abernten von Muskatnüssen zum Zwecke der Geschmacksbereicherung von Speisen war nichts einzuwenden. Nein, hier waren ausnahmsweise einmal nicht die Spanier die Sünder und Bösewichte, sondern die Holländer, und denen wäre Don Juan am liebsten gleich an die Gurgel gesprungen, ohne lange zu fackeln.

      „Man muß“, sagte Hasard, „einen Gegner immer kühl analysieren, sonst unterlaufen einem Fehler. Wenn es ein letzter Fehler war, folgt nur noch die Himmelfahrt.“

      „Jaja“, maulte Don Juan. Er war wirklich gereizt.

      Hasard runzelte die Stirn, sagte aber dennoch freundlich: „Juan, wenn wir nachher kämpfen, dann denke bitte daran, daß du die Verantwortung für ein Schiff und eine Mannschaft hast.“

      „Weiß ich.“

      „Dann ist es ja gut“, sagte Hasard. „Aber wenn du nachher den wilden Stier spielst, nur um deine Aggressionen loszuwerden, dann ziehe ich dir die Ohren lang – so wir uns wiedersehen. Hast du verstanden?“

      Don Juan biß sich auf die Lippen und erwiderte: „Aye, aye, Sir, verstanden. Ich bin ein Hitzkopf, wie?“

      „Das hast du gesagt. Aber richtig, wir brauchen einen kühlen Kopf, wenn wir uns mit den Kerlen einlassen.“

      „Du sprachst eben von dem ‚guten Planer‘“, sagte Don Juan. „Aber so gut ist der gar nicht.“

      „Wieso nicht?“

      „Für die Holländer wäre es ein Spaziergang, Davao zu überfallen und die kleine Stützpunktbesatzung in die Hölle zu jagen. Sie könnten sich dort festsetzen und brauchten die Muskatnußbäume nicht mehr zu fällen, sondern nur noch abzuernten.“

      „Ein guter Einwand“, sagte Hasard. „Aber vermutlich wissen die Mijnheers nicht, wie schwach der Stützpunkt besetzt ist.“

      „Entschuldige bitte, Hasard“, sagte Don Juan, „aber daraus kann ich nur den Schluß ziehen, daß die Käsefresser weder einen guten Planer haben noch nüchtern nachdenken. Wer den einzigen Stützpunkt des Gegners im weiten Umkreis nicht erkundet, handelt einfach dumm. Für mich sind das Hornochsen.“

      „Mag sein, daß es stimmt, was du sagst“, meinte Hasard, „aber auch Hornochsen würde ich nicht unterschätzen. Sind wir uns in diesem Punkt einig?“

      „Einverstanden.“

      Inzwischen hatten die „Mijnheers“ weiter ausgepackt, auch Kisten und Säcke, in denen sie offenbar Lebensmittel hatten. Es sah ganz so aus, als hätten sie die Absicht, sich erst einmal zu stärken, bevor sie die Äxte schwangen. Auf der Kochstelle wurde ein Feuerchen entfacht. Allerdings waren ein paar, andere Burschen damit beschäftigt, die Äxte zu schärfen. Vielleicht futterten sie schichtweise.

      Bei dem ganzen Haufen gab ein stiernackiger, rotgesichtiger Kerl den Ton an, ein Kerl wie ein Hackklotz bis hin zum Kinn, auf dem man Holz spalten konnte. Unter dem knappen, vorn weit offenen Hemd, das eine blondbehaarte Brust freigab, wölbten sich Muskelberge. Mit den langen Affenarmen konnte er sich in den Kniekehlen kratzen.

      Einmal war er verärgert und langte einem der Kerle ein Ding an die Ohren. Das Klatschen war bis zu den Mangroven zu hören. Dan O’Flynn war es, der dabei ein bißchen zusammenzuckte. Der Kerl überkugelte sich in einer Sandwolke. Und als er sich wieder aufgerappelt hatte, törnte er wacklig ins Wasser, weil ihm wohl der Durchblick fehlte oder abhanden gekommen war. Die anderen Holzhacker lachten sich halbtot.

      Das hätte Carberry sehen müssen, dachte Hasard.

      Indessen palaverte der Hackklotz bereits mit einem anderen Waldschrat herum, deutete nach Norden und schien ihm Anweisungen zu erteilen.

       7.

      So war es. Der Waldschrat, bärtig und trotz der Hitze mit einer Pelzmütze auf dem massigen Schädel, nickte mehrere Male, schulterte dann eine Muskete und marschierte los – nordwärts, auf das Mangrovendickicht zu.

      Ob der Kerl auf die Jagd geschickt worden war oder nach Norden hin Ausguck halten sollte, war unerheblich. Aber wenn er die Bucht erreichte, würde er die beiden Schaluppen entdecken.

      Hasard zog die Pistole aus dem Gürtel, Don Juan und Dan ebenfalls. Hasard nickte ihnen stumm zu und drang mit ihnen etwas nach Süden vor, dorthin, wo der Kerl vermutlich das Mangrovendickicht erreichen würde. Sie verteilten sich und gingen zwischen den Stelzenwurzeln der Mangroven in Deckung.

      Der Waldschrat brach wie ein massiger Elch in das Dickicht ein und bolzte sich eine Schneise. Wo er sich nicht hindurchdrängen konnte, setzte er einen Schiffshauer ein, daß die Fetzen flogen.

      Er passierte die Deckung Don Juans.

      Der glitt hinter ihm hoch und donnerte ihm den Pistolengriff auf die Pelzmütze. Aus dem Ding stieg eine Staubwolke auf. Der Waldschrat grunzte, drehte sich um und starrte den schlanken großen Spanier an, als sei der selbst ein Schrat, einer mit Ochsenhörnern und funkenschnaubenden Nasenlöchern. Den Hieb mit der Pistole hatte er weggesteckt, als sei das ein freundlicher Stups gewesen.

      „Chottverdomme“, murmelte er, ließ den Schiffshauer fallen, packte die Muskete mit beiden Händen unten am Lauf, schwang sie zurück und setzte zu einem Hieb an wie mit der Axt.

      Da hatten inzwischen Hasard und Dan O’Flynn Zeit genug gehabt, ihrerseits zu reagieren. Dan O’Flynn befand sich hinter dem Kerl rechts in unmittelbarer Nähe der herumschwingenden Muskete. Er packte den Kolben und entriß dem Waldschrat die Waffe.

      Hasard war links hinter dem Kerl aufgetaucht, der ihm in dem Moment den breiten Rücken zudrehte, als sich Dan die Muskete bereits geschnappt hatte.

      Der Seewolf klopfte dem Waldschrat den Pistolengriff nicht auf die Pelzmütze, sondern an die Schläfe. Sekunden später hieb er ihm den Pistolenlauf ins Genick.

      Der Waldschrat stand still, sagte „Uaahh!“, hatte plötzlich glasige Augen und sackte in sich zusammen.

      Carberry und Al Conroy tauchten auf. Don Juan wischte sich den Schweiß von der Stirn und schob die Pistole wieder unter den Gurt.

      „Mann“, murmelte er, „ist das ein Brocken. Der muß einen Schädel aus Eisen haben.“

      „Du hättest die Pelzmütze einkalkulieren müssen“, sagte Hasard. „Wahrscheinlich ist die doppelt und dreifach abgefüttert.“

      Carberry hatte sich die Pelzmütze schon gegriffen und betrachtete sie grinsend.

      „Die wär was für unseren Polaraffen, den Wikinger“, sagte er. „Ob wir sie ihm als Geschenk mitbringen? Ich meine, als Ersatz für seinen verdammten Helm. Dann hätten es seine Polarläuse darunter auch wärmer.“

      „Rede keinen Unsinn, Ed“, sagte Hasard streng. „Hier wird nichts geklaut. Setz ihm das Ding wieder auf, vielleicht sind tatsächlich Läuse oder Flöhe drin. Fesselt und knebelt den Kerl. Wir nehmen ihn mit an Bord.“

      Carberry knallte dem Waldschrat den Pelzhut wieder auf den Schädel, und eine zweite Staubwolke stieg auf. Der Profos hustete und wedelte mit der Hand.

      „Die sollte mal gewaschen werden“, murmelte er.

      Sie mußten den Waldschrat zu viert an Bord schleppen, wo sie ihn mittschiffs an Deck packten und zusätzlich mit Leinen an Klampen vertäuten. Sicher war sicher, denn der Kerl mußte über die Kraft mehrerer Ochsen verfügen, wie der gebaut war.

      Hasard


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