Seewölfe Paket 6. Roy Palmer

Seewölfe Paket 6 - Roy Palmer


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die er den Spaniern entgegenbrüllte. Er sprang auf, sah die Crew in Schwaden von Pulverrauch ebenfalls wieder auf die Beine kommen und schrie: „Feuer!“

      „Feuer!“ tönte es auch von Bord des schwarzen Schiffes herüber.

      Thorfin Njal, der hünenhafte Wikinger, dirigierte den Einsatz der Männer auf der Kuhl. Es dröhnte, als hätten unsichtbare Riesen mit den Fäusten auf die Planken des Schiffes gehämmert. Der Rumpf erzitterte bis in die Verbände, Feuer und Rauch deckten die Backbordseite zu – die Fünfundzwanzigpfünder hatten gesprochen.

      Zur selben Zeit röhrten auch die restlichen vier Culverinen an Backbord der „Isabella“ auf. Al, Matt, Blacky, Gary, Sam und ein paar Helfer luden derweil in aller Eile die vier vorderen Geschütze nach. Der Kutscher schoß wie ein Derwisch hin und her. Er streute Sand aus, damit die Männer einen festen Stand auf den Planken hatten und Feuer rasch gelöscht werden konnte. Außerdem erneuerte er das Wasser in den Holzkübeln, die zum Befeuchten der Wischer bereitstanden.

      Hasard beobachtete vom Achterdeck aus. Die „Isabella“ hatte ein paar Einschläge im Schanzkleid zu verzeichnen, aber niemand war durch wirbelnde Trümmer oder Splitter ernsthaft verletzt worden.

      Ferris Tucker war in den Schiffsbauch hinuntergestiegen, um nach Lecks unter der Wasserlinie zu forschen.

      „Shane!“ rief Hasard dem graubärtigen Riesen zu. „Hinauf mit dir in den Großmars. Und sag auch Batuti Bescheid. Die Dons staffeln näher heran, um mehr Treffer landen zu können. Wir wollen ihnen einen gebührenden Empfang bereiten.“

      „Aye, Sir!“ rief Big Old Shane. Er turnte den Steuerbordniedergang hinunter, lief über die Kuhl und brüllte dem Gambia-Neger zu: „Batuti, heb deinen Hintern in die Wanten, wir wollen ein Zielschießen veranstalten!“

      Hasard trat selbst an die eine Drehbasse des Achterdecks und drehte sie so weit herum, daß er die Galeone vor der Mündung hatte. Hinter ihm stand Old O’Flynn an dem zweiten Hinterlader.

      „Donegal!“ rief Hasard ihm zu. „Schieß mich nicht über den Haufen! Warte gefälligst ab, ja?“

      „Darauf kannst du Gift nehmen“, knurrte der Alte. „Wer bin ich denn? Ein blutiger Anfänger etwa? Euch jungen Sprintern lauf ich doch noch mit meinem Holzbein davon.“

      Ferris kehrte von unten zurück und meldete: „Keine Lecks in den unteren Schiffsräumen. In der einen Achterdeckskammer haben wir ein Loch, aber da pfeift nur ein bißchen der Wind durch.“

      „Dann bete, daß es dabei bleibt“, sagte Hasard.

      „Feuer!“ schrie Carberry. Die vier achteren Culverinen wummerten los.

      Und dann schoß auch das schwarze Schiff wieder auf die Karavellen, die nach wie vor hinter der Galeone hersegelten. Kurz darauf feuerten die, Seewölfe mit den vorderen vier Siebzehnpfündern der Backbordseite – und Siri-Tong setzte zum ersten Mal einen der Brandsätze ein. Fauchend verließ das Geschoß die Luke im Vorkastell, stach durch die Nacht und raste in die Bordwand der letzten spanischen Karavelle.

      Hasard gab Shane und Batuti ein Zeichen, noch zu warten. Er wollte sehen, was die Spanier nun unternahmen.

      Er fühlte sich nicht von vornherein überlegen. Er unterschätzte niemals einen Gegner, denn das konnte ein Fehler mit verheerenden Folgen sein. Aber diesmal lag der Feind mit seiner Taktik deutlich daneben. Er hatte die kompletten Breitseiten leergeschossen und mußte erst wieder nachladen, um erneut einsatzbereit zu sein. So ging wertvolle Zeit verloren, zumal das Gefecht dadurch an Dynamik verlor, daß die Kontrahenten auf Parallelkurs segelten und platt vor dem Wind lagen.

      „Der Don luvt an“, sagte Hasard plötzlich. „Das habe ich mir gedacht.“

      „Er kommt mit dem Laden nicht nach“, erwiderte Ben Brighton. „Darum will er über Stag gehen und uns die Backbordbreitseite entbieten.“

      „Wahnsinn“, sagte Hasard.

      „Der Philipp hat nicht alle Tassen im Schapp!“ rief der alte O’Flynn.

      Hasard sagte gar nichts mehr. Er korrigierte die Zielrichtung der Drehbasse, stellte sie erneut in ihrer Gabellafette fest und schickte einen prüfenden Blick über den Lauf.

      Wenn die „Isabella“ eine Aufwärtsbewegung auf der Dünung vollführte, lag die feindliche Galeone genau in der Ziellinie. Hasard stieß die Lunte in das Kupferbecken mit der glühenden Holzkohle, zog sie wieder hoch und wartete ab. Als die „Isabella“ sich nach unten neigte, zündete er.

      In den Sekunden, die die Glut für ihren Weg durch den Zündkanal benötigte, hob sich das Schiff wieder. Als es zu verharren schien, hatte der Seewolf den Bug der spanischen Galeone genau im Visier – und die Drehbasse blaffte auf. Sie ruckte in der Lafette. Durch Feuer und Rauch glaubte Hasard die Kugel fliegen zu sehen, aber das war natürlich reine Einbildung.

      Aber dann sah er, wie es dem Spanier glatt den Bugspriet samt der Blinde weghieb – und das war keine optische Täuschung!

      Bugspriet und Blinde gingen in der See baden. Im Vorsteven der Galeone prangte ein häßliches Loch. Wieder wehte das empörte Gebrüll der Spanier zur „Isabella“ herüber. Sie konnten sich momentan nicht zur Wehr setzen, aber ihr Kapitän schwenkte weiter mit dem Schiff herum und wollte von seinem Plan nicht ablassen.

      Für eine Weile trat eine Gefechtspause ein.

      Auch auf dem schwarzen Schiff und den beiden Karavellen schwiegen jetzt die Geschütze. Die Karavellen folgten dem Beispiel der Führungsgaleone und luvten an. Ihre Kapitäne handelten getreu dem Grundsatz: Folge deinem Leithammel, und wenn er in den Bach springt, dann spring auch du!

      Carberrys heiserer Ruf zerriß die Stille. „Feuer!“

      Wieder stoben vier Culverinen-Schüsse auf die gegnerische Galeone zu.

      Das typische Knacken und Splittern berstenden Holzes verkündete, daß die Seewölfe eine Serie von Treffern gelandet hatten. Sie johlten und stießen sich mit den Ellbogen an. Gary Andrews warf sogar seine Mütze in die Luft.

      Er fing sie wieder auf und sagte: „Und das alles mit nur einer Breitseite. Die Steuerbordgeschütze haben wir noch gar nicht zum Einsatz gebracht.“

      „Gut so!“ brüllte Carberry. „Wir werden sie noch brauchen, wenn wir Sabreras aufgestöbert haben!“

      „Hey“, stieß Matt Davies aus. „Der Don muß verrückt sein. Er luvt weiter an und geht über Stag.“

      Die Distanz zwischen beiden Galeonen war erheblich geschrumpft. Hasard schätzte sie mit einem einzigen Blick ab, während er seine Drehbasse nachlud. Er preßte die Kugel mit einem Satz Kabelgarn fest, rammte das Bodenstück zu und drehte sich zum Häuptdeck um. Er hob den Kopf, stieß einen Pfiff aus und winkte Shane und Batuti zu.

      Big Old Shane grinste. Er bückte sich und hielt Dan, der mit ihm zusammen im Hauptmars hockte, die wergumwickelte Spitze eines Pfeiles hin.

      „So, nun zünd mal an“, sagte er.

      Dan schlug Feuerstahl und Pyrit gegeneinander. Ein kleiner Funkenregen ging auf das ölgetränkte Werg nieder und setzte es in Brand. Shane hob den Pfeil, legte ihn an den Bogenschaft und spannte die Sehne, daß es so aussah, als wolle er sie zerreißen.

      Er öffnete die Finger der rechten Hand, und der Pfeil huschte von der Sehne. Er strebte in zunächst aufsteigener Bahn durch die Nacht, dann krümmte sich sein Weg, und er senkte sich als zuckender Lichtfleck auf die spanische Galeone.

      Gleichzeitig sandte auch Batuti seinen ersten Brandpfeil los.

      Shane wartete nicht ab, bis sein Pfeil das Ziel erreicht hatte, er legte schon den nächsten an und schoß. Batuti verfuhr nach dem gleichen Prinzip, und so hagelte es jetzt Brandpfeile. Einige trafen das Rigg des Gegners, einige sein Oberdeck, und im Nu flackerten Brände auf.

      Siri-Tong setzte wieder Brandsätze ein. Sie hatten eine noch verheerendere Wirkung als die Pfeile von Shane und Batuti. Auch auf den Karavellen brach Feuer aus. Die Kampfmoral


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