Seewölfe Paket 11. Roy Palmer

Seewölfe Paket 11 - Roy Palmer


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– der geht über Leichen, um seine Ziele zu erreichen. Wo er hintrampelt, läßt er Zerstörung zurück, ein niederländischer Konquistador. Er ist um nichts besser als die Dons, die in die Neue Welt eingebrochen sind.“

      „Wahrscheinlich hast du recht.“ Dan O’Flynn nickte. „Meinst du, daß er dich an die Portugiesen verrät?“

      „Er will mich und uns auf seiner Seite haben. Wenn er endgültig weiß, daß wir nicht mitspielen, wird er nicht zögern und den Portugiesen sagen, wer wir sind. So lange wird eine Art Burgfrieden herrschen.“

      „Schonzeit“, murmelte Dan O’Flynn, „wie das Wild, das ein guter Jäger nicht jagt, wenn es dabei ist, seinen Nachwuchs zu kriegen.“

      Hasard lächelte. „Unser Nachwuchs ist das Ruderblatt. Morgen früh werde ich der portugiesischen Faktorei einen Besuch abstatten und um die Erlaubnis bitten, das Dock benutzen zu dürfen. Wer löst dich ab, Dan?“

      „Gary“, erwiderte Dan O’Flynn. „Smoky hat die Wachen bereits eingeteilt.“

      „In Ordnung. Paßt vor allem auf die ‚Zwarte Leeuw‘ auf. Auch unsere Seeseite muß unter Kontrolle bleiben.“ Hasard wandte sich zu Al Conroy um, dem Stückmeister der „Isabella“. „Sind die Drehbassen klar, Al?“

      „Aye, aye, Sir, alles klar.“

      „Danke, Al.“ Hasard blickte sich um. „Wo stecken denn meine beiden Bürschchen?“

      Aus dem Großmars ertönte eine helle Stimme – Hasard junior:

      „Hier oben, Sir!“

      Und Philip junior meldete: „Mister Smoky hat uns als Ausguck Großmars eingeteilt, Sir.“

      „Mit Spektiv“, erklärte Hasard junior. „Der dicke Kapitän, der vorhin das Maul so weit aufgerissen hat, sitzt in einer Achterdeckskammer seines Potts und würfelt mit drei anderen Kerlen. Ich kann genau in die Kammer sehen, Sir. Und sie saufen aus großen Humpen.“

      Hasard lächelte verstohlen.

      „Im Auge behalten“, befahl er.

      „Aye, aye, Sir!“ riefen die beiden Bürschchen im Duett.

      Noch hausten die Fremden in den ihnen zugewiesenen Quartieren an den westlichen Stadtmauern. Dort standen die Hütten der Chinesen oder die festen Häuser der Orang blanda. Da waren Pfahlbauten an den zahlreichen Nebenarmen des Tji Serang, der die Stadt mit drei breiten Armen durchfloß, und da waren Gebäude aus Stein oder Lehm. Das alles wucherte westwärts und ins Hinterland – Hölle und Paradies zugleich. Hölle durch den stinkenden Morast, durch den Modder verstopfter Nebenarme, die im Laufe der Zeiten zu Kloaken geworden waren. Paradies durch das kräftige Grün der Waringin- und Datibäume, das brennende Rot der Hibiskusblüten, die anmutigen Kokospalmen, das Zirpen der Zikaden, das Gurren von Tauben.

      Schwankende Stege führten über die Arme und Rinnsale des Serang.

      Carberry lehnte es ab, sie zu betreten. Mit sicherem Instinkt blieb er mehr am Ufer der Bantambai, wo die See weite Tangstreifen abgelagert hatte.

      Dann steuerte er ein ziemliches Stück hinter der Faktorei einen Steinbau an, dessen Eingang Lampions verzierten. Aber nicht das Licht war es, das ihn anzog, sondern der Krach, der aus dem Bau drang.

      Unverkennbar waren in diesem Krach helle Stimmen, girrende, kieksende Stimmen.

      „Oho, oho“, sagte der Profos und hielt die Mannen zurück, „lauschet, ihr irischen Pilger, die ihr gelobt habt, der Sünde zu entsagen. Was höret ihr dort so lockend?“

      Sam Roskill sagte: „Liebliche Stimmen weiblichen Geschlechts.“

      „Packen wir’s an, Mister Brighton?“ fragte Carberry grinsend.

      „Mir nach“, erwiderte Ben Brighton entschlossen.

      Auf diese Weise gelangten die sechs Seewölfe an einen Ort, der zwar portugiesisch geführt wurde, aber eindeutig europäischen Zuschnitt hatte.

      Dort zechten die Seefahrer spanischer, portugiesischer, französischer, dänischer und niederländischer Schiffe, die Bantam angelaufen hatten.

      Sie zechten nicht nur.

      Sogar ein paar weiße Ladys hatten sich nach Bantam verirrt. Sie wirkten merkwürdig fremd zwischen den zierlichen Chinesinnen, den anmutigen Grazien der Insel und den Sirenen des Orients. Und da lachte sogar ein bildhübsches Wesen aus Batutis Heimat.

      Ja, lustig waren sie alle – lustig, sorglos, angeheitert.

      Wie in europäischen Hafenkneipen gab es massive Tische, Bänke, Stühle und Hocker. Ein breiter Tresen, aus Stein gemauert, zog sich rechts des Raumes entlang. Öllampen und Kerzen brannten überall. Hinter dem Tresen hantierte ein dicker, schwitzender und kahlköpfiger Mann mit Bechern, Flaschen und Humpen. Ein schwarzes Bärtchen zierte seine Oberlippe, eine Narbe seine linke Wange, eine wüste Narbe, wie sie ein Säbelhieb hinterließ.

      Am Ende des Tresens führte eine Holztreppe zu den oberen Gemächern, wie Sam Roskill mit sicherem Blick feststellte und den Profos darauf hinwies.

      „Das hat Zeit“, brummte der Profos, „erst wird die Lage gepeilt.“

      Das Peilen der „Lage“ ergab, daß ein Tisch an Backbord der Schenke, in der Ecke, unbesetzt war.

      „Kurs hart Backbord“, bestimmte der Profos, während Ben Brighton den Tresen ansteuerte und auf spanisch einen Korb verlangte.

      In diesen Korb, so verhandelte der Bootsmann und Erste Offizier der „Isabella“, versenkte der portugiesische Wirt sechs Flaschen, von denen zwei roten, zwei gelblichen und zwei nahezu weißen Inhalts waren. Dazu gehörten sechs Becher. Ben bezahlte großzügig mit einem Silberbarren, den der Glatzkopf verzückt unter dem Tresen verschwinden ließ.

      „Auch Täubchen?“ fragte er Ben und küßte die Fingerspitzen seiner linken Hand, was andeuten sollte, daß diese Täubchen sehr lecker seien.

      „Später“, sagte Ben Brighton etwas irritiert. Ihm ging das hier reichlich schnell, aber so war er nun einmal. Er brauchte immer erst einen Anlauf, um voll einsteigen zu können. Und seit er mit Philip Hasard Killigrew fuhr, hatte er stets die Führung des Schiffes übernommen, wenn der Seewolf „an Land schoß“.

      Ben war bescheiden, zurückhaltend und ein Kaltblüter.

      „Orientalisch?“ fragte der schnurrbärtige Glatzkopf. „Suleika ist ein Stern unter dem Baldachin des Bettes, den selbst Sultan Maulana Muhamad, auch Seda ning Rana genannt, als erlesenst bezeichnet hat.“ Und wieder küßte der Glatzkopf seine Fingerspitzen.

      „Wer ist das denn?“ fragte Ben. „Ich meine, dieser Sultan.“

      „Der Herrscher des Banten-Reiches“, sagte der Portugiese. Und hinter der vorgehaltenen Hand flüsterte er: „Sein Thron wackelt ein bißchen, Señor, aber was bedeutet das! Heute ist heute, nicht wahr?“

      „Stimmt“, sagte Ben. „Und wer ist Suleika?“

      Der Glatzkopf deutete mit der rechten Hand. Suleika saß auf dem Schoß eines dürren Menschen, der schwitzte, schielte und offenbar zuviel getrunken hatte. Er streichelte ständig die Tischkante, die er wohl für den Popo von Suleika hielt. Suleika selbst hatte nichts dagegen, daß ihr Popo verwechselt wurde. Sie warf Ben glutäugige Blicke zu.

      „Hm“, meinte Ben, „mal sehen.“

      Mit dem Korb marschierte er zu den fünf Männern der „Isabella“, die bereits Blickgefechte geführt hatten und erklärten, durstige Kehlen zu haben.

      Sie köpften eine Flasche des weißen Inhalts, Ben schenkte ein, Carberry probierte und erklärte, in diesem Stoff seien mächtig gute Geister verborgen. Sie tranken mehrere Geister, und es war die Lady aus dem schwarzen Kontinent, die sich zu Batuti setzte und die Männerrunde sprengte.

      Batuti war total weg.

      Eine Chinesin eroberte im Sturm den blonden Stenmark.

      Und


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