Seewölfe Paket 18. Roy Palmer

Seewölfe Paket 18 - Roy Palmer


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schwierige Aufgaben dieser Art bewältigt. Doch das hatte sich meist zu Lande abgespielt. Als Seesoldat hatte sich Pedro Carrillón naturgemäß auf die navigatorischen Fähigkeiten der jeweiligen Schiffsführung verlassen.

      Was ihn irritierte, war vor allem der Nebel, der sich mehr und mehr verdichtete und entsprechend seltener einen Blick zum aufklarenden Nachthimmel erlaubte. Carrillón hatte den Eindruck, daß er die Sterne nach jeder Nebelbank aus einem völlig anderen Blickwinkel sah. Er begriff zwar, daß er einer Sinnestäuschung unterlag. Doch er vermochte nichts gegen das verwirrende Gefühl der Verlorenheit zu tun, das ihn immer dann befiel, wenn sie für scheinbare Ewigkeiten vom Nebel umgeben waren.

      Dennoch hielt er die Ruderpinne unbeirrbar, und er war auch überzeugt, daß er den Nordkurs im großen und ganzen einhielt. Wenn die Männer ein oder zwei Stunden länger pullen mußten, so war das eben Pech für sie. Aber er verhalf ihnen letzten Endes zur Freiheit. Das mußten sie mehr zu schätzen wissen als alles andere.

      Abermals traf es sie wie aus heiterem Himmel, als der Kiel der Jolle plötzlich auf Grund knirschte.

      Carrillón unterdrückte im letzten Moment einen Fluch. Er wußte genau, daß sie das Festland noch nicht erreicht haben konnten. Es konnte sich also nur um eine dieser verdammten Inseln handeln. Aber die anderen brauchten nicht zu wissen, daß er seiner Sache längst nicht mehr sicher war, was den Kurs betraf.

      Ohnehin hatten sie kein Verlangen danach, jetzt solche Einzelheiten zu ergründen, die für sie nebensächlich waren. Ermattet sanken sie auf den Duchten in sich zusammen.

      „Endlich“, sagte Béjar schnaufend, „lange hätte ich das auch nicht mehr durchgehalten.“

      „Schlafen, endlich schlafen.“ Hurtado war es, der es mit träger Stimme hinzufügte.

      „Spinnt ihr?“ schrie Carrillón aufgebracht. „Wir sind noch längst nicht am Ziel. Los, los, raus aus dem Kahn und an Land damit! Eine Pause können wir meinetwegen einlegen, aber mehr auch nicht.“

      „Heißt das, wir sind noch gar nicht an der Küste?“ rief Romero ärgerlich. „Ich denke …“

      „Das Denken sollst du mir überlassen“, unterbrach ihn der Sargento barsch, „bei dem verdammten Nebel findet sich selbst der beste Seefahrer nicht zurecht. Wir haben wieder eine von diesen Inseln erwischt. Bis zur Küste brauchen wir jetzt aber nur noch eine Stunde.“ Er behauptete es, obwohl er weder in dem einen noch in dem anderen Punkt wirklich sicher war.

      Widerstrebend verließen die Männer das Boot und zogen es durchs seichte Wasser hinauf an den Strand. Immerhin, so stellten sie fest, hatten sie es diesmal nicht mit einem unwirtlichen Felseneiland zu tun. Der Boden unter ihren Füßen war weicher Sand. Vielleicht gab es weiter landeinwärts Pflanzenwuchs und sogar Tiere. Dann bestand immerhin die Hoffnung, daß man endlich den knurrenden Magen besänftigen konnte.

      Keuchend ließen sie sich neben dem Boot in den Sand sinken. Jetzt, da sie zur Ruhe gelangten, spürten sie die Ermattung in allen Knochen. Innerhalb von Minuten waren sie im Begriff, in einen sanften Schlaf hinüberzudämmern. Auch Pedro Carrillón bildete keine Ausnahme.

      So begriffen sie nicht sofort, als plötzlich knirschende Schritte und rauhe Stimmen zu hören waren.

      Nur wie aus endloser Ferne nahmen sie es wahr. Ihr Bewußtsein, schon vom Schlaf umwölkt, signalisierte die Gefahr nicht.

      Erst als ihn ein heftiger Schmerz von der linken Körperseite her durchzuckte, fuhr Carrillón hoch. Er schrie auf, blinzelte und versuchte krampfhaft, die Augen aufzureißen.

      Da war das Licht einer Öllaterne, das ihn blendete. Bevor er weitere Einzelheiten erfaßte, traf ihn ein zweiter Fußtritt.

      Der Sargento krümmte sich und stöhnte vor Schmerz.

      „Hoch mit euch, ihr trüben Figuren!“ befahl eine schneidende Stimme auf französisch.

      Auch die anderen waren inzwischen auf ähnlich schmerzhafte Weise in die Wirklichkeit zurückgerissen worden. Mit schreckensweiten Augen sahen sie, daß sie von mehr als einem Dutzend schwerbewaffneter Kerle umringt waren. Drei oder vier Ölfunzeln erhellten die beklemmende Szenerie.

      Der, der dem Sargento die Fußtritte verpaßt hatte, war ein schlanker Mann mit schmalen, tückisch blickenden Augen. Er trug einen dunklen breitkrempigen Hut, darunter waren schulterlanges strähniges Haar und ein sichelförmig herabhängender Schnauzbart zu erkennen.

      Zitternd vor Kälte und vor Schreck gehorchten die fünf Seesoldaten und richteten sich an der Längsseite des Bootes auf.

      Der Schnauzbärtige hatte seinen Säbel gezogen und ließ die breite Klinge im Lampenlicht funkeln.

      „Mein Name ist Duvalier“, sagte er in seinem kehlig klingenden Französisch, „falls ihr noch nichts von mir gehört habt, werdet ihr um so mehr bedauern, mit mir Bekanntschaft schließen zu müssen.“

      Die anderen Kerle, samt und sonders verwegen aussehende Gestalten, stimmten ein rauhes Gelächter an. Duvalier brachte sie mit einer herrischen Handbewegung zum Schweigen.

      „Wer ist euer Anführer?“ schrie er die Spanier an.

      „Ich“, sagte Carrillón gepreßt, „Sargento Pedro Carrillón. Wir sind Seesoldaten im Dienst seiner Allerkatholischsten Majestät, König Philipp von …“

      Brüllendes Gelächter unterbrach ihn.

      „Spar dir deinen Quatsch, Spanier!“ rief der Anführer der Franzosen. „Euer allerkatholischster Philipp interessiert uns einen feuchten Dreck. Im übrigen“, er trat einen Schritt vor und hielt Carrillón die Spitze der Säbelklinge gegen die unbekleidete Brust, „seht ihr nicht aus wie Seesoldaten, die sich im Dienst befinden.“ Ein lauernder Ausdruck trat in Duvaliers Augen. „Könnte es sein, daß ihr euch ein bißchen verdrückt habt?“

      Carrillón verschluckte sich fast. Sein Gesicht wurde weiß, und das lag nicht nur an dem verdammten Säbel. Nein, es war die Gewißheit, daß dieser elende Schnapphahn ihn und die anderen bis auf die Knochen durchschaute.

      Dennoch brauchte Carrillón den Beleidigten nicht zu spielen. In der Tat fühlte er sich in seiner Ehre gekränkt. Welches Recht hatte dieser französische Galgenstrick, sich in seine persönlichen Belange einzumischen?

      „Wir sind Schiffbrüchige“, sagte Carrillón empört, „und ich verbitte mir auch im Namen meiner Männer diese Behandlung.“

      Duvalier grinste bis zu den Ohrläppchen. Er ließ den Säbel sinken.

      „Von einer Behandlung kann überhaupt noch keine Rede sein, Spanier. Falls wir euch in die Mangel nehmen müssen, wirst du noch genug Grund haben, dich zu beklagen.“

      Abermals brach die Meute in wieherndes Lachen aus.

      „Ich verlange eine Erklärung“, sagte Carrillón standhaft, „wir sind unbewaffnet und haben keine feindlichen Absichten. Ich verlange, daß wir als Schiffbrüchige respektiert werden.“

      „Das hast du fein gesagt“, erwiderte Duvalier mit anhaltendem Grinsen, „keine Sorge, mein Freund, wenn du weiterhin so redselig bist, werden wir keine Schwierigkeiten miteinander haben. Na gut, beenden wir das Palaver fürs erste. Für unsere weitere Unterhaltung suchen wir uns ein gemütlicheres Quartier.“

      Der Franzose wandte sich ab und schob den Säbel in die Scheide, ohne den Sargento und die vier anderen Spanier noch eines Blickes zu würdigen. Wortlos setzte sich Duvalier an die Spitze seiner Leute und bedeutete ihnen mit einem knappen Handzeichen, die angeblichen Schiffbrüchigen auf Trab zu bringen.

      Carrillón zweifelte keine Sekunde daran, daß sie Piraten in die Hände gefallen waren. Auf den Inseln vor der Mississippi-Mündung trieb sich Gesindel aller Art herum. Den spanischen Verbänden war es bislang nie recht gelungen, hier für Ordnung zu sorgen. Ein Jammer!

      Carrillón bedauerte in diesem Moment zutiefst, daß die in diesem Teil der Neuen Welt stationierten Einheiten Seiner Allerkatholischsten Majestät nicht häufiger zu Strafexpeditionen aufgebrochen waren. Daran, daß


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