Seewölfe Paket 30. Roy Palmer

Seewölfe Paket 30 - Roy Palmer


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hat. Merkst du nicht, daß dir der Kerl nur etwas andrehen will? Der ist imstande und redet dir noch irgendwelche Krankheiten ein.“

      „Wirst du wohl jetzt deine Luke halten, du Hirsch?“ Old Donegal war nicht mehr zu bremsen. „Schließlich handelt es sich um einen frommen und weisen Mann. So ein Mönch darf gar nicht lügen. Schau nur, wie die anderen Leute das Lebenselixier kaufen. Glaubst du, ich warte, bis die letzte Flasche weg ist?“

      Old Donegal bahnte sich einen Weg durch die Schar der Käufer, und Paddy folgte ihm. Wenn der alte O’Flynn was von dem Gebräu hielt, dann mußte an der Sache was dran sein, so folgerte er. Schließlich konnte Old Donegal sogar hinter die Kimm blicken.

      Vor dem Kuttenmann verhielten die beiden.

      „Glaubst du wirklich, ich – äh – ich könnte springen wie ein junger Ziegenbock, wenn ich das Zeug trinke?“ fragte Old Donegal.

      Rodrigo, der Sensenmann, legte die rechte Hand aufs Herz. „Ich glaube es nicht, mein lieber Bruder – ich weiß es. Vertraue auf mich, und du wirst ein Wunder erleben. Selbst die tiefen Furchen, die die Krankheit in dein Gesicht gezeichnet hat, werden verschwinden.“

      Für einen Augenblick war Old Donegal irritiert.

      „Ich bin aber nicht krank“, sagte er. „Und meine Falten, die stammen vorn rauhen Wetter auf See.“

      Der Mönch hob den Zeigefinger. „Täusche dich nicht selber, mein Sohn. Unternehme einen Versuch mit diesem heilsamen Kräutertrank. Sobald die Flasche geleert ist, wirst du dem Allmächtigen auf den Knien danken, ja, du wirst herbeieilen, um weitere Flaschen zu kaufen.“

      Jetzt war Old Donegal völlig überzeugt. „Was kostet eine Flasche?“

      „Für dich nur zehn Silbermünzen“, erwiderte der Mönch.

      „Das ist aber ganz schön teuer“, beschwerte sich Old Donegal. Dann fingerte er jedoch die Geldstücke aus seinem prallgefüllten Gürtel und zählte sie dem Mönch in die aufgehaltene Hand. Danach konnte er das heißbegehrte Lebenselixier in Empfang nehmen.

      Paddy trat einen weiteren Schritt auf den Mönch zu. Er beugte sich vor, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern. Dabei wirkte er ziemlich verlegen.

      „Hilft das Lebenselixier auch zur Vorbeugung gegen Krankheiten?“ fragte er mit gedämpfter Stimme.

      „Aber natürlich, mein Sohn“, entgegnete Rodrigo. „Vorbeugen ist sogar leichter als Heilen.“

      Die Stimme Paddys wurde noch leiser. „Auch zur Vorbeugung gegen – äh – gegen Schlitzaugen und Chinesenzöpfe?“

      Der Mönch warf ihm einen verwunderten Blick zu und zuckte dann mit den Schultern.

      „Auch gegen solch seltene Erkrankungen wirst du geschützt sein.“

      Paddy war zufrieden und nahm gleich darauf ebenfalls seine Flasche entgegen.

      Bill grinste hinterhältig.

      „Am besten, ihr nehmt das Zeug am Abend mit in die Kneipe. Während wir dort dem Wein zusprechen, könnt ihr euch dann an dieser lausigen Gemüsebrühe laben.“

      Old Donegal bedachte ihn mit einem strafenden Blick. Und als der Kutscher, nachdem er sich mit dem Gemüsehändler über den Preis geeinigt hatte, ebenfalls noch eine spitze Bemerkung vom Stapel ließ, hob Old Donegal würdevoll das ergraute Haupt.

      „O ihr Unwissenden und Kleingläubigen“, sagte er, „wenn ihr schon diesen Gesundbrunnen verschmäht, dann gönnt ihn wenigstens den Einsichtigen.“

      „Jetzt aber nichts wie weg hier“, schlug der Kutscher vor, „sonst schlüpft Mister O’Flynn noch in eine Mönchskutte und schrubbt als Bruder Donegal von morgens bis abends die schwarzen Seelen der Uneinsichtigen.“

      Der Koch und Feldscher der Arwenacks hatte mit dem Händler vereinbart, daß die Berge von frischem Obst und Gemüse, die er bestellt hatte, mit einem Karren zum Liegeplatz der Schebecke gebracht werden sollten. Schließlich gab es noch eine ganze Menge anderer Lebensmittel einzukaufen.

      Suchend blickte er sich nach Blacky, Sam Roskill und den Zwillingen um, die sich noch irgendwo in der Nähe zwischen den unzähligen Karren und Ständen der Händler aufhielten.

      Es gab alle Hände voll zu tun für die Arwenacks. Deshalb fiel ihnen auch nicht auf, daß der spindeldürre Mönch rasch damit aufhörte, das wundersame Lebenselixier anzupreisen und statt dessen einem seiner „Brüder im Herrn“ den Auftrag gab, jeden Schritt, den die Fremden taten, sorgsam zu überwachen.

       7.

      Der Sensenmann betrat das Deck der „São Pedro“, die in einem abgelegenen Teil des Hafens gemächlich an der Ankertrosse schwoite. Hier herrschte weniger Betriebsamkeit, und kaum jemand nahm von der Zweimastkaravelle und ihrer Crew Notiz.

      Die Schnapphähne waren schon vor Tagesanbruch von ihrem zwielichtigen Kloster aus nach Lissabon gesegelt, um Einkäufe zu erledigen und ihren einträglichen Nebengeschäften nachzugehen.

      „Ich muß dringend Antonio sprechen“, sagte der dürre Rodrigo zu Miguel Fernandez. „Ist er an Bord?“

      Der kleine, stämmige Mann deutete mit dem Daumen nach achtern.

      „Er sitzt in seiner Kammer und säuft“, lautete die lapidare Antwort.

      „Da weiß ich Besseres für ihn zu tun“, sagte der Sensenmann und verschwand gleich darauf mit wehender Kutte in den Aufbauten des Achterdecks.

      Antonio Gonzales hockte in der Tat vor einem Tonkrug, der mit Rotwein gefüllt war. Daneben lag eine zusammengerollte Seekarte auf der rissigen Platte des schweren Eichentisches. Eine blakende Tranlampe warf bizarre Schatten gegen die Wände der Kapitänskammer, die mehr einer schmuddeligen Räuberhöhle glich.

      „Du bist schon zurück, Rodrigo?“ fragte er verwundert. „Habt ihr das ganze Zeug schon verkauft, oder gibt es irgendwelche Neuigkeiten?“

      Der Sensenmann lächelte vielsagend.

      „Wie man’s nimmt“, erwiderte er. „Die Geschäfte laufen bestens. Außerdem habe ich auf dem Marktplatz etwas beobachtet, das sich vielleicht recht gut für uns auszahlen könnte.“

      Antonio Gonzales begriff. „Nimm dir einen Becher aus dem Schapp und setz dich zu mir, Rodrigo.“

      Der Sensenmann gehorchte nur zu gern und goß sich den Rotwein, den Gonzales ihm einschenkte, gierig in die Kehle.

      „Und jetzt schieß los“, sagte Gonzales. „Was hast du beobachtet?“ Sein Blick wurde lauernd wie der einer hungrigen Raubkatze.

      Rodrigo räusperte sich.

      „Die Sache ist so“, begann er. „Mir sind auf dem Marktplatz acht Kerle aufgefallen, die damit beschäftigt waren, größere Mengen Lebensmittel einzukaufen. Daraus schloß ich, daß sie zu einer Schiffsbesatzung gehörten, die ihren Proviant ergänzte …“

      „Weiter!“ unterbrach Antonio Gonzales ungeduldig. „Das ist nichts Besonderes.“

      „Nur langsam, Antonio, ich bin noch nicht am Ende.“ Der Sensenmann redete jetzt etwas schneller. „Zwei von den Kerlen lauschten hingerissen meiner Rede und kauften schließlich das Lebenselixier. Einer von ihnen war ein alter grauhaariger Bursche mit einem Holzbein, der andere ein etwas grobschlächtiger, bulliger Kerl. Ich habe von jedem zehn Silbermünzen für die Brühe verlangt, und wider Erwarten haben sie den hohen Preis anstandslos bezahlt. Doch nicht nur das hat mich in Erstaunen versetzt, sondern es waren vielmehr die raffiniert gearbeiteten Gürtel, die die Kerle umgeschnallt hatten. Ich sage dir, mir gingen fast die Augen über, als ich sah, wie prall diese Gürtel mit Gold- und Silbermünzen gefüllt waren, obwohl es sich meiner Meinung nach bei den Burschen nur um einfache Decksleute handelte. Also: Da ist garantiert was zu holen. Wenn die alle so gut bestückt sind, muß ihr Kapitän regelrecht in Gold schwimmen. Vielleicht ist er ein reicher Kaufmann,


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