Seewölfe Paket 11. Roy Palmer

Seewölfe Paket 11 - Roy Palmer


Скачать книгу
auf der Pier, daß sich die Portugiesen die Hände reiben werden. Weder ich noch die Männer dieses Schiffes sind erpreßbar. Merken Sie sich das! Und jetzt hauen Sie ab, Sie Gouverneur, oder ich lasse Sie als gemeingefährlichen Verrückten hier an Ort und Stelle in Ketten legen!“

      Der niederländische Kapitän duckte sich, als habe er die Absicht, Hasard anzuspringen. Nur war da Matt Davies, der immer noch vor ihm stand und die Stelling versperrte. Und Matt Davies begann, liebevoll seinen Prothesenhaken zu streicheln. Ganz sachte fuhr seine linke Hand über den Haken hin und her.

      Und er sagte: „Verschwinde, du Käsefurz, oder ich raspele mir von dir ein paar Scheiben ab. Bestell das auch deiner Käse-Crew. Uns Iren droht man nicht. Wer es dennoch tut, muß lebensmüde sein.“

      Der Kapitän Pieter de Jonge marschierte ab – wutschnaubend, explosiv geladen. Niemand konnte es verhindern, daß er stolperte. Das war Arwenacks Werk.

      Der war nämlich über die Achterleinen aufs Achterdeck geturnt, hatte irgendwo seine geklauten Kokosnüsse deponiert, eine aber behalten. Hinter der Steuerbordgalerie hatte er sich hingehockt und dem Wortwechsel gelauscht. Zwischendurch hatte er mit einem Nagel zwei Augen oben in der Nuß ausgestochen und die Milch getrunken.

      Vielleicht paßte ihm die Stimme des niederländischen Kapitäns nicht, vielleicht auch spürte er, daß von diesem Mann etwas Bedrohliches ausging.

      Jedenfalls verzichtete er auf das Fleisch der Kokosnuß und warf sie dem Kapitän geschickt zwischen die Füße, als der achtern vorbeimarschierte.

      Pieter de Jonge stolperte und schlug der Länge nach hin. Die Kokosnuß rollte über die Pier und klatschte zwischen Kai und Schiff ins Wasser.

      Und Arwenack hüpfte keckernd auf der Galerie auf und ab und betrommelte seinen Bauch. Sir John fehlte auch nicht. Der turnte auf der Achterleine herum und verriet, daß er die englischen Kraftausdrücke bestens beherrschte – von der irischen Sprache hatte er noch nichts mitgekriegt. Von wem auch!

      Dem Kapitän de Jonge wurde von Sir John mitgeteilt, daß er eine algerische Wanderhure sei.

      Zu diesem Zeitpunkt mußte der niederländische Kapitän gedacht haben, daß diese „Isabella“ Verrückte beherbergte. Als er sich wieder aufgerappelt hatte und zu seinem Schiff eilte, sah es wie eine Flucht aus.

      3.

      Als das Grinsen an Bord der „Isabella“ vorbei war, fragte Ed Carberry: „Trotzdem – Landgang, Sir?“

      „In Ordnung, Ed. Und wenn ihr den Niederländern begegnet, vergeßt nicht, daß ihr echte Iren seid.“

      Ed Carberry strich sich über das Rammkinn. „In dem Fall brauchen wir nicht den frommen Pilger zu mimen?“

      „Nein, braucht ihr nicht. Aber ich möchte darum bitten, die Niederländer nicht zu provozieren. Verhaltet euch friedlich. Wenn sie euch allerdings reizen, dann habt ihr keinen Grund, euch in aller Demut zu beugen. Und kämpft sauber. Die Kerle sollen merken, daß ihr scharfe Äxte seid, denen man besser aus dem Weg geht. Wenn ihr mit ihnen spielt, reicht das vollauf. Wir sind keine Totschläger, verstanden?“

      „Aye, aye, Sir“, erwiderte Carberry strahlend, und wenn dieser Kerl mit seinem zernarbten Gesicht strahlte, dann sah es aus, als fletsche ein Wolf die Zähne. „Wie viele von diesen frommen Pilgern dürfen an Land, Sir?“

      „Hm.“ Hasard überlegte. „Wenn ihr zu sechst seid, sollte das reichen, denn wir müssen auch damit rechnen, daß dieser de Jonge versucht, etwas gegen die ‚Isabella‘ zu unternehmen. Sollte das der Fall sein, lasse ich drei Böller mit den Drehbassen abfeuern. Dann ist für die ‚Isabella‘ Gefahr im Verzug, und ihr brecht sofort euren Landgang ab.“

      „In Ordnung, Sir. Du gehst nicht mit?“

      „Ben wollte auch mal an Land“, erwiderte Hasard und drehte sich zu Ben Brighton um. „Oder?“

      „Genau.“ Der ruhige, breitschultrige Mann lächelte. „Ich muß mir mal die Füße vertreten. Außerdem muß einer aufpassen, daß unser Ed es nicht zu wild treibt.“

      „Mister Brighton“, sagte der Profos mit gesalbter Stimme, „ich bin ein durch und durch friedlicher Mensch, wie jeder hier an Bord weiß. Und noch nie habe ich es wild getrieben, das liegt mir nicht …“

      Schallendes Gelächter dröhnte über das Mitteldeck.

      Als es verebbte, schüttelte Carberry den Kopf. „Ich weiß gar nicht, was es da zu lachen gibt, was, wie? Euch juckt wohl das Fell, ihr verlausten, irischen Plattfüße?“ Er stach den Zeigefinger vor, der den Umfang eines Belegnagels hatte. „Mister Ballie, du gehst mit.“ Der Belegnagel richtete sich auf den schwarzen Mann aus Gambia. „Du, Mister Batuti, du, Mister Stenmark, und du, Mister Roskill. Oder möchte einer der vier Gentlemen an Bord bleiben?“

      „Nein!“ donnerten die vier Männer.

      „Dann zieht saubere Klamotten an, ihr Fürsten der Hölle, wascht euch den Hals und die Pfoten, wie es sich geziemt, wenn man an Land geht. Mister Roskill, du brauchst gar nicht so dämlich zu grinsen, deine schwarze Mähne solltest du mit einer Wurzelbürste entstauben, außerdem wachsen dir Haare aus der Nase, lang genug, um dreikardeelige Zöpfe daraus zu spleißen!“ Und dann donnerte der Profos: „Wird überhaupt mal Zeit, euch daran zu erinnern, daß der Kapitän im Himmel das Wasser erfunden hat, damit solche Kanalratten wie ihr nicht verstauben. Wer sich ab heute nicht jeden Morgen eine Pütz Seewasser über den Schädel gießt, wird von mir persönlich gereinigt. Und anschließend wringe ich einen solchen Kerl aus, daß er meint, von zehn Waschweibern gemangelt zu werden, jawohl! Mister Ballie, Mister Batuti, Mister Stenmark, Mister Roskill – in fünf Minuten ist Abmarsch!“

      Sie brauchten weniger als fünf Minuten, und Sam Roskill hatte sogar seine Nasenhaare gestutzt, was den Profos zu einem zufriedenen Grunzen veranlaßte.

      Manierlich meldete Carberry sechs Männer von Bord, und dann zogen sie los, in einer Reihe nebeneinander, Ben Brighton und der Profos am rechten Flügel. In dieser Phalanx marschierten sie im Gleichschritt an der „Zwarte Leeuw“ vorbei, von der sich etwa zehn Minuten später eine Gruppe von Männern löste und die Richtung der sechs Seewölfe einschlug.

      Es dunkelte bereits, aber Dan O’Flynns scharfe Augen zählten fünfzehn Kerle, was Hasard den Kopf wiegen ließ.

      „Fünfzehn gegen sechs“, sagte er mit leichter Besorgnis in der Stimme.

      „Unsere zählen doppelt“, sagte Dan O’Flynn.

      „Bleiben immer noch drei“, meinte Hasard.

      „Die nimmt Ed zur Brust“, erwiderte Dan unbekümmert. „Wenn sie die Kampfesweise der Mönche von Formosa anwenden, hat’s bei den de Jonges sowieso gerappelt.“

      „Dan“, sagte Hasard mahnend, „tu mir einen Gefallen und sei nicht so großkotzig. Wer seinen Gegner unterschätzt, kann eine böse Überraschung erleben. Draußen auf der Reede liegen noch vier Niederländer, mit der ‚Zwarte Leeuw‘ sind es fünf und alle beachtlich gut bestückt. Wenn Ferris unserer Tante ein neues Ruderblatt verpaßt hat, werden wir darüber nachdenken müssen, wie wir ungerupft verschwinden können. Ich habe keine Lust, mich mit den Niederländern herumzuprügeln, nur weil dieser de Jonge scharf auf unser Schiff ist.“

      „Weiß ich“, sagte Dan ungerührt und grinste. „Wir können uns zur Abwechslung ja mal auf die Seite der Portugiesen schlagen. Laut de Jonge scheinen sie mit denen bereits Stunk zu haben. Aus gebotener Klugheit sollte man es mit denen halten, die hier über die älteren Rechte verfügen. Und das sind nun mal die Portugiesen. Die haben mit den Sultanaten hier Verträge geschlossen, genießen also zumindest deren Wohlwollen, daher wäre es von uns unklug, die Portugiesen zu verärgern, ganz abgesehen davon, daß wir ihr Dock brauchen.“

      „Alles richtig. Und wenn die Portugiesen auch noch was gegen uns haben, sitzen wir zwischen zwei Stühlen – von Land her Zunder und von der See her Zunder, denn die Niederländer können diese Bucht abriegeln.“ Hasard


Скачать книгу