Seewölfe Paket 11. Roy Palmer

Seewölfe Paket 11 - Roy Palmer


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      Inzwischen stand Hasard an der Stelling und sagte kühl: „Ich bin der Kapitän. Mein Name ist Killigrew. Was wünschen Sie, Kapitän de Jonge?“

      „Ich will Sie sprechen“, sagte de Jonge keuchend.

      „Bitte sehr – ich höre.“

      „Hier etwa?“

      „Wo sonst?“ fragte Hasard knapp.

      Das war natürlich ein Affront. Kapitäne unterhielten sich nicht im Beisein des Schiffsvolks, aber auf der „Isabella“ war das eben anders, denn die Seewölfe waren als Schiffsvolk zugleich auch Eigner der Galeone und hatten von daher durchaus das Recht, zuzuhören.

      Natürlich konnte de Jonge das nicht wissen, und es ging ihn auch gar nichts an, aber Hasard hatte keine Lust, darüber lange Erklärungen abzugeben, abgesehen davon, daß ihm dieser niederländische Kapitän in keiner Weise gefiel. Der Wortwechsel mit Matt sagte genug.

      „Was ich mit Ihnen zu besprechen habe, geht den Pöbel nichts an“, schnarrte de Jonge. „Führen Sie mich also in Ihre Kapitänskammer, Killigrew!“

      Hasard verschränkte die Arme vor der Brust und sagte sehr betont und sehr ruhig: „Ich denke nicht daran, de Jonge. Wer von den Männern dieses Schiffes als ‚Pöbel‘ spricht, muß es sich gefallen lassen, selbst als Pöbel behandelt zu werden. Mit Pöbel habe ich nichts zu besprechen, schon gar nicht in meiner Kammer.“

      „Das werden Sie noch bereuen!“ Der stiernackige Kapitän kochte vor Wut.

      „Wenn das eine Drohung sein sollte, dann warne ich Sie“, sagte Hasard immer noch beherrscht, aber in seinen eisblauen Augen lag ein Ausdruck, der den niederländischen Kapitän einen Schritt zurücktreten ließ.

      Sein Blick irrte von Hasard weg und glitt über die Männer, die stumm auf der Kuhl oder dem Achterdeck standen. Ja, sie standen einfach nur so da, etwas lässig, aber dennoch sprungbereit. Da waren Kerle dazwischen, die aussahen, als hätten sie mit des Teufels Großmutter bereits ein paar Tänzchen gehabt. Das waren keine Duckmäuser. Die drückten das Kreuz durch, und wenn ihnen jemand auf die Zehen trat, dann fakkelten sie nicht lange.

      So oder ähnlich verliefen die Gedanken des Kapitäns, das war seinem Gesicht deutlich anzusehen. Zuletzt war es sehr wachsam, wechselte dann aber jäh in ölige Freundlichkeit.

      „So war es doch nicht gemeint, mein lieber Kapitän Killigrew“, sagte er und zwang sich zu einem vertraulichen Grinsen. „Nehmen Sie es mir nicht übel, wenn ich ein bißchen auf den Busch geklopft habe, aber in diesem lausigen Hafen muß man sehr aufpassen, mit wem man an einer Pier zusammenliegt. Einem Posten von mir, der an der Stelling Wache ging, wurde nachts die Kehle durchgeschnitten – vermutlich von einem dieser dreckigen Portugiesen, die sich hier aufführen, als gehöre ihnen Java. Darum lasse ich auch meine vier anderen Schiffe draußen auf der Reede ankern.“ Er räusperte sich. „Sie sind Ire, Kapitän Killigrew?“

      Hasard nickte stumm.

      De Jonge zwinkerte ihm zu. „Ich hätte gewettet, daß Sie Engländer sind. Na?“ Er zwinkerte wieder. „Vielleicht sind Sie’s doch?“

      „Was veranlaßt Sie zu dieser Annahme?“

      Der Kapitän grinste dreckig. „Ganz einfach. Sie geben sich als Iren aus, um bei den Dons und Portugiesen nicht anzuecken, die sich in diesem Winkel der Erde – wie überall – ja aufspielen, als seien sie die Herren. Wird Zeit, daß diese Brüder mal zurechtgestutzt werden, und da sollten Niederländer und Engländer eigentlich zusammenhalten.“

      „Wir sind friedliche Handelsfahrer, Kapitän de Jonge“, sagte Hasard kühl.

      „Na, na!“ Der Kapitän lachte scheppernd und drohte mit dem Finger. „Ich glaube eher, daß Sie ein ganz Pfiffiger sind. Getarnt als Ire können Sie bei den verdammten Portugiesen Gewürze einkaufen, stimmt’s? Darum haben Sie Bantam angelaufen. Meine Hochachtung, Respekt, Respekt, mein lieber Kapitän Killigrew. Sie haben Schneid …“

      „Schneid nicht, aber Ruderbruch“, sagte Hasard lakonisch. „Darum sind wir hier.“

      „Na so was!“ Der Kapitän staunte. „Das ist mir gar nicht aufgefallen, als Sie hier so elegant in den Hafen segelten.“

      „Ich habe einen ausgezeichneten Rudergänger.“

      „Das wird es wohl sein.“ Der Kapitän betrachtete nachdenklich die „Isabella“. „Ein schönes Schiff“, sagte er. „Schätze, Sie sind sehr schnell, wie?“

      „Zum Ausreißen reicht’s immer“, sagte Hasard.

      Der Kapitän lachte wieder, dieses Mal dröhnend. „Ein köstlicher Witz! Sie sehen nicht so aus, als würden Sie vor etwas ausreißen, mein Lieber!“ Seine Augen verengten sich plötzlich. „Hören wir auf, Katze und Maus zu spielen …“

      „Sind Sie die Maus?“ unterbrach ihn Hasard.

      „Ich weiß nur, wer Sie sind, mein Freund“, erwiderte de Jonge ziemlich scharf, „und darum kann ich Sie zwingen, sich auf meine Seite zu stellen. Oder wäre es Ihnen lieber, wenn ich der portugiesischen Faktorei eine Nachricht zuspiele, daß soeben ein gewisser Sir Philip Hasard Killigrew, genannt der Seewolf, mit seiner berühmt-berüchtigten ‚Isabella‘ in den Hafen von Bantam eingelaufen sei?“

      Hasard lächelte. „Angenommen, ich sei jener Seewolf, von dem Sie sprechen. Weiter angenommen, Sie verraten das den Portugiesen. Was ist dann?“

      „Sie wandern hinter Gitter. Einen solchen Fang lassen sich die Portugiesen und die Dons nicht entgehen. Und dann sind Sie reif für den Galgen!“

      „Und was haben Sie davon, de Jonge?“

      „Ich reiß mir Ihr Schiff unter den Nagel – samt Mannschaft natürlich. Dann habe ich sechs Schiffe unter meinem Kommando und mit Ihrer ‚Isabella‘ ein verdammt gutes Schiff. Und dann jage ich die Portugiesen, die sich hier festgesetzt haben, zum Teufel, daß es nur so raucht – und Bantam wird niederländisch.“

      „Und Sie der Gouverneur, nicht wahr?“

      „Natürlich.“

      „Na, das ist aber fein“, meinte Hasard gelassen. „Nur taugt die ‚Isabella‘ zur Zeit nicht zum Kriegspielen – wegen des Ruderschadens. Sie muß aufgedockt werden, weil sie ein neues Ruder braucht. Für Gefechte ist sie mit dem Notruder ungeeignet, es sei denn, Sie haben die Absicht, dieses schöne Schiff – wie Sie vorhin selbst sagten – sinnlos zum Wrack werden zu lassen.“

      „Aber nicht doch, mein Lieber. Beheben Sie den Schaden, und dann schlagen wir gemeinsam gegen die Portugiesen los.“

      „Und was hab ich davon?“ fragte Hasard freundlich.

      Brutal sagte de Jonge: „Ich bewahre Sie vorm Galgen.“

      Hasard verbeugte sich leicht. „Zu gütig. Ich werde Ihnen ewig zu Dank verpflichtet sein, Kapitän de Jonge.“ Die Ironie in Hasards Stimme war kaum bemerkbar.

      Aber de Jonge hatte sie wohl doch herausgehört. Mit der Arroganz, die er bereits Matt Davies gegenüber gezeigt hatte, sagte er: „Ich warne Sie, Killigrew! Wenn Sie Zicken versuchen, erfährt der Portugiese in der nächsten Stunde, wer Sie sind. Glauben Sie ja nicht, Ihr Schiff bliebe unbeobachtet. Jeder Ihrer Schritte wird überwacht. Meine Spitzel – auch unter diesen Inselkanaken – sind überall.“

      „Gut, daß ich das weiß“, sagte Hasard ungerührt. „Im übrigen müssen Sie erst mal beweisen, daß ich kein Ire bin. Wie wär’s denn, wenn ich den Spieß umdrehe? Ich brauche nur zur portugiesischen Faktorei zu gehen und den lieben Leuten dort zu erzählen, daß Sie die Absicht haben, Bantam für sich zu vereinnahmen. Wird mir dann der Ire geglaubt oder nicht?“

      „Das werden Sie nicht tun!“ fauchte der Kapitän.

      „Und warum nicht?“

      „Weil ich es verhindern werde.“

      Hasard lachte. „Sie sind ein


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