Seewölfe Paket 18. Roy Palmer

Seewölfe Paket 18 - Roy Palmer


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diesen Kurs steuern lassen.“

      „Nur mit dem Unterschied, daß er nicht besonders aufgepaßt hat“, sagte Duvalier grinsend. Er kniff die Augen zusammen und schien eine Weile intensiv nachzudenken.

      Carrillón runzelte die Stirn. Unbehagen stieg plötzlich in ihm auf. Da war etwas im Gesichtsausdruck des Franzosen, das er sich nicht erklären konnte.

      Carrillóns Unbehagen steigerte sich zur Angst. Das Gesicht des Piratenführers wurde für ihn zur Teufelsfratze.

      Er verstand nicht, was die jähe Kopfbewegung Duvaliers zu bedeuten hatte.

      Und ihm blieb keine Zeit mehr, es zu verstehen.

      Carrillón nahm noch die schnelle Bewegung hinter seinem Rücken wahr. Ein scharfer, zischender Laut folgte.

      Ein dumpfer, alles auslöschender Schlag schnitt sein Bewußtsein ab.

      Pedro Carrillón war bereits tot, als auch Béjar und Hurtado unter grausamen Säbelhieben starben.

       7.

      Duvalier wandte den Blick von den Leichen.

      „Schafft sie hinaus“, sagte er verächtlich.

      Die Wachtposten beeilten sich, den Befehl auszuführen. Duvalier folgte ihnen bis in die offene Tür und rief seine beiden Unterführer zu sich.

      In knappen Worten schilderte er, was er von den Gefangenen gehört hatte. Das Leuchten in den Augen der Männer zeigte ihm, daß sie haargenau so dachten wie er selbst. Dieser Fischzug versprach eine außergewöhnlich fette Beute.

      „Also gut“, sagte Duvalier mit einer endgültigen Handbewegung, „wir brechen sofort auf. Was einem so dicht vor der Haustür beschert wird, soll man sich nicht durch die Lappen gehen lassen.“

      Die Männer lachten heiser. In diesem Punkt hatte es zwischen Duvalier und ihnen noch nie Unstimmigkeiten gegeben. Sie waren Küstenhaie, und sie waren stolz auf sich selbst. Sie nahmen sich, was ihnen zwischen die Finger geriet.

      Bis zu ihrem Schlupfwinkel, der sich an einer geschützten Bucht befand, brauchten sie nur eine knappe halbe Stunde.

      Im Lager wurde Alarm geschlagen. Duvalier ließ alles wachtrommeln, was die Kojen abhorchte. Etliche der wüsten Gestalten standen nur schwankend auf ihren Beinen, als sie sich auf dem Sammelplatz an der Bucht zum großen Halbkreis formierten. Laternen wurden entfacht, und Duvalier stieg auf ein Podest aus leeren Fleischfässern, um sich einen besseren Überblick zu verschaffen.

      „Herhören!“ rief er mit metallisch klingender Stimme. „Unsere Erwartungen haben sich bestätigt. Daß der Sturm uns allerdings auf einen Schlag drei fette Brocken liefern würde, war nicht vorauszusehen. Wir wären verdammte Narren, wenn wir uns nicht holen würden, was wir kriegen können. Deshalb brauche ich jeden Mann, der noch bei Verstand ist.“ In kurzen Zügen schilderte er, was er von den gefangenen Spaniern erfahren hatte.

      Von den Unterführern ließ Duvalier anschließend die Alkoholseligen aussondern. Für den Einsatz konnte er keine Leute brauchen, die wirr im Kopf waren.

      Schließlich waren es insgesamt sechsundfünfzig Kerle, die sich für die nächtliche Aufgabe rüsteten und Waffen und Munition klarierten. Fünf einmastige Schaluppen und zwei ebenfalls einmastige Pinassen wurden mit jeweils acht Mann besetzt und gingen sofort ankerauf.

      Die See hatte sich beruhigt, der Sturm gehörte der Vergangenheit an. Duvalier kannte sich hervorragend aus, war über jede Untiefe im Bilde und hatte eine ziemlich genaue Vorstellung davon, welche Riffs vor den Chandeleur Islands in Frage kamen.

      Die Arwenacks begannen, an ihrem Verstand zu zweifeln.

      Holle und Teufel, war ihnen denn jemals in ihrem Seefahrerleben das Herz in die Hose gerutscht? Nein, verdammt noch mal. Das war ihnen kein einziges Mal passiert. Sie fürchteten keinen Sturm und kein Gefecht. Sie hatten die Hinterhältigkeiten der Spanier in der Ostsee überstanden, und sie hatten den Intriganten am englischen Königshof die Zähne gezeigt. Und was den alten O’Flynn betraf, hatten sie über seine Gruselgeschichten immer nur lachen können.

      Aber dies war anders, anders als alles, was sie bisher erlebt hatten.

      Dieser sonderbare Spektakel, der aus Nebel und Dunkelheit herüberdrang, jagte ihnen doch tatsächlich eine Gänsehaut nach der anderen über den Rücken.

      Warum, in aller Welt, brachen sie nicht in schallendes Gelächter aus und hatten ihren Spaß an der ganzen Geschichte?

      Aber sie standen nur stocksteif an Deck, starrten hinaus auf den finsteren See und wurden immer wütender auf sich selbst.

      Denn dieser elende Widerspruch ließ sie an ihrem Grips zweifeln. Entweder waren sie die hartgesottenen Arwenacks, die man auf allen Weltmeeren kannte, dann wurde es Zeit, daß sie sich überlegten, wie sie diesen lausigen Spuk auseinandernahmen. Oder sie waren alte Waschweiber, dann war es ratsam, daß sie sich in den entferntesten Winkel der „Isabella“ verkrochen.

      Aber zu nichts von beidem konnten sie sich aufraffen.

      Es zerrte höllisch an ihren Nerven, daß sie sich einfach selbst nicht mehr kannten.

      Vielleicht lag es daran, daß sich der Teufelsspuk immer mehr näherte.

      Die dumpfen Trommelwirbel drangen hohl aus dem Nebel und wurden von Sekunde zu Sekunde lauter. Das Klagen und Stöhnen steigerte sich zu einem Geheul, das ihnen durch Mark und Bein ging. Und der monotone Singsang, schrill und durchdringend, war nervenzerfetzender als alles andere.

      Die Lichtpunkte waren mittlerweile größer geworden. Die Richtung, in der sie sich bewegten, ließ zumindest eins klar werden: Die gesamte Erscheinung zog offenbar direkt an der Seeseite der Bucht vorüber, in der die „Isabella“ und die „San Donato“ ankerten.

      Wie es aussah, konnte der verdammte Zauber aber noch eine Ewigkeit andauern.

      Unvermittelt erreichte der erste Lichtpunkt eine nachtschwarze Lücke zwischen zwei Nebelbänken.

      Den Männern auf den beiden Galeonen stockte der Atem.

      Mit dem Licht glitten plötzlich Konturen aus der milchigen Suppe heraus. Die Konturen nahmen Formen an, wie ein langsam entstehendes Bild.

      Ein farbenprächtiges Haus war es, ganz aus Holz gebaut.

      Doch – Hölle und Verdammnis – es schwebte über dem Wasser!

      Ebenso schwebten auch die Lichter, die es umgaben.

      Die Männer standen wie erstarrt. Mit weit aufgerissenen Augen ließen sie das Schreckensbild vorüberziehen, ohne auch nur den kleinen Finger rühren zu können. Keiner konnte verheimlichen, daß es ihn grauste.

      Doch dann war es plötzlich Edwin Carberry, dessen Donnerstimme das Klagen, das Stöhnen, das Singen und das Trommeln übertönte.

      „Himmel, Arsch und Zwiebelfisch! Jetzt reicht es. Dieser Scheißspuk geht mir gegen den Strich, jawohl! Wollen wir uns das noch länger bieten lassen, was, wie?“

      Das dröhnende Organ des Profos war wie ein Auslöser.

      Im nächsten Moment begannen auch die anderen zu fluchen. Rufe wurden laut, der Erscheinung auf den Grund zu gehen oder ihr eine Drehbassenladung zu verpassen.

      Old Donegal Daniel O’Flynn hastete aufgeregt zur Querbalustrade des Achterdecks.

      „Ihr verdammten Narren!“ schrie er. „Der Fluch wird euch treffen! Seid still, um Himmels willen! Die Mächte der Finsternis lassen nicht mit sich spaßen! Wollt ihr uns denn alle ins Verderben …“

      Hasard war mit wenigen schnellen Schritten bei ihm und legte ihm die Hand auf die Schulter.

      „Jetzt reicht es, Donegal. Hör auf damit. Es ist nicht der richtige Augenblick.“

      Von der Kuhl tönte wütendes Protestgebrüll herauf, das dem alten O’Flynn galt. Was einige


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