Seewölfe Paket 27. Roy Palmer

Seewölfe Paket 27 - Roy Palmer


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beiden Männer brauchten nicht lange zu warten. Ihr „Jemand“ tauchte auf dem Plantagenweg auf. Er hatte eine Stallaterne dabei – sie war es, die Batuti und Old Shane sahen. Ein wanderndes Licht, das hin und her schwankte. Sehr hell war es nicht und außerdem unsinnig, weil es die Augen nicht auf die Dunkelheit einstellte. Der Kerl war sozusagen nachtblind.

      Das Licht wanderte also heran, und es war sehr hübsch, wie gut sich der Kerl darbot – für jemanden, der die Absicht hatte, ihm ins Genick zu springen.

      Wer sich auf diese Weise durch den nächtlichen Dschungel bewegte, mußte von allen guten Geistern verlassen sein. Er präsentierte sich nicht nur menschlichen, sondern auch tierischen Feinden. Eine hungrige Raubkatze würde sich von der Funzel nicht gestört fühlen, Batuti erst recht nicht.

      Als der Kerl auf seiner Höhe war, sprang er ihm ins Kreuz und riß ihn zu Boden. Die Lampe ging zu Bruch und verlosch. Der Kerl verlosch auch. Batuti hatte einen unheimlich harten Jagdhieb.

      Big Old Shane, zur Zeit „Reservist“, sagte: „Komm mir ziemlich überflüssig vor, schwarzer Mann.“

      „Dann fessel ihn mal, weißer Mann“, sagte Batuti und zeigte die Zähne. „Und knebeln sollten wir ihn auch.“

      „Und wohin mit ihm?“

      „Seitwärts in den Dschungel, damit er nicht weiß, wo er sich befindet. Und auch an einen Baum, damit er nicht herumkriechen kann.“

      Sie fesselten und knebelten den Kerl, nahmen ihm Messer und Pistole ab und banden ihn zusätzlich an einen umgestürzten Baum abseits des Pfades im wüsten Dickicht. Mit dem Pistolengriff empfing er noch eine Betäubung.

      „Schade“, sagte Batuti. Er blickte sich um.

      „Wieso das?“

      „Ich hätte ihn gern in einem Ameisenhaufen deponiert.“

      Shane starrte den schwarzen Riesen an. „Hör mal, das fände ich aber gar nicht freundlich.“

      „Soll es auch nicht sein“, sagte Batuti grimmig. „Ich habe den Kerl erkannt. Er hat heute vormittag eine der Frauen mit der Peitsche bearbeitet. Die Frau war unter einem Sack zusammengebrochen, als sie von der Fleute zu den Schuppen ging, das heißt, sie ging nicht, sie taumelte bereits. Was meinst du wohl, wo beim Profos und mir die Galle stand?“

      „Verstehe“, sagte Old Shane. „Diese Scheißkerle!“

      Sie traten auf den Trampelpfad hinaus und nahmen ihre Sachen auf. Dann ging’s weiter. Batuti kannte ja den Weg. So erreichten sie jene Stelle, von wo aus sie in der letzten Nacht die Kerle im Innenhof beobachtet hatten.

      Heute wurde kein Schwein am Drehspieß gebraten. Das Tor war geschlossen. Auf dem einen Wehrturm am Tor lehnte ein Wachposten an einer Zinne und stierte trübsinnig vor sich hin. In einem der Gebäude wurde gelärmt. Dort hatten die Kerle wohl ihre Quartiere. Die Fleute lag noch an der Pier. Achtern, hinter den Bleiglasscheiben der Kapitänskammer, brannte Licht. Ein Posten stand an der Stelling, die von der Fleute auf die Pier führte.

      Im Innenhof brannten drei Fackeln in den eisernen Halterungen. Sonst gab es nichts Nennenswertes zu sehen.

      Die beiden Männer deponierten ihre Sachen und legten sie griffbereit. Sie hatten hinter Felsbrocken Deckung nach allen Seiten. Dieser Stand war so etwas wie ein Adlerhorst, eine ausgezeichnete Bastion mit Überblick über das Kastell und den Hafen samt der Schuppen. Nur die rückwärtige Front des Kastells lag im toten Winkel, was sie aber nicht störte.

      Der Posten auf dem Wehrturm schaute immer häufiger landwärts nach Norden. Von dort über die Serpentine zum Hafen mußten die Kumpane mit den Gefangenen kommen. Aber niemand erschien. An Bord der Fleute wurde geglast.

      Zweiundzwanzig Uhr!

      Der Posten auf dem Wehrturm rief dem Posten an der Stelling etwas zu. Der zeigte klar und rief seinerseits etwas einem anderen Mann an Bord zu, jenem, der geglast hatte. Der marschierte ins Achterdeck.

      Kurz darauf tauchte Pieter Hendrik Beeveren in Begleitung eines anderen stämmigen Mannes auf dem Achterdeck auf. Offenbar war der andere der Kapitän der Fleute.

      Beeveren brüllte zu dem Posten auf dem Wehrturm hoch. Batuti und Old Shane brauchten keinen Übersetzer.

      „Sind die immer noch nicht zurück?“

      „Nein, Kapitän!“

      „Scheiße! Was ist da los?“

      „Weiß ich nicht, Kapitän!“

      Der Kapitän Beeveren fluchte ordinär. Dann brüllte er: „Janzson soll zwei Kerle hinschicken, verstanden?“

      „Jawohl, Kapitän!“ Der Posten verschwand durch eine Luke im Wehrturm, erschien unten in einer Tür und lief quer über den Innenhof, dorthin, wo der Lärm aus einem der Gebäude erklang.

      Beeveren und der andere Kapitän zogen sich wieder ins Achterdeck zurück.

      Old Shane und Batuti nickten sich nur zu, schoben ihre Sachen an der Rückseite ihrer Bastion unter die Felsen und verließen ihr Versteck. Zwischen Buschwerk und weiteren Felsbrocken eilten sie geduckt hinauf zum Serpentinenweg und weiter um jenen Hügel, wo der Weg in einer Gegenkehre verlief. Dort begann der weitere Anstieg zu den Plantagen. Es war vom Kastell aus nicht einzusehen.

      Das war wichtig, wenn sie auch diese beiden Kerle, die ein gewisser „Janzson“ aussuchen sollte, abräumten. Der Posten auf dem Wehrturm durfte nichts bemerken.

      Immerhin, an Beschäftigung für Batuti und Old Shane mangelte es nicht. Sie hatten mächtig zu tun.

      Hinter Felsbrocken gingen sie in Deckung, der eine links, der andere rechts vom Aufstieg.

      Knapp zehn Minuten später tauchten die beiden Kerle auf – ohne Beleuchtung. Sie fluchten und hatten schlechte Laune. Nachts durchs Gelände zu tapern, war nicht ihre Sache. Vielleicht hatten sie sich auch gerade in die Falle hauen wollen.

      Na, für den Schlaf wollten Old Shane und Batuti schon sorgen, sogar für einen Langschlaf, aber den mit bösem Erwachen und Hummeln im Schädel.

      Die beiden Kerle passierten die Felsbrocken.

      Old Shane und Batuti glitten lautlos von hinten heran und schlugen mit den Pistolen zu.

      Aus!

      Auch diese Kerle wurden ihrer Waffen entledigt, gefesselt, geknebelt und weit abseits des Weges in einer Geröllhalde deponiert, und zwar so, daß sie zwei, drei Yards abstürzen würden, wenn sie sich bewegen oder loskriechen sollten. Da würde ihnen das Weiterkriechen vergehen.

      Die beiden Mannen huschten zu ihrer Bastion zurück.

      Nach Mitternacht.

      Der Schatten schob sich von Osten her über die See heran. Der Wind hatte auf Nordwest gedreht.

      Der Posten auf dem Wehrturm döste.

      Die beiden Kapitäne saßen immer noch in der Achterdeckskammer der Fleute. Vermutlich soffen sie dort.

      Und der Schatten glitt näher und näher, eine Dreimast-Galeone namens „Santa Barbara“. Ihre Stückpforten waren geöffnet, die Culverinen ausgebrannt. Sie wirkte bedrohlich und wie ein Gespensterschiff. Es schien, als segele sie allein. Nur ein einsamer Mann stand auf dem Achterdeck, ein sehr großer Mann. Aber sie war nicht unbemannt, diese Galeone. Die anderen Kerle – sie nannten sich „Arwenacks“, denn das war auch ihr Kampfruf – lauerten an den Stücken hinter dem Schanzkleid der Steuerbordseite.

      Die Galeone segelte über Backbordbug, Querabstand zur Küste nur an die vierzig Yards.

      Jetzt passierte sie die Fleute, und da flogen plötzlich torkelnde Dinger durch die Luft, die dünn beschwänzt waren. Und diese Schwänze glühten. Die Dinger senkten sich auf die Fleute, sechs, sieben Stück.

      Und dann krachten sieben Explosionen.

      Von da ab war die Hölle los.

      Drehbassen


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