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Escribano empfand im stillen eine große Befriedigung über die Art, wie Lozano den eitlen, eingebildeten Portugiesen abgekanzelt hatte. Spontan bot er Lozano seine Hilfe an.
Der Nebel legte sich jedoch in noch dichteren Schwaden über die Bengkalis-Bucht, griff auch nach der Siedlung und dem Hafen und ließ am Nachmittag jeden Versuch, den Schatz der „Santa Trinidad“ zu heben, scheitern. Ja, eins der Boote, das sich durch die milchigen Schleier dem Korallenriff näherte, lief sogar auf und mußte geborgen werden, wobei fast ein zweites Unglück passierte.
Entmutigt kehrten Lozano, Escribano und die anderen Spanier in den Hafen zurück. Trotz do Velhos neuerlichen Drängens gab Lozano aber nicht nach. Er lehnte es ab, die Karavellen dem Kommando des Portugiesen zu unterstellen. Do Velho drohte Konsequenzen an, aber Lozano verwies auf den Nebel, der jedes Seeunternehmen verbot.
Sotoro kam unterdessen auch im Kerker nicht wieder zu sich.
Ein Arzt bemühte sich, den Malaien wieder auf die Beine zu bringen, aber auch, als er den Blutfluß zum Stillstand gebracht hatte, fruchteten seine weiteren Bestrebungen nichts.
Der Stadtkommandant und der Hafenkapitän ließen in do Velhos Beisein und in Gegenwart aller anderen Offiziere die vier Kameraden des Tigers vernehmen. Das einzige, was Uwak, der Atjeh, aus ihrem Munde vernahm, war, daß sich Seewölfe wie malaiische Rebellen in der Vornacht in die Bucht von Rempang verholt hätten, um vor dem Sturm sicher zu sein. Hier waren sie von dem Tiger Bulbas bedroht worden, der jedem Menschen Angst einjagte und durch keine List zu erlegen war. Daher hätten sie statt an Land auf den Schiffen nächtigen müssen.
Bei allen rauhen Methoden, die die Spanier anwendeten – mehr holten sie aus den Malaien, eingeschworenen Blutsbrüdern einer alles überlagernden Idee, nicht heraus.
7.
Am späten Nachmittag schob sich ein einmastiger, schmaler Praho mit nur einem Ausleger den Selat Pandjang hinauf, jenem Meeresarm, der von Süden her auf die langgestreckte Bengkalis-Bucht zu verlief. An Bord befanden sich Hasard und Dan O’Flynn, als Eingeborene verkleidet, sowie Yaira, die sich in Männerkleidung gehüllt hatte, Kutabaru, der Häuptling der Orang Laut, und Tiku – so hieß der Unterführer Sotoros, mit dem der Seewolf sich auf spanisch verständigen konnte.
Wie vereinbart, hatten die Prahos die „Isabella“ am Frühnachmittag in der Bucht des Nordwestufers der Insel Rangsang eingeholt. Nur sechs schwer bewaffnete Bewacher waren auf Rempang bei Bulbas zurückgeblieben, alle anderen schlossen sich dem Seewolf an.
Nach kurzer Beratung hatte es auch für die Freibeuter Sotoros, für Otonedjus Stammesangehörige und für die Wassernomaden festgestanden, daß Sotoro und die anderen vier Rebellen nach Bengkalis verschleppt worden waren.
Hasard hatte den Plan entwickelt, alle hatten zugestimmt.
Dan hatte er auf dessen Drängen hin auch in die Verkleidung eines Bataks steigen lassen, Yaira jedoch hatte der Seewolf nicht mitnehmen wollen. Doch das Mädchen hatte Hasard erklärt, daß sie nach den Gesetzen ihres Stammes persönlich für die Befreiung des Mannes, den sie liebe, sorgen müsse.
Nach einigem Hin und Her hatte Hasard nachgegeben, obwohl er immer noch davon überzeugt war, daß es zu riskant für das Mädchen war, mit nach Bengkalis zu fahren.
Tikus Ortskenntnisse waren hervorragend. Besser als jeder Atjeh, Kubu, Weddide oder Mann von der Halbinsel Malakka wußte er auf der Insel Sumatra Bescheid, denn er stammte aus dieser Gegend. So führte er den Praho sicher in ein dichtes Mangrovendickicht nur wenige Meilen östlich der spanischen Siedlung – trotz des Nebels, der wie eine breiige Masse immer tiefer auf das Wasser des Selat Pandjang herabsackte und auch den Utan, den Regenwald, einhüllte.
Unbeirrt ließ Tiku den Praho ins Gestrüpp schlüpfen und lenkte ihn noch ein Stück auf einem Wasserarm voran, der so schmal war, daß der Ausleger und die freie Rumpfseite die Ufer ständig zu berühren drohten.
Dann gab Tiku seinen vier Begleitern ein Zeichen. Sie verließen den Praho, vertäuten ihn und tarnten ihr Fahrzeug mit Mangroven, Bambus und den riesigen Blüten der Raflesia, einer Dschungelblume.
Auch der beste Fährtenleser konnte den Praho jetzt nicht mehr entdekken.
Unbemerkt konnten die fünf sich nun an die Ortschaft heranschleichen. Bengkalis war keine festungsgleich angelegte Stadt wie Manila. Die Anordnung der Häuser, die Hasard in der nebeldurchsetzten Dämmerung erkannte, erinnerte ihn eher an Porto Bello, die spanische Niederlassung auf dem Isthmus von Panama.
Es war also kein Kunststück, sich bis in das Herz der Siedlung zu schleichen. Tiku und Kutabaru benötigten keinerlei Tarnung, sie fielen in ihrem Aufzug nicht weiter auf und riefen unter der bunt zusammengewürfelten Bevölkerung aus Eingeborenen und Spaniern keinen Argwohn hervor.
Yaira hatte ihre Haare hochgesteckt und unter einer Kopfbedekkung aus rotem, von hellen Fäden durchwirktem Tuch verborgen. Sie sah in ihrer Männerkleidung wie ein Junge aus, ein Umstand, der Hasard in gewisser Weise an die Erlebnisse mit dem chinesischen Mädchen Ch’ing-chao Li-Hsia“, „Flüssiges Licht im beginnenden Sommer“, erinnerte.
Hasard und Dan hatten sich mit der einfachen, groben Kleidung der Fischer von Sumatra angetan. Auf den Köpfen trugen sie eine Art Mischung aus Hut und Mütze, ein Zwischending, das keiner genau zu definieren vermochte. Es war ganz aus hartem Stroh geflochten und ließ sich – was der wesentliche Vorteil war – tief in die Stirn ziehen.
Als die Nacht sich von See her in die Siedlung schlich und im Verbund mit dem Nebel eine kaum durchdringbare Sphäre bildete, hatten die fünf den Hafen erreicht und sahen die Viermast-Galeone „Candia“ an der Pier liegen.
Sie registrierten des weiteren, daß auf der Reede ein paar Segelschiffe an ihren Ankerketten schwojten. Wie viele und welche Art von Fahrzeugen, das ließ sich in der schwärzlichen, nur hier und dort von Lichttupfern durchsetzten Nebelsuppe jedoch nicht erkennen.
Tiku sonderte sich für eine Weile von der Gruppe ab. Als er zurückkehrte, hatte er mit ein paar Eingeborenen gesprochen und erfahren, daß sich die gefangenen Rebellen nicht mehr an Bord der „Candia“, sondern im Kerker der Stadtkommandantur befanden. Ohne Mißtrauen zu erregen, hatte er sich daraufhin nach dem Weg zur Stadtkommandantur erkundigt.
Knappe zehn Minuten später hatten sie die Stadtkommandantur vor sich. Sie entpuppte sich als ein großer und wuchtiger Bau aus groben Quadersteinen, bei dessen Errichtung man sich offenbar alle erdenkliche Mühe gegeben hatte, architektonische Schönheiten zu mißachten. Mit anderen Worten, es war die häßlichste Konstruktion, die Hasard seit langem gesehen hatte.
Vor dem Tor lungerten ein paar Neugierige herum, die darauf warteten, daß man die Gefangenen wieder ins Freie brachte, vielleicht zu ihrer Hinrichtung oder Gott weiß wohin. Der Seewolf überließ diese Leute ihrem Müßiggang. Er nahm jetzt die Initiative in die Hand. Wie die Kommandantur im einzelnen angelegt war, glaubte er begriffen zu haben. Ähnliche, wenn auch ansehnlichere Klötze kannte er ja schon aus den Häfen der Spanier. Der Grundriß wiederholte sich in den wesentlichen Zügen. In dieser Beziehung war es mit der Phantasie der Dons nicht weit her.
So schlich er der kleinen Gruppe voran zur rückwärtigen Partie des großen Gemäuers. Wie erwartet lief der nach Norden versetzte Flügel in einem Söller und einem Wehrgang aus, wobei der Wehrgang eine gewaltige Mauer krönte, hinter der sich garantiert ein quadratischer Innenhof ausdehnte.
„Und von dort aus geht es in den Kerker hinüber“, raunte Hasard den Freunden zu. „Dafür lege ich meine Hand ins Feuer oder verwette meine Stiefel.“
„Pst!“ zischte Dan O’Flynn. „Auf dem Wehrgang habe ich die Umrisse von zwei Posten gesichtet.“
„Die müssen wir ausschalten, wenn wir zu Sotoro und den anderen vier wollen“, flüsterte Hasard. „Ein Tor gibt es an dieser Seite nicht, alles, was wir tun, muß also zwangsläufig auf die Überquerung der verdammten Mauer ausgerichtet sein. Ein Glück, daß es dunkel ist und wir den Nebel zu unserem Schutz haben. Wir pirschen uns einer nach dem anderen zur Mauer. Tiku, übersetze das bitte