Seewölfe Paket 18. Roy Palmer

Seewölfe Paket 18 - Roy Palmer


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Black Queen gab ihm recht.

      „Und weiter, was weiter, Caligula?“

      „Du kennst diese Wildkatze nicht so gut wie ich, Queen. Ich habe mich mit ihr beschäftigt, denn sie hat meinen Vater zur Hölle geschickt. Mich hat immer interessiert, wie sie das nur fertigkriegen konnte.“

      Caligulas Züge hatten sich verdüstert.

      „Also“, fuhr er fort, „sie wird nicht so dumm sein, in die Bucht einzusegeln, bevor sie nicht das Gelände erkundet hat. Wahrscheinlich wird sie selbst diesen Spähtrupp führen oder aber einen ihrer besten Männer dafür auswählen. Wenn die Luft rein ist, wird man ihr das signalisieren, und deshalb, um von uns nicht zu früh bemerkt zu werden, wird sie auch erst im Laufe der Nacht eintreffen. Schon deshalb, weil wir dann alle bereits besoffen am Feuer liegen, denn wir können trotz der Flucht der Schlangenkriegerinnen mit einer derartigen Überraschung ja gar nicht rechnen.“

      „Weiter, Caligula, weiter!“

      Aber Caligula ließ sich nicht bitten, er war jetzt gerade richtig in Fahrt.

      „Du, Queen, verschwindest mit deinem Dreimaster aus der Bucht. Du legst dich hinter der Insel auf die Lauer. Dadurch, daß diese Wildkatze die Schlangenkriegerinnen als Führer und Lotsen an Bord hat, wird sie auch nicht erst um die Insel herumsegeln, um sie abzusuchen. Sie wird nicht auf dich stoßen. Außerdem kannst du auch auf See draußen warten, bis es soweit ist. Aber leg dich so, daß du günstigen Wind in den Segeln hast und rasch hier sein kannst.“

      „Gemacht, Caligula. Aber du, was ist mit dir?“

      „Ich werde hierbleiben, mit dem schwarzen Auslegerboot und ein paar zuverlässigen Männern. Diese Siri-Tong wird nicht einmal ahnen, daß wir hier sind. Sie wird annehmen, wir seien längst abgesegelt. Aber sie mußt sich um die Schlangenkriegerinnen kümmern. Sie muß, ehe sie uns wut- und racheschnaubend nach Tortuga folgt, um uns dort zu erwischen. Denn sie wird vermuten, daß wir dorthin gesegelt sind. Tollkühn genug ist sie dazu. Nur – sie wird das gar nicht mehr können. Ohne Schiff ist Tortuga wohl doch ein bißchen zu weit entfernt. Ich kann mir nicht denken, daß sie auch noch eine so gute und ausdauernde Schwimmerin ist, von den Haien mal ganz abgesehen, die sich einen solchen Leckerbissen, ein so appetitliches Weibstück gewiß nicht entgehen lassen werden …“

      Caligula lachte leise in sich hinein, und wahrhaftig, er rieb sich im Vorgeschmack dessen, was sich in dieser Bucht ereignen würde, schon die Hände.

      „Und nun hör zu, Queen, denn jetzt kommt das, was uns die Rote Korsarin ans Messer liefern wird. Sie wird diese Falle weder ahnen noch ihr ausweichen können …“

      Caligula beugte sich ganz dicht zur Black Queen hinüber und begann zu flüstern.

      Erst stutzte die Queen, dann aber sprang sie plötzlich auf. Lange sah sie ihren Unterführer an. Dann sagte sie:

      „Ich möchte dich nicht zum Feind haben, Caligula. Bei allen Teufeln der Hölle, du bist gefährlicher als alle, die ich kenne! Man sollte vor dir auf der Hut sein, Caligula!“

      Wieder lachte Caligula leise in sich hinein.

      „Du wirst mich nie zum Feind haben, Queen. Nie – wir beide, du und ich, wir werden die Herrscher der Karibik sein. Und diese Schlangeninsel unsere Festung …“

      Die Black Queen starrte ihn noch immer an. Ihre Augen glitzerten, und es war nicht der Schein der flackernden Feuer, der sie glitzern ließ.

      „Auf diesen teuflischen Plan wäre nicht einmal ich verfallen“, sagte sie dann. Dann trat sie auf Caligula zu. Langsam, Schritt für Schritt Dicht vor ihm blieb sie stehen und küßte ihn. Lange und leidenschaftlich.

      „Ich glaube, du wirst jene Nacht, die ich dir vorhin versprach, kriegen. Komm, auch heute werde ich dich umarmen, aber das wird nur ein Vorgeschmack dessen sein, was dich erwartet, wenn du uns diese Rote Korsarin ans Messer lieferst!“

      Sie zog Caligula mit sich fort. Gemeinsam schwammen sie zur in der Bucht ankernden Galeone hinüber.

      Später, als die Sonne schon im Westen stand, begann Caligula mit seinen Vorbereitungen: Wieder lachte er in sich hinein, denn er hatte recht behalten: Von der Roten Korsarin und ihrem Viermaster mit dem gewaltigen Drachen auf dem Großsegel war weit und breit nichts zu sehen. Und doch mußte sie ganz in der Nähe sein, und sie würde dort irgendwo auf die hereinbrechende Dunkelheit lauern. Aber sie sollte eine Überraschung erleben, und diesmal würde es auch für sie kein Entkommen mehr geben …

      Caligula behielt recht. Siri-Tong verhielt sich fast so, wie er es vorausgesagt hatte. Mit ihrem Viermaster hatte sie eine Bucht auf North Caicos angelaufen. Dort ließ sie den Anker werfen, und dann ging sie mit Barba und einer weiteren Gruppe von Männern daran, die Vorbereitungen für die Nacht zu treffen.

      Aber es hatte durchaus Probleme gegeben. Das Boot, das den Spähtrupp an Land setzen sollte, mußte vor „Roter Drache“ auf jener Insel landen, die noch von den Piraten der Black Queen beherrscht wurde. Trotzdem durfte der Viermaster nicht viel später zur Stelle sein.

      Siri-Tong beschloß daher, das Boot erst in der Nähe der Insel auszusetzen und „Roter Drache“ dann durch Lichtsignale von der Insel zu verständigen, daß er in die Bucht einlaufen konnte, daß die Luft rein sei.

      Das Wetter kam der Roten Korsarin am späten Nachmittag entgegen. Der Himmel bezog sich, Wolken kamen auf. Das war eines der Hauptprobleme gewesen, denn bei hellem Mondschein war ein Schiff von der Größe ihres Viermasters meilenweit auszumachen. Weiter draußen durfte ihr Schiff jedoch auch nicht bleiben, denn sonst würde es zu unsicher sein, ob die Lichtsignale von der Insel auch wirklich gesehen werden konnten. Sie zu beantworten, schloß sich von selber aus, denn die Schiffslaterne, mit der sie von der Insel gegeben wurden, mußte an ihrer Rückseite sowieso geschwärzt sein, sollte sie nicht von vornherein zum Verräter werden. Denn daß auch die Piraten der Black Queen Wachen ausgestellt haben würden, war völlig klar.

      So verging der Nachmittag, und die Abenddämmerung fiel ein. Die Arbeiten waren abgeschlossen. Jedermann an Bord wartete nur noch voller Ungeduld darauf, daß Siri-Tong den Anker lichten und die Segel wieder setzen ließ.

      In den Männern, in den fünf Schlangenkriegerinnen, in Araua und auch in Siri-Tong brodelte der Zorn über diesen dreisten Überfall der Black Queen, der sich gegen Schiffbrüchige gerichtet hatte, die ohnehin nur knapp dem Tode entronnen waren. Die Rote Korsarin hatte sich geschworen, der Black Queen diese Gemeinheit heimzuzahlen, und zwar gründlich.

      Einmal hatte sie allerdings das Gefühl, daß die grünen Augen des Schlangengottes sie anstarrten. Das war, als sie sich für ein paar Stunden in ihre Kammer zurückgezogen hatte, um noch ein wenig zu ruhen, denn die Nacht würde ihr alle Kräfte abverlangen. Sie vernahm im Unterbewußtsein nochmal seine Warnung vor der Falle, die auf sie alle lauerte – aber dann versanken die warnenden Bilder wieder in der Tiefe ihres Schlafes.

      Beim Erwachen dachte Siri-Tong noch einmal an diese Warnung. Sie blieb auf dem Achterdeck stehen.

      „Wir werden vorsichtig sein, alles ist besprochen. Wir werden nicht blind in eine Falle tappen – es ist ja nicht das erstemal, daß ich gegen Gesindel wie diese Black Queen zu kämpfen habe. Sei also ohne Sorge, Schlangengott …“, murmelte sie.

      Der Wind stand günstig für den Viermaster. Am Firmament waren die Sterne erloschen, auch der Mond verbarg sich hinter dichten Wolken. Es regnete jedoch nicht.

      „Anker auf, setzt Segel!“ kommandierte die Rote Korsarin, und alle an Bord atmeten auf. Die Stunde der Entscheidung war angebrochen, dieses verfluchte Warten endlich vorüber.

      Der Viermaster verließ die Bucht. Der Wind füllte seine blutroten Segel, die aber in der Nacht nur wie riesige, dunkle Schwingen durch die Nacht glitten. Auch der mächtige Drache auf dem Großsegel schien noch faul zu schlafen. Nur einmal, als der Wind plötzlich schralte, bewegte er sich träge.

      Barba blieb an Deck stehen. Er starrte zu dem Drachen empor.

      „O Lord“, murmelte er. „Huan Chan ist übler Laune. Ein böses Omen


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